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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Gürtelband aus Wolle, sondern hatte sich nur einen groben Strick umgebunden.
    „So früh unterwegs?“, fragte er und spuckte zur Seite aus. Es war keine Geste der Verachtung, ich vermutete eher, er hatte noch Erde oder Blut im Mund.
    „So früh am Morgen prügelst du dich schon?“, gab ich kühl zurück.
    „Und wenn schon!“, erwiderte er unwillig. Er sprach leise, aber seine Stimme trug dennoch weit. Vielleicht war er ein guter Sänger.
    „Was sitzt du unter dem Galgenbaum herum?“, sagte ich im Gehen. „Hier lauern die bösen Geister. Kreuzwege bringen Unglück.“
    Der Fremde schnaubte. „Mir nicht“, knurrte er schlecht gelaunt. „Ich bin ein Subotan , ein Samstagskind, und somit ein Kämpfer wider die Vampire. Solche Untoten muss man übers Ohr hauen, und ich bin der Mann dafür. Ich finde sie für die Leute aus den Dörfern, wenn sie Unheil anrichten. Ich locke sie mit Tamburinschlägen an.“
    „Wie du meinst“, entgegnete ich ebenso unfreundlich. Ich bekreuzigte mich und setzte meinen Weg fort. Solche Kerle kannte ich aus dem Taldorf zur Genüge. Sie waren Angeber, aber nicht besonders mutig.
    „He, du!“, rief er mir hinterher. Ich seufzte. Natürlich! Ich hätte mir denken können, dass er mich nun um Branntwein oder Kuchen anbetteln wollte. Unwillkürlich wurde ich schneller. Ich hörte, wie er hinter mir aufstand und sich den Staub von den Hosen klopfte. „Du kommst doch von den Türmen, was?“, rief er. „Die gekaufte Braut?“
    Als ich empört herumfuhr, lächelte der Kerl breit und diebisch. Er hatte noch alle Zähne, und ich wünschte mir in diesem Augenblick, sein Widersacher hätte fester zugeschlagen.
    „Ich bin die Hausherrin bei den Vukovićs, wenn du das meinst“, antwortete ich barsch.
    „Na klar“, feixte er. „Du bist eine Herrin. Und ich ein Mönch.“
    „Leck deine Wunden und lass mich in Ruhe, Großmaul!“, fuhr ich ihn an.
    „Geh mir doch nicht gleich an die Kehle, Ljubica !“, antwortete er lachend und hob in einer ironischen Geste die Arme wie jemand, der sich ergibt. Seine Hände waren feingliedrig, aber kräftig, mit langen Fingern. „Nichts für ungut. Komm, ich begleite dich zum Dorf !“
    „Versuch’s nur!“
    „Du wirst dir noch Gesellschaft wünschen! Die im Dorf mögen keine Zugereisten.“
    „Aber Leute wie dich, ja?“
    Er hörte auf zu lachen und blieb stehen. Ein Sonnenstrahl ließ eine weniger schmutzige Haarsträhne aufleuchten und ich sah, dass sie die Farbe von reifem Korn hatte.
    „Leute wie uns “, sagte er mit Nachdruck. „Denk nicht, du seist etwas Besseres.“
    Ich wandte mich brüsk ab und ging mit großen Schritten weiter. Eine Weile dachte ich, ich wäre ihn los, aber dann hörte ich Hufschlag und das Rumpeln von Wagenrädern. Er folgte mir! Und nicht nur das. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen, als ich ihn singen hörte. Es war eindeutig ein Liebeslied, aber er sang es ein wenig übertrieben, mit zu viel Gefühl, als wäre es eher ein Spottlied:
     
    „Oh du Maid, bei deines Auges Feuer,
    Würfst du einen Blick auf mich, den Armen,
    Sonnenfeuer würde mich durchglühen.“
     
    Ich hatte mit meiner Vermutung Recht gehabt: Er war tatsächlich ein guter Sänger, aber auch das besänftigte meinen Ärger nicht. Im Gehen beugte ich mich hinunter und hob einen Stein auf. Dann drehte ich mich um, zielte schnell und warf mit aller Kraft. Das Pferd scheute zur Seite, als es den Stein heranpfeifen sah. Der Wagen rumpelte und verkeilte sich mit dem Rad an einer Hohlwurzel. Der Mann konnte gerade noch den Arm hochreißen und sich zur Seite beugen. Trotzdem streifte der Stein ihn an der Schulter.
    Ich grinste. Das Singen war diesem Burschen gründlich vergangen!
    „Hinterhältiges Teufelsweib!“, fluchte er. „Den Hals umdrehen sollte ich dir!“
    „Dir sollte man den Hals umdrehen!“, schoss ich zurück. „Hast du denn nichts Besseres zu tun, als dich am Sonntag zu schlagen und Frauen auf dem Weg zur Kirche zu belästigen?“
    Sein Fluchen verklang erst, als ich mit schnellen Schritten die Wegbiegung hinter mir gelassen hatte.
     

     
    Das Dorf war groß – viel größer als unser Taldorf. Auf Anhieb erkannte ich etwa zwei Dutzend Häuser, aber über die sanften Hügel verteilten sich noch weitaus mehr. Ich wunderte mich darüber, wie unterschiedlich die Behausungen waren. Viele von ihnen waren ärmlich und wirkten, als würden sie sich unter dem Himmel ängstlich ducken. Grob gezimmert und ohne Schmuck, als seien ihre

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