Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
ihr
seine Marke. »Wie ich schon sagte, ich bin Pete Marino vom Gerichtsmedizinischen
Institut.«
    Madelisa ist völlig ratlos. Wenn
sie jetzt zum Telefon rennt, um die Polizei anzurufen, ist ihr Leben bestimmt
keinen Pfifferling mehr wert. Dienstmarken wie diese kann man doch heutzutage
an jeder Straßenecke kaufen.
    »Warum setzen wir uns nicht und
plaudern ein wenig?«, schlägt der Fremde vor. »Ich habe gerade von Ihrem Besuch
im Büro des Sheriffs von Beaufort County auf Hilton Head erfahren.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?«
Madelisa fühlt sich ein wenig erleichtert. »Hat dieser Polizist Sie
verständigt? Aber warum denn? Ich habe ihm doch alles gesagt, was ich weiß,
auch wenn er mir kein Wort geglaubt hat. Woher haben Sie eigentlich meine
Adresse? Das gefällt mir gar nicht. Erst gebe ich den Behörden bereitwillig
Auskünfte, und dann verbreiten sie einfach weiter, wo ich wohne.«
    »Wir haben ein kleines Problem
mit Ihrer Geschichte«, erwidert Pete Marino.
     
    Lucy sieht Scarpetta durch gelbe
Brillengläser an.
    Inzwischen sind sie im
Schlafzimmer. Die Rollläden sind heruntergelassen. Auf der Tagesdecke aus
brauner Seide sind im intensiven violetten Licht einige grün fluoreszierende
Flecken und Schmierer zu erkennen.
    »Sperma vielleicht«, verkündet
Lucy. »Könnte auch etwas anderes sein.« Sie leuchtet das Bett ab.
    »Speichel, Urin, Hautfette,
Schweiß«, antwortet Scarpetta. Sie beugt sich über einen großen schimmernden
Fleck. »Ich rieche nichts«, fügt sie hinzu. »Halt die Lampe mal hierhin. Das
Problem ist, dass wir nicht wissen, wann die Tagesdecke zuletzt gereinigt
wurde. Offenbar stand der Haushalt nicht sehr hoch auf ihrer Prioritätenliste.
Typisch für depressive Menschen. Die Tagesdecke kommt ins Labor. Jetzt brauchen
wir nur noch ihre Zahnbürste und ihre Haarbürste. Und natürlich die Gläser vom
Couchtisch.«
    »Auf der Hintertreppe steht ein
voller Aschenbecher«, merkt Lucy an. »Mit ihrer DNA dürften wir also kein Problem haben.
Ebenso wenig wie mit ihren Fußspuren und Fingerabdrücken. Der Täter ist es, der
uns Rätsel aufgibt. Anscheinend kennt er sich gut aus, aber heutzutage ist ja
jeder ein Experte.«
    »Nein«, widerspricht Scarpetta.
»Die meisten überschätzen sich.«
    Als sie die Brille abnimmt, ist
das grüne Schimmern auf der Tagesdecke nicht mehr zu sehen. Lucy schaltet die
Tatortleuchte aus und entledigt sich ebenfalls ihrer Brille.
    »Was jetzt?«, fragt sie.
    Scarpetta betrachtet ein Foto,
das ihr schon beim Betreten des Schlafzimmers aufgefallen ist: Dr. Seif auf
einer Couchgarnitur gegenüber einer hübschen Frau mit langem dunklem Haar.
Dazu Fernsehkameras und applaudierende, lächelnde Zuschauer.
    »Das war bei ihrem Auftritt in
Dr. Selfs Sendung«, erklärt sie. »Aber wie mag dieses Foto entstanden sein?«
    Die Aufnahme zeigt Lydia in
Begleitung von Drew Martin und einem dunkelhäutigen Mann, den Scarpetta für den
Tennistrainer Gianni Lupano hält. Die drei blinzeln lächelnd in die Sonne. Sie
stehen auf dem Tennisplatz des Family-Circle-Cup-Tenniszentrums auf Daniel
Island unweit von Charleston.
    »Wo laufen die Fäden zusammen?«,
überlegt Lucy laut. »Lass mich raten: Bei Dr. Seif, der größten
Selbstdarstellerin aller Zeiten.«
    »Allerdings ist dieses Bild
nicht beim letzten Turnier gemacht worden«, stellt Scarpetta fest. »Vergleich
mal die beiden Fotos miteinander.« Sie deutet erst auf das Bild von Lydia mit
Drew, dann auf das, das sie mit Dr. Seif zeigt. »Merkst du, wie stark sie in
der Zwischenzeit abgebaut hat? Sieh nur die Augen.«
    Lucy macht Licht im
Schlafzimmer.
    »Als dieses Foto im
Family-Circle-Cup-Stadion aufgenommen wurde, war Lydia eindeutig noch nicht
alkoholabhängig und tablettensüchtig«, stellt Scarpetta fest.
    »Und sie hat sich auch noch
nicht die Haare ausgerissen«, fügt Lucy hinzu. »Ich begreife nicht, wie sich
jemand so etwas antun kann. Kopfhaare, Schamhaare. Überall. Auf dem Foto von
ihr in der Wanne ist sie fast völlig kahl. Sogar Augenbrauen und Wimpern
mussten dran glauben.«
    »Trichotillomanie«, sagt Scarpetta.
»Eine zwanghafte Störung. Angst. Depressionen. Ihr Leben muss die Hölle gewesen
sein.«
    »Wenn alle Fäden wirklich bei
Dr. Seif zusammenlaufen - was ist dann mit der kanadischen Touristin, die in
Bari ermordet wurde? Es weist doch nichts darauf hin, dass sie je in Dr. Selfs
Sendung war oder dass sie sie überhaupt kannte.«
    »Vielleicht ist er ja danach
erst auf den Geschmack

Weitere Kostenlose Bücher