Totenbraut (German Edition)
Rechtgläubigen, ja“, sagte er streng.
„Ich bin eine Rechtgläubige.“
Der Pope ließ ein kurzes, bellendes Lachen hören. „Ach ja? Und woher weiß ich das? Kenne ich deinen Vater? Deine Sippe? Was weiß ich denn, was du wirklich glaubst? Du könntest eine Lateinerin sein. Oder sogar eine von den Neutürken, wer weiß schon, wo dich dieser Vuković aufgelesen hat?“
„Ich bin keine Neutürkin oder Lateinerin!“, empörte ich mich. „Ich habe vor den heiligen Ikonen mein Ehegelöbnis gesprochen und wurde gesegnet!“
„Nicht von mir!“
„Das ist nicht meine Schuld. Wäre es nach mir gegangen, wir wären hier im Dorf erschienen.“
Die Stimme des Priesters wurde zu Donner. „Aus der Kirche gejagt hätte ich euch! Eher stehen die Heiligen aus den Gräbern auf, bevor ich einem Vuković meinen Segen gebe!“
Mit einer wegwerfenden Handbewegung wollte er mich aus dem Weg scheuchen, aber ich wich keinen Schritt. Mein Gesicht glühte und die Blicke der Leute brannten mir auf der Haut, aber wenn ich mich jetzt wie ein geprügelter Hund zurückzog, würde ich nie etwas anderes sein als genau das.
Ich hoffte, die anderen würden nicht bemerken, wie meine Hand zitterte, als ich mich zur Kirche wandte und das Kreuzzeichen schlug. Nicht wie ein Lateiner, sondern so, wie es sich gehörte: von der Stirn zum Bauch, zur rechten Schulter, zur linken und wieder zum Bauch. „Heiliger Gott, Heiliger Starker, Heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser, amen!“, betete ich dabei so laut nach orthodoxer Art, dass alle es hören konnten. Dann holte ich eine Kerze aus dem Korb. „Wenn Ihr schon nicht erlaubt, dass ich die Ikonen selbst begrüße, dann nehmt, ich bitte Euch von Herzen, wenigstens die Kerze, Hochwürden.“
Das ohnehin schon wutrote Gesicht des Popen bekam einen purpurvioletten Schimmer. „Was hast du da?“, brüllte er und entriss mir den Korb. Zu meinem Schrecken packte er die Tulipane grob wie ein Bündel Stroh. Stiele knickten, Blütenblätter segelten zu Boden. „Türkenkraut, ja? Jahrelang habe ich die Türken von meiner Kirchentür ferngehalten, und jetzt willst du mir das hier in mein Gotteshaus schleppen?“
„Es sind doch nur Blumen“, sagte ich gepresst. „Ich will sie auf Marja Vukovićs Grab legen.“
Einige Sekunden herrschte Donnerstille und ein ungläubiges Aufkeuchen ging durch die Menge. Dann prasselte plötzlich Gelächter auf mich herab. Der Pope schnaubte, warf die Tulipane in den Dreck und trat mit dem Fuß darauf. Es schnitt mir ins Herz, diese Grobheit mit ansehen zu müssen. „Hier kannst du ihr Grab lange suchen!“, rief er. „Trag dein Teufelskraut in die Hölle, Weib! Da wirst du Vuko vićs Frau finden.“
„Aber ... sie muss doch auf dem Friedhof liegen“, stammelte ich.
„Nicht auf unserem“, sagte er und spuckte aus. „Hexen beerdigen wir nicht zwischen Christenmenschen.“
„Der Teufel hat sie geholt!“, rief eine Frau aus den hinteren Reihen der Schaulustigen. „So, wie sie es verdient hat!“
Der Pope stieß mir den Korb so heftig in die Arme, dass ich stolperte. Sprachlos stand ich da, während er zu dem Holzgalgen ging und die Glocke stürmisch schlug, als würde er zum Kampf und nicht zum Gottesdienst rufen. Die Leute mieden mich wie eine Aussätzige. Im Bogen strömten sie an mir vorbei in die Kirche. Hexe! , hallte es immer noch in meinem Kopf.
„He, Mädchen!“, nuschelte plötzlich jemand hinter mir. Ich fuhr herum und stand einer dicken, schnaufenden Bäuerin gegenüber. Ihr Gesicht war von der Sonne gebräunt, und als sie lächelte, sah ich, dass sie kaum mehr einen Zahn im Mund hatte. „Gib mir eine Kerze, na los!“, meinte sie gönnerhaft.
„Stana!“, zischte ein Greis ihr im Vorübergehen zu, doch sie winkte ab.
„Halt dein heuchlerisches Maul, Jože! Sie ist ein Christenmensch, das sieht doch jeder Blinde. Und was kann sie dafür, dass sie den Sohn der Bludnica heiraten musste?“
„ Bludnica ?“, entfuhr es mir voller Empörung. „Was hat sie getan, dass ihr sie nicht nur als Hexe, sondern auch als Hure schimpft?“
„Da fragst du besser andere.“ Die Frau bekreuzigte sich hastig, als hätte sie schon zu viel gesagt.
„Was wird sie wohl getan haben?“, sagte der Alte. „Und frag besser nicht, wo dein Mann gezeugt wurde. Im Grab, Mädchen! Im kalten Grab!“ Er wollte weitersprechen, doch zwei Männer packten ihn an der Jacke und zerrten ihn mit sich.
„Jetzt gib sie schon her“, sagte die Bäuerin. „Ich
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