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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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ihr
da. Ihr beide habt Zoff, sie erschießt dich und fährt auf ihrem Motorrad davon.
Manche Weiber sind wirklich krankhaft eifersüchtig ...«
    Sie spannt den Hahn. Marino
zuckt nicht mit der Wimper. Er wirkt völlig unbeteiligt.
    »Einen guten Grund«, sagt sie.
    »Ich habe keinen«, erwidert er.
»Los, drück schon ab. Ich wollte sie, sie hatte keine Lust.« Er meint
Scarpetta. »Sie hätte mitmachen sollen. Hat sie aber nicht. Also los. Ist mir
egal, ob Shandy in Verdacht gerät. Ich gebe dir sogar einen Tipp: In meinem
Schlafzimmer liegt Unterwäsche, voll mit ihrer DNA. Mehr als ihre DNA an der
Waffe brauchen sie nicht. Schließlich wissen alle in der Kneipe, wie sie drauf
ist. Am besten fragst du Jess. Es würde niemanden wundern.«
    Im nächsten Moment verstummt er,
und sie verharren beide reglos. Er steht mit hängenden Armen an der Tür, Lucy
sitzt, den Revolver auf seinen Kopf gerichtet, auf dem Sofa. Dass sie es nicht
nötig hat, ein größeres Ziel wie zum Beispiel seine Brust anzuvisieren, ist
ihm sehr wohl bewusst.
    Sie lässt die Waffe sinken.
»Setz dich«, befiehlt sie.
    Er nimmt auf dem Stuhl vor dem
Computer Platz. »Ich hätte mir denken können, dass sie es dir erzählt«, sagt
er.
    »Es sollte dir eine Menge über
sie verraten, dass sie es nicht getan hat. Sie hat kein Wort darüber verloren
und versucht weiter, dich zu schützen. Ist das nicht unfassbar?«, entgegnet
Lucy. »Hast du eigentlich gesehen, was du mit ihren Handgelenken angestellt
hast?«
    Anstelle einer Antwort fangen
seine blutunterlaufenen Augen plötzlich an zu glänzen. Lucy hat ihn noch nie
weinen gesehen.
    »Rose hat es gleich bemerkt«,
fährt Lucy fort. »Und heute Morgen im Labor habe ich die Blutergüsse an Tante
Kays Handgelenken mit eigenen Augen gesehen. Ich wiederhole: Was willst du deswegen
unternehmen?«
    Sie hat Mühe, die Bilder der
Szene zwischen ihm und ihrer Tante beiseitezuschieben, die vor ihrem geistigen
Auge entstehen. Die bloße Vorstellung, dass er sie begafft und angetatscht
haben könnte, löst in Lucy noch mehr Zorn aus, als wenn sie selbst das Opfer
gewesen wäre. Sie betrachtet seine riesigen Hände und seinen Mund und bemüht
sich, nicht an das zu denken, was er Scarpetta angetan hat.
    »Was geschehen ist, kann man
nicht rückgängig machen«, antwortet er. »So einfach ist das. Ich verspreche
dir, dass sie meine Anwesenheit nie wieder erdulden muss. Ihr seid mich
endgültig los. Natürlich steht es dir frei, mich wie angedroht zu erschießen,
und du wirst wie immer ungeschoren davonkommen. Schließlich bist du ja
Spezialistin auf diesem Gebiet. Los, drück schon ab. Wenn ein anderer Kerl so
etwas mit ihr gemacht hätte, würde ich ihn jedenfalls umlegen. Er wäre schon
längst nicht mehr am Leben.«
    »Du jämmerlicher Feigling! Dann
entschuldige dich wenigstens bei ihr, anstatt wegzulaufen oder mich so lange zu
provozieren, bis ich dir den Selbstmord abnehme.«
    »Was nützt es noch, wenn ich mit
ihr rede? Es ist vorbei. Das ist der Grund, warum ich alles erst erfahre, wenn
es längst passiert ist. Niemand hat es für nötig gehalten, mich anzurufen und
nach Hilton Head zu bestellen.«
    »Jetzt sei nicht kindisch.
Immerhin hat Tante Kay dich gebeten, Madelisa Dooley zu befragen. Ich habe
meinen Ohren nicht getraut. Es kotzt mich an.«
    »Sie wird mich nie wieder um
etwas bitten. Nicht nach deinem Besuch hier. Ich will nichts mehr von euch
beiden hören!«, brüllt Marino. »Es ist aus!«
    »Erinnerst du dich eigentlich an
das, was du getan hast?«
    Er schweigt. Offenbar lautet die
Antwort ja.
    »Sag, dass es dir leidtut«,
fordert sie ihn auf. »Erklär ihr, du seist so betrunken gewesen, dass du nicht
Herr deiner Sinne gewesen bist. Jetzt sei es dir wieder eingefallen. Du
könntest es zwar nicht ungeschehen machen, aber du würdest sie um Verzeihung
bitten. Und dann überlass den Rest ihr. Sie wird dir nicht den Kopf abreißen.
Nicht einmal zum Teufel jagen wird sie dich. Sie ist nämlich ein besserer
Mensch als ich.« Lucys Griff um die Waffe wird fester. »Warum? Erklär mir
einfach nur den Grund. Du warst doch schon öfter in ihrer Gegenwart betrunken
und Millionen von Malen mit ihr allein. Sogar in Hotelzimmern. Warum? Wie
konntest du so etwas tun?«
    Als er sich eine Zigarette
anzündet, zittern seine Hände. »Es kommen alle möglichen Gründe zusammen. Ich
weiß, dass es keine Entschuldigung dafür gibt. Ich war absolut neben der Spur.
Aus verschiedenen Gründen. Es ist eigentlich

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