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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Schießpulverrückstände, die ich einfach einmal als
solche bezeichnen möchte, weil uns eine andere Erklärung für das Vorhandensein
von Barium, Antimon und Blei in Sand von einem Strand fehlt.«
    »Sofern es Sand von einem Strand
ist«, wendet Capitano Poma ein. »Vielleicht stammt er ja auch anderswoher. Dr.
Maroni hat mir erzählt, ihn habe ein Patient aufgesucht, der angeblich vor
kurzem aus dem Irak zurückgekehrt sei, einem Land also, wo derzeit sehr viel
geschossen wird. Möglicherweise hat er den Sand ja aus dem Irak mitgebracht, da
er dort den Verstand verloren hat. Als eine Art Souvenir sozusagen.«
    »Wir haben keine Gipsanteile
gefunden, und die kommen in Wüstensand für gewöhnlich vor«, widerspricht
Scarpetta. »Allerdings wissen wir nicht, von welchem Teil des Irak die Rede
ist. Dr. Maroni hatte darauf auch keine Antwort.«
    »Er hat nicht von einem
bestimmten Landesteil gesprochen«, bestätigt Benton.
    »Was ist mit seinen
Aufzeichnungen?«, erkundigt sich Lucy.
    »Es steht nichts davon drin.«
    »Der Sand in den verschiedenen
Regionen des Irak ist von einer jeweils anderen Beschaffenheit und
Morphologie«, erklärt Scarpetta. »Und zwar abhängig davon, wie sich das
Sediment abgelagert hat. Auch wenn der hohe Salzanteil nicht zwangsläufig
bedeutet, dass der Sand von einem Strand stammt, enthalten beide Proben - die
von Drew Martins Leiche und die aus Lydia Websters Haus - einen hohen
Prozentsatz an Salz.«
    »Meiner Ansicht nach müssen wir
klären, warum der Sand dem Täter so wichtig ist«, wirft Benton ein. »Was sagt
es über ihn aus? Er nennt sich Sandman. Ist das ein Symbol dafür, dass er Menschen
einschläfert? Eine Art von Sterbehilfe also, die vielleicht im Zusammenhang
mit dem Klebstoff steht? Ein medizinischer Aspekt womöglich? Es könnte durchaus
sein.«
    Ein Hinweis ist der Klebstoff.
Zwei-Octylcyanoacrylat, ein Material, das im Operationssaal verwendet wird.
Hauptsächlich von plastischen Chirurgen und anderen Fachärzten, um kleine
Schnittwunden zu versorgen. Beim Militär behandelt man damit Wasserblasen.
    »Ob er aus beruflichen Gründen
Zugriff auf den Klebstoff hat?«, fragt Scarpetta. »Vielleicht ist es ja gar
nichts Symbolisches.«
    »Bietet dieser Klebstoff,
verglichen mit herkömmlichem Superglue, irgendwelche Vorteile?«, will Capitano
Poma wissen. »In der plastischen Chirurgie kenne ich mich nicht so gut aus.«
    »Medizinischer Klebstoff ist
biologisch abbaubar«, antwortet Scarpetta. »Und nicht krebserregend.«
    »Ein gesunder Klebstoff also.«
Er lächelt ihr zu.
    »So könnte man es ausdrücken.«
    »Glaubt er wirklich, dass er
Menschen von ihrem Leid erlöst? Könnte sein«, überlegt Benton weiter, ohne
darauf einzugehen.
    »Sie sagten doch, es ginge um
Sex«, wendet Capitano Poma ein.
    Er trägt einen dunkelblauen
Anzug mit schwarzem Hemd und schwarzer Krawatte und sieht aus wie einer
Armani-Anzeige entsprungen oder als käme er gerade von einer Premierenfeier in
Hollywood. Jedenfalls passt er in diesem Aufzug nicht nach Charleston und ist
Benton seit ihrer Begegnung in Rom nicht sympathischer geworden.
    »Ich habe nie behauptet, dass es
dem Täter um Sex geht«, erwidert Benton, »sondern lediglich von einer
sexuellen Komponente gesprochen, deren er sich möglicherweise selbst gar nicht
bewusst ist. Wir wissen nicht, ob er sich sexuell an seinen Opfern vergeht.
Nur, dass er sie foltert.«
    »Und selbst das ist lediglich
eine Vermutung.«
    »Sie haben doch die Fotos gesehen,
die er an Dr. Seif geschickt hat. Wie würden Sie es denn nennen, wenn jemand
eine Frau zwingt, sich nackt in eine Wanne mit kaltem Wasser zu setzen?
Vielleicht taucht er sie sogar unter.«
    »Keine Ahnung, wie ich das
nennen würde«, entgegnet Poma.
    »Wenn Sie darauf eine Antwort
hätten, würden wir nicht mehr hier sitzen, weil der Mord dann wahrscheinlich
aufgeklärt wäre.« Bentons Augen sind stahlhart.
    »Ich finde es ziemlich an den
Haaren herbeigezogen, dass er das Leiden seiner Opfer lindern will«, erwidert
Capitano Poma. »Insbesondere dann, wenn Ihre Theorie zutrifft, dass er sie
foltert. Denn das hieße doch, dass er Spaß daran hat, andere zu quälen.«
    »Das klingt zwar plausibel, doch
wir haben es nicht mit einem logisch denkenden Menschen zu tun. Unser Täter ist
organisiert, schlau und gerissen, intelligent und gebildet. Er weiß, wie man in
ein Haus einbricht, ohne Spuren zu hinterlassen. Möglicherweise ist er
Kannibale und glaubt, dass er sich mit seinen Opfern

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