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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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und ich zwang mich dazu, den Arzt anzusehen. „Im Haus meines Vaters“, erwiderte ich mit festerer Stimme. „Früher diente er im Heer des Kaisers. Und dann, später, betrieb er ein Rasthaus und wir hatten viele Reisende zu Gast. Ich lernte einige Sätze von meinem Vater und auch von den Gästen.“
    „Dann hast du ja wirklich ein Goldstück gefunden, Jovan“, sagte der Medicus anerkennend. „Ich kenne nicht viele Raitzenmädchen, die so gelehrig sind.“
    Jovan aber betrachtete mich, als sei ich ein Bauer, der ihn hinters Licht geführt hatte. Und mir fiel siedend heiß ein, dass ich auch ihm gegenüber nie erwähnt hatte, die Sprache der anderen zu verstehen.
    „Steh nicht dumm herum!“, blaffte er mich an. „Wenn du schon das Geschirr zerschmeißt, dann hol wenigstens neuen Wein!“
    Sein Tonfall war wie eine Ohrfeige. Mit den Scherben in der Schürze stand ich langsam auf.
    „Kommst du, Nema?“, sagte ich.
    „Was scheuchst du die Alte auf ?“, fuhr Jovan mich an. „Du bist die Hausherrin, da wirst du es wohl fertigbringen, einen Krug Wein selbst zu tragen!“
    Das war zu viel!
    „Eine schöne Hausherrin, die keine Schlüssel hat“, entgegnete ich ungehalten. „Ohne Nema komme ich nicht an den Wein. Sie muss mich begleiten, um mir die Tür zu öffnen.“
    Nema riss entsetzt die Augen auf und auch Danilo hob erstaunt die Brauen.
    „Oha, ein Röschen mit Dornen!“, mischte sich der Magyar ein. „Sie weiß ihre Zunge zu gebrauchen. Halte deine Frau im Zaum, Danilo. Sonst schiebt sie dir eines Tages die Kandare zwischen die Zähne.“
    „Genug, Sandor“, sagte Tramner zu ihm. „Die Gemüter sind erhitzt, gieße du nicht auch noch Öl ins Feuer.“
    „Aber meine Frau hat völlig Recht“, erwiderte Danilo zu meiner Überraschung. „Was ist das für ein Haus, in dem die Herrin um die Schlüssel bitten muss?“
    Nema funkelte ihn an, als wollte sie ihm an die Kehle springen, doch Danilo erhob sich und wandte sich ihr zu. „Gib meiner Frau die Schlüssel“, sagte er freundlich, aber bestimmt. Ich erwartete, dass Jovan seinen Sohn zurechtweisen würde, aber er schnaubte nur und gab Nema einen Wink.
    Das Gesicht der Alten hatte sich verfinstert, ihre Lippen waren wie Marmor, nur ihr Kinn zitterte vor Empörung. Widerwillig zog sie den Schlüsselbund hervor und streckte ihn mir hin. Ich überlegte fieberhaft. Ich hatte meinen Schwiegervater vor den Gästen angefahren. Dafür würde ich einstehen müssen. Und Danilo ebenfalls. Aber wenn ich jetzt demütig verzichtete und Nema die Schlüssel ließ, dann würde ich in diesem Haus stets nur durch die Türen gehen dürfen, die andere mir öffneten. Manchmal muss man seine Rechte vor die der anderen stellen, um nicht unterzugehen. Diese Lektion hatte ich im Haus meines Vaters zur Genüge gelernt. Also ging ich mit festen Schritten zu Nema hinüber und packte entschlossen den Metallbund. Nema ließ nicht los, aber ich war stärker als sie. Bald gab sie das Kräftemessen mit rotem Kopf auf.
    „Danke, Nema“, sagte ich leise. Doch die Alte betrachtete den Boden und stellte sich taub.
    Ich atmete auf, als ich durch den Flur lief. Die Schlüssel schlugen bei jedem Schritt gegeneinander und ich schwor mir, sie freiwillig nicht mehr herzugeben. Als ich zurückkam, einen anderen, schäbigeren Krug bis zum Rand gefüllt, hörte ich schon von Weitem Stimmen. Worte voller Gift. Jovan und Danilo waren es, die das Türkenzimmer verlassen hatten und nun neben der Seitentür standen.
    „Dann geh!“, zischte Jovan. „Hol dich der Teufel, du sturer, dummer Nichtsnutz. Aber vergiss deine Frau nicht oder ich schwöre dir, ich zerre sie an den Haaren in dein Bett!“
    „Warum hast du sie nicht selbst geheiratet, wenn du so versessen auf sie bist?“, kam es mit harter Stimme zurück. „Aber dafür bist du wohl zu feige. Du stirbst vor Angst, Vater, habe ich Recht?“
    Das Geräusch einer Hand, die eine Wange traf, ließ mich erschrocken zusammenfahren. Ein Fluch ertönte und harte, schnelle Schritte, eine Tür, die aufging und zufiel. Ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen, aber dann ging ich um die Ecke und sah Jovan. Seine weiße Haarsträhne leuchtete im schwankenden Licht meiner Lampe und die Schatten ließen sein Gesicht wie einen Totenschädel aussehen. Mit einem Frösteln erinnerte ich mich an die Erscheinung vor dem Fenster. Hat etwa der Tod in die Kammer geschaut? , fuhr es mir durch den Kopf.
    Jovan hob den Blick und entdeckte mich. Wir wussten beide,

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