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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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bemerkte, dass einige Männer sich wie zufällig vor der Kirche eingefunden hatten. Die Pfeifen im Mundwinkel, die Daumen in die wollenen Gürtelschärpen gehakt, standen sie da und blickten mir mit schmalen Augen misstrauisch entgegen. Dajanas Mann stützte sich auf seinen Stock. Branka hatte mir erzählt, dass er hinkte, seit ein Pferd ihn abgeworfen hatte. Doch ob zu Pferd oder am Stock: Pandur war der Dorfälteste und sein Wort zählte hier ebenso viel wie das von Milutin. Ich grüßte ihn höflich und trat zur Tür, obwohl ich mich zittrig und elend fühlte und am liebsten kehrtgemacht hätte. Im Taldorf wäre das, was ich nun tun musste, das Selbstverständlichste gewesen. Aber hier war es eine Prüfung, von der ich nicht wusste, ob ich sie bestehen würde. Ich dachte an Jovans Seele und klopfte viel zu heftig an die Tür des Pfarrhauses. Wie erwartet, ließ Milutin sich Zeit, bevor er endlich öffnete und mit verschränkten Armen vor mich trat.
    „Unser Hausherr ist tot, Euer Hochwürden“, sagte ich. „Meine Familie und ich bitten Euch um Weihrauch, die Aussegnung und ein Totengebet.“
    Milutin schien diese Bitte erwartet zu haben, er verzog keine Miene, als er ruhig antwortete: „Du weißt, dass es für einen Vuković keinen Platz auf unserem Friedhof gibt.“
    „Ich weiß, Euer Hochwürden. Wir werden ihn auf dem Gut begraben. Aber er braucht einen Priester.“
    „Warum? Den Türkenfreund werdet ihr doch auf seine Art unter die Erde bringen können“, entgegnete Milutin trocken. „Dafür braucht ihr nicht einmal einen Sarg. Die Türken legen ihre Toten nur in Tücher gehüllt in die Erde.“
    Ich schluckte. Am liebsten hätte ich ihm die ganze Geschichte über den Fluch entgegengeschleudert, aber ich erinnerte mich nur zu gut an meinen Schwur. Jetzt war es an der Zeit, Milutin an seine eigenen Worte zu gemahnen und zu hoffen, dass er mich nicht gleich zum Teufel jagte.
    „Wie könnt Ihr als Priester einem Christenmenschen den letzten Segen verweigern?“, sagte ich. „Ist es nicht allein Gottes Sache, über die Seelen zu richten? Das habt Ihr doch selbst gesagt!“ Heute gab ich nichts darauf, dass alle mich angafften. Ich war müde und traurig und schämte mich meiner Tränen nicht. Obwohl ich leise sprach, erschien mir meine Stimme auf dem stillen Kirchplatz un natürlich laut. „Wenn Ihr meinen Schwiegervater auch im Leben verflucht haben mögt, ist es dennoch Eure Aufgabe, für die Toten zu sorgen. Ich mag aus der Fremde kommen, aber ein Gesetz gilt doch überall: Einen Verstorbenen gut unter die Erde zu bringen, ist nicht nur Sache einer Familie, sondern geht das ganze Dorf etwas an.“
    „Er gehörte aber nicht zu uns!“, brauste Milutin auf. „Reite doch nach Paraćin und frage den Popen dort, ob der ihm nicht den Segen geben will.“
    Er wollte schon ins Haus zurückgehen, aber ich trat zu ihm und legte ihm die Hand auf den Arm. „Bitte, Euer Hochwürden! Jovans Körper ist bereits kalt. Und er lag am Bach – stundenlang und unbewacht! Was, wenn dort ein Tier über ihn gesprungen ist? Außerdem sagt ihr doch selbst, dass er wie ein Türke war – wer weiß, ob der Teufel da nicht schon seine Hand nach ihm ausstreckt.“
    Dieser Satz verfehlte seine Wirkung nicht.
    Milutin schluckte und schlug das Kreuz. Unruhe breitete sich aus. Die Dorfbewohner stießen sich an und flüsterten.
    „Und ... wenn er wirklich aus dem Grab aufsteht“, fügte ich hinzu, „dann wird er sicher nicht den langen Weg nach Paraćin auf sich nehmen, um dort Unheil anzurichten. Nein, er wird zuallererst diejenigen heimsuchen, die in seiner Nähe sind! Also seine Familie – und Euer Dorf hier. Dann wären wir alle todgeweiht und unsere Seelen in Gefahr. Ihr wisst doch: Ein Vampir wird vom Teufel geführt und tötetMensch und Vieh! Er kann die Ernte verderben und Stürme, Hagel und Frost herbeirufen. Er kann ganz Medveđa zugrunde richten!“
    „Das stimmt“, mischte sich nun Dajana ein. „Ein Untoter verdirbt ein ganzes Dorf !“
    Ich konnte fühlen, wie die Stimmung umschlug. Inzwischen blickten viele nur noch auf den Dorfobersten und nicht mehr auf den Priester.
    „Wenn jemand stirbt und man vermutet, dass er ein Strigoi werden könnte, muss man dafür sorgen, dass er im Sarg bleibt“, meldete sich nun auch der bulgarische Totengräber zu Wort. „Und bei Vuković besteht die Gefahr. Oh ja, sie besteht! Denkt an die Hexe.“
    „Ich bitte nicht um Einlass in die Kirche und auch nicht um einen Platz in

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