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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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kam langsam auf mich zu. Unwillkürlich zog ich die Beine an den Körper, bereit zuzutreten, doch er hatte ein gutes Augenmaß und ging genau dort in die Hocke, wo ich ihn verfehlen würde.
    „Meine Geduld geht zur Neige“, sagte er freundlich. Er öffnete die rechte Hand und zeigte mir, was sich darin verbarg: Wie ich vermutet hatte, war es etwas Spitzes. Kein Dorn allerdings, sondern eine Nadel. Sie war an einem kaum sichtbaren Ring aus hautfarbenem Stoff befestigt. Mein Unterarm pochte immer noch an der Stelle, wo sie mich getroffen hatte.
    „Diese Nadel ist in eine Substanz getaucht, die in einer Wunde nur brennt“, erklärte der Schurke. „Aber ich habe auch das Gift bei mir. Eine Nacht Schmerzen, Übelkeit und Fieber, dann stirbst du.“
    Das beantwortete mir zumindest eine meiner Fragen: Ein Vampir hatte es ganz sicher nicht nötig, mit Gift zu töten. Tramner lag also richtig mit seiner Vermutung. Das Fleisch der Schafe war vergiftet gewesen. Und die Menschen, die zuletzt gestorben waren, hatte dieser falsche Priester besucht, bevor sie krank wurden. Ob er ihnen das Gift in den Trunk gemischt hatte, während er mit ihnen am Tisch saß und scheinheilig ihren Berichten über die Geschehnisse im Dorf lauschte?
    „Wäre es glaubhaft, dass ich als Vampir so sterbe wie meine angeblichen Opfer, die du vergiftet hast?“, schnappte ich. „Ich weiß nicht, wo das Türkengold ist! Und wenn Jovan es dir nicht gesagt hat, bevor du ihn vom Pferd gezerrt und umgebracht hast, wirst du es wohl kaum erfahren.“
    „Nun, ich hätte gerne mit ihm geplaudert und er hätte es mir sicher verraten, aber so weit kamen wir leider nicht“, erwiderte der Mann lauernd. „Jovan war schon immer ein Feigling. Ich habe ihn nicht angerührt, sein Pferd scheute und er fiel von selbst aus dem Sattel. Wahrscheinlich hat sogar die Angst ihn umgebracht, bevor er überhaupt den Boden berührte. Jammerschade, dass er mir nicht eine einzige Frage beantworten konnte.“
    Auf der Stelle vergaß ich meine Fesseln. Es gab nur eines, wovor Jovan sich gefürchtet hätte.
    „Du bist der Türke!“, flüsterte ich. „Du bist hier, um Rache zu nehmen! Aber das ... ist unmöglich!“
    Der Dunkle zog anerkennend die Brauen hoch. „So, du weißt also doch etwas über die Familie Vuković! Und wahrscheinlich sogar mehr, als du mir verraten willst.“ Er grinste und die Zähne schimmerten in seinem Bart.
    „Und du befiehlst einem Wolf“, fuhr ich fort. „Wer ist der Wolf?“ Ich holte Luft. „Er heißt Akay, nicht wahr? Diesen Namen habe ich dich sagen hören, als du mit ihm am Fluss warst.“
    Jetzt war der Mann wirklich überrascht. „Und was ist mit Saniye?“, fragte ich weiter. „Du wusstest von Anfang an, wo das Grab war, oder? Danilo denkt, seine Mutter sei verbrannt.“
    Zum ersten Mal blitzte echtes Interesse in seinen Augen auf. Und das Schlimmste war, dass ich immer noch Güte darin erkennen konnte.
    „Hat Simeon bei seiner Totenklage etwa doch etwas vom verlorenen Sohn erzählt?“, fragte er.
    „Er ... hat nur erzählt, dass ein Mord geschah“, sagte ich vorsichtig. Sohn , schoss es mir durch den Kopf. Jovans Sohn? Nein, dazu war dieser Mann zu alt. Er war sicher zehn Jahre älter als Jovan. Wie ein ...
    „Du bist Jovans älterer Bruder? Du bist mit ihm ins Türkenland gegangen?“
    „Lange vor ihm“, erwiderte der Mann. Der Spott war aus seiner Stimme gewichen. „Sehr lange vor ihm. Vierzehn war ich, als ich davonlief.“
    „Ins Türkenland? Warum?“
    Jovans Bruder musterte mich lange. Dann schien er eine Entscheidung zu treffen. Ich fröstelte, als ich in seiner Miene las: Ich war ohnehin todgeweiht, doch er hatte Zeit. Und wie alle Rächer genoss er es, seine Opfer nicht ohne das Wissen über seine Taten und Gedanken in den Tod zu schicken.
    „Weil ich etwas anderes wollte, als mich mit meinen Brüdern um die verfluchten Türme zu streiten, für die sich schon mein Vater und meine Onkel die Schädel eingeschlagen hatten“, erklärte er. „Ich schloss mich einem türkischen Händler an. Ich hatte Glück, der Kaufmann schätzte mich, er sah meine Talente und nahm mich erst als Reisebegleiter mit, später wurde ich wie ein Sohn für ihn. Er handelte mit Schmuck, mit Gold und Silber, Edelsteinen. Hier im Dorf hätte ich mein ganzes Leben lang Schafe über die Weiden getrieben. In Istanbul und Edirne aber war alles möglich! Alles! Ich nahm den anderen Glauben an und bekam meinen Namen: Yasar.“
    Obwohl er mir zuwider

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