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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie selbst. Sie hält sich für den Inbegriff der geistigen Gesundheit.«
    »Ich habe mich nur erkundigt, ob
sie irgendwelche Metallgegenstände am Körper hat, einen Bügel -BH zum Beispiel«, entgegnet Dr. Lane.
»Dabei habe ich ihr erklärt, der Magnet habe eine Anziehungskraft, die
sechzigtausendmal stärker sei als die der Erde, sodass man unbedingt alles
Metall davon fernhalten müsse. Das Wort BH -Striemen würde eine völlig neue
Bedeutung bekommen, wenn sie uns einen Bügel -BH verschweigen würde. Darauf meinte sie,
sie trüge einen. Sie gab mächtig damit an und redete ohne Punkt und Komma
davon, wie lästig es doch sei, so ... äh ... große Brüste zu haben. Natürlich
habe ich geantwortet, der BH müsse weg. Und da hat sie
vorgeschlagen, gleich alles auszuziehen, und um ein Krankenhausnachthemd
gebeten.«
    »Ich gebe auf.«
    »Also trägt sie jetzt ein
Krankenhausnachthemd. Zum Glück konnte ich sie überzeugen, das Höschen
anzulassen. Und die Strümpfe.«
    »Gut gemacht, Susan. Bringen wir
es hinter uns.«
    Dr.
Lane drückt auf den Mikrophonknopf der Gegensprechanlage. »Wir fangen mit ein
paar lokalisierenden Bildern an. Mit anderen Worten: strukturelle Aufnahmen.
Das dauert etwa sechs Minuten«, sagt sie. »Sie werden dabei ziemlich laute und
seltsame Geräusche hören, die von dem Gerät herrühren. Wie geht es Ihnen?«
    »Können wir bitte beginnen?«,
verlangt Dr. Seif.
    Die Gegensprechanlage wird
ausgeschaltet. »Sind Sie bereit für das PANAS?«, fragt Dr. Lane Benton. Das ist
die Auswertung der Positiv-Negativ-Affekt-Skala.
    »Dr. Seif, ich stelle Ihnen
jetzt einige Fragen zu Ihren Gefühlen«, verkündet Benton durch die
Gegensprechanlage. »Dieselben Fragen werde ich im Lauf dieser Sitzung mehrmals
wiederholen. In Ordnung?«
    »Ich weiß, was PANAS ist.«
    Benton und Dr. Lane wechseln
Blicke. Ihren Mienen ist jedoch nichts zu entnehmen. »Spitze«, spöttelt Dr.
Lane mit unbewegtem Gesicht.
    »Einfach ignorieren und
weitermachen«, erwidert Benton.
    Josh
sieht Benton an und wartet auf den Startschuss. Benton muss an sein Gespräch
mit Dr. Maroni und den angedeuteten Vorwurf denken, Josh hätte Lucy von der
VIP-Patientin erzählt und ihr somit die Möglichkeit gegeben, es Scarpetta zu
berichten. Allerdings versteht Benton immer noch nicht ganz, was Dr. Maroni
ihm damit mitteilen wollte. Während er Dr. Seif durch die Glasscheibe
betrachtet, fällt ihm plötzlich etwas ein: Ob die Akte des Sandman, die sich
angeblich nicht in Rom befindet, womöglich hier im McLean Hospital ist?
    An einem Monitor kann man die
von Dr. Selfs Fingermanschette und der Blutdruckmanschette übertragenen Werte
ablesen. »Blutdruck einhundertzwölf zu achtundsiebzig«, stellt Benton fest und
notiert es. »Puls zweiundsiebzig.«
    »Sauerstoffgehalt?«, fragt Dr.
Lane.
    Die Antwort lautet neunundneunzig.
Also normal. Benton betätigt den Gegensprechknopf, und die PANAS -Untersuchung beginnt.
    »Dr. Seif? Sind Sie bereit für
einige Fragen?«
    »Endlich«, hallt ihre Stimme
durch den Lautsprecher.
    »Ich sage etwas und möchte, dass
Sie Ihre Gefühle auf einer Skala von eins bis fünf einstufen. Eins bedeutet,
dass Sie nichts empfinden, zwei ein bisschen, drei durchschnittlich, vier viel
und fünf sehr viel. Haben Sie verstanden?«
    »Als Psychiaterin bin ich mit PANAS vertraut.«
    »Offenbar ist sie auch
Neurowissenschaftlerin«, bemerkt Dr. Lane. »Bestimmt wird sie schummeln.«
    »Das ist mir egal.« Benton geht
die Fragen durch, die er ihr im Lauf der Untersuchung noch einige Male stellen
wird. Ob sich Dr. Seif aufgewühlt, beschämt, traurig, aggressiv, gereizt,
schuldig fühle? Oder neugierig, stolz, entschlossen, aktiv, stark, tatendurs tig,
aufgeregt, begeistert und wach? Sie bewertet alles mit eins. Angeblich
empfindet sie also gar nichts.
    Wieder kontrolliert er ihre
Körperwerte und notiert sie. Alles normal und unverändert.
    »Josh?« Dr. Lane gibt ihm ein
Zeichen.
    Die strukturelle Aufnahme
beginnt. Ein lautes Klopfen ertönt, und auf Joshs Monitor sind Abbildungen von
Dr. Selfs Gehirn zu sehen. Ihnen ist nicht viel zu entnehmen. Falls keine
eindeutige Anomalie wie beispielsweise ein Tumor vorliegt, wird man erst später
bei der Analyse Tausender MRI-Aufnahmen schlauer sein.
    »Wir sind bereit«, meldet Dr.
Lane durch die Gegensprechanlage. »Alles in Ordnung bei Ihnen?«
    »Ja.« Sie klingt ungeduldig.
    »In den ersten dreißig Sekunden wird
es still sein«, erklärt Dr. Lane. »Also bleiben Sie ganz ruhig

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