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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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vereint, indem er sie in
sich aufnimmt. Vielleicht lebt er ja wirklich in dem Wahn, dass er eine
emotionale Bindung zu ihnen hat und sich ihnen gegenüber gnädig verhält.«
    »Die Indizien.« Das ist Lucys
Element. »Meinst du, er weiß, dass der Sand Pulverspuren enthält?«
    »Könnte sein«, antwortet Benton.
    »Ich bezweifle das stark«,
widerspricht Scarpetta. »Jetzt mal im Ernst. Selbst wenn der Sand von einer Art
Schlachtfeld stammt, also einem Ort, der eine bestimmte Bedeutung für ihn hat,
muss er deshalb nicht dessen chemische Zusammensetzung kennen. Warum sollte er
auch?«
    »Ein berechtigter Einwand.
Vermutlich bringt er den Sand zum Tatort mit«, räumt Benton ein. »Dasselbe
gilt, wie ich annehme, auch für die Gerätschaften und Schneidewerkzeuge.
Allerdings erfüllt seine Ausrüstung sicher nicht nur rein praktische Zwecke,
sondern strotzt gleichzeitig von Symbolik. Er gehorcht Impulsen, die wir nur
verstehen können, wenn uns die Bedeutung dieser Symbole klar wird.«
    »Seine Symbole sind mir
eigentlich schnurzegal«, lässt sich Lucy vernehmen. »Ich finde seine E-Mails an
Dr. Seif um einiges aufschlussreicher. Meiner Meinung nach sind sie der
springende Punkt. Warum ausgerechnet Dr. Seif? Und weshalb hackt er sich ins
drahtlose Netzwerk der Hafenverwaltung ein? Aus welchem Grund klettert er über
den Zaun - und davon müssen wir ausgehen - und verkriecht sich in einem
unbenutzten Frachtcontainer? Ich könnte mir da gemütlichere Verstecke
vorstellen.«
    Lucy ist auf ihre übliche
Methode vorgegangen und am frühen Abend über den Zaun des Verladehofs
gestiegen, um sich persönlich ein Bild zu machen. Sie hatte nämlich einen
Verdacht. Von wo aus kann sich ein Mensch wohl am besten unbemerkt in das Computernetzwerk
einhacken? Die Antwort hat sie in einem zerbeulten Container erhalten, wo sie
einen Tisch, einen Stuhl und einen WLAN-Router vorgefunden hat. Inzwischen hat
Scarpetta viel über Bull und den Abend nachgedacht, an dem er beschlossen hat,
in der Nähe der ungenutzten Container einen Joint zu rauchen, und dort einem
Messerstecher in die Arme gelaufen ist. War der Unbekannte mit dem Messer
vielleicht der Sandman? Ist Bull womöglich seinem Schlupfwinkel zu nah
gekommen? Wie gern würde Scarpetta ihm diese Fragen stellen, aber sie hat ihn
nicht mehr gesehen, seit sie zusammen den Revolver und die Goldmünze auf der
Straße entdeckt haben.
    »Ich habe nichts angefasst«,
fährt Lucy fort. »In der Hoffnung, dass er meinen Besuch nicht bemerkt.
Allerdings könnte er trotzdem Verdacht geschöpft haben, denn er hat heute
Abend wieder keine E-Mails vom Hafen abgeschickt.«
    »Was sagt der Wetterbericht?«,
fragt Scarpetta mit einem Blick auf die Uhr.
    »Gegen Mitternacht soll es
aufklaren. Ich schaue kurz im Labor vorbei und fahre dann zum Flughafen«,
erwidert Lucy.
    Sie steht auf. Capitano Poma
folgt ihrem Beispiel. Nur Benton bleibt sitzen. Als Scarpetta ihn ansieht,
melden sich ihre Ängste wieder.
    »Ich muss noch kurz mit dir
sprechen«, meint er. Lucy und Capitano Poma verabschieden sich. Scarpetta
schließt die Tür.
    »Vielleicht sollte ich besser
anfangen. Du bist unangekündigt hier in Charleston aufgetaucht«, beginnt sie.
»Du hast nicht angerufen. Seit Tagen hatte ich nichts mehr von dir gehört. Und
dann spazierst du gestern Abend einfach zur Tür herein. Mit ihm ...«
    »Kay«, antwortet er, greift nach
seinem Aktenkoffer und stellt ihn auf seinem Schoß ab. »Jetzt ist nicht der
richtige Zeitpunkt.«
    »Du hast kaum ein Wort mit mir
gewechselt.«
    »Können wir nicht...?«, setzt er
an.
    »Nein, wir können das nicht auf
später verschieben. Ich schaffe es kaum noch, mich zu konzentrieren. Rose
braucht mich, ich habe so viel zu tun, alles fällt auseinander, und ich weiß
genau, worüber du mit mir reden willst. Ich kann dir gar nicht sagen, was in
mir vorgeht. Vielleicht bringe ich es ja wirklich nicht über mich. Ich habe
wirklich Verständnis dafür, falls du eine Entscheidung gefällt haben solltest.«
    »Ich wollte nicht vorschlagen,
es auf später zu verschieben«, sagt Benton. »Sondern nur, dass es besser wäre,
wenn wir einander ausreden lassen.«
    Das bringt sie aus dem Konzept.
Sie sieht das Leuchten in seinen Augen, von dem sie immer geglaubt hat, dass es
nur für sie bestimmt ist. Nun befürchtet sie, es könnte nicht so sein und sei
auch nie so gewesen. Als er sie mustert, wendet sie den Blick ab.
    »Worüber möchtest du mit mir
sprechen, Benton?«
    »Über

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