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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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will ich kein Wort mehr hören. Und jetzt hauen Sie
endlich ab.«
    »Meinst du den kleinen Jungen, der letztens gefunden
wurde?«, fragt Shandy.
    Lucious schiebt seine klappernde Trage davon und
lässt die gerade abgelieferte Leiche mitten auf dem Flur vor der Edelstahltür
der Kühlkammer stehen. Marino öffnet die Tür und schiebt die störrische Bahre
hinein. Seine Erektion ist noch immer unverkennbar.
    »Du lieber Himmel!«, sagt Benton zu Lucy.
    »Nimmt der Typ etwa Viagra?«, hallt ihre Stimme in
sein Ohr.
    »Warum zum Teufel kauft ihr euch keinen neuen Wagen
oder wie man die Dinger sonst nennt?«, will Shandy wissen.
    »Doc Scarpetta hält eben das Geld zusammen.«
    »Ach, geizig ist sie auch noch! Ich wette, sie zahlt
dir einen Hungerlohn.«
    »Wenn wir etwas brauchen, schafft sie es an. Aber
sie ist eben nicht verschwenderisch. Ganz anders als Lucy, die ganz China aufkaufen
würde, wenn sie könnte.«
    »Immer verteidigst du deine große Chefin. Doch nur
mir hältst du richtig die Stange, was, Baby?« Shandy berührt ihn abermals.
    »Ich muss gleich kotzen«, sagt Lucy.
    Im nächsten Moment spaziert Shandy einfach in die
Kühlkammer, um sich gründlich umzusehen. Benton kann das Kaltluftgebläse
durch sein Headset hören.
    Die Kamera an der Rampe nimmt auf, wie Lucious sich
ans Steuer seines Leichenwagens setzt.
    »Ist sie ein Mordopfer?«, erkundigt sich Shandy nach
der letzten Einlieferung. Dann fällt ihr Blick auf einen anderen Leichensack in
der Ecke. »Ich will alles über das Kind wissen.«
    Lucious fährt in seinem Leichenwagen davon. Die Tür
zur Rampe fällt so laut ins Schloss, dass es sich anhört wie eine Karambolage.
    »Natürlicher Tod«, erklärt Marino. »Eine alte
Orientalin. Etwa fünfundachtzig oder so.«
    »Warum ist sie hier, wenn sie eines natürlichen
Todes gestorben ist?«
    »Der Leichenbeschauer wollte es so. Warum? Keine
Ahnung. Doc Scarpetta hat mich angewiesen, sie in Empfang zu nehmen. Den Grund
kenne ich nicht. Für mich klingt es nach einem ganz normalen Herzinfarkt. Hier
riecht es.« Er verzieht das Gesicht.
    »Lass uns schauen«, bettelt Shandy. »Nur ganz kurz.«
    Benton beobachtet auf dem Monitor, wie Marino den
Leichensack öffnet. Shandy fährt angewidert zurück und schlägt die Hände vor
Nase und Mund.
    »Das geschieht dir recht«, höhnt Lucy, während sie
die Aufnahme der Leiche näher heranholt: Sie ist verwest, von Gasen aufgebläht,
und der Leib verfärbt sich allmählich grün. Benton kennt den Geruch nur zu gut,
ein süßlicher, unverwechselbarer Gestank, der in der Luft hängen bleibt und
sich an den Gaumen heftet.
    »Mist«, schimpft Marino und schließt den Leichensack
wieder. »Wahrscheinlich hat sie schon ein paar Tage herumgelegen, und der
dämliche Leichenbeschauer von Beaufort County hatte keine Lust, sich die Hände
schmutzig zu machen. Hast du den Gestank mitgekriegt?« Er lacht Shandy aus.
»Und du hast gedacht, ich schiebe in meinem Job eine ruhige Kugel!«
    Shandy nähert sich dem
kleinen Leichensack, der ganz allein in einer Ecke liegt, bleibt reglos davor
stehen und betrachtet ihn.
    »Tu es nicht.« Lucys Stimme hallt zwar in Bentons
Ohr wider, doch sie meint Marinos Abbild auf dem Monitor.
    »Ich wette, ich weiß, wer in diesem kleinen Sack
ist«, sagt Shandy. Sie ist nur schwer zu verstehen.
    Marino tritt aus der Kühlkammer. »Raus mit dir,
Shandy! Aber ein bisschen plötzlich!«
    »Und was passiert dann? Willst du mich etwa hier
einsperren? Komm schon, Pete. Mach den kleinen Sack auf. Ich weiß, dass es der
kleine Junge ist, über den du gerade mit dem Kerl vom Bestattungsinstitut
geredet hast. Ich habe in den Nachrichten von dem Jungen gehört. Also liegt er
immer noch hier. Warum? Der arme Kleine, ganz allein in dem kalten
Kühlschrank.«
    »Jetzt dreht er endgültig durch«, sagt Benton.
    »So etwas willst du nicht sehen«, erwidert Marino
und kehrt in die Kühlkammer zurück.
    »Warum nicht? Im Fernsehen kommt doch ständig etwas
über den kleinen Jungen, der auf Hilton Head gefunden wurde«, beharrt sie. »Das
weiß ich genau. Warum ist er noch hier? Kennt man den Täter schon?« Sie macht
keine Anstalten, auch nur einen Millimeter von dem kleinen schwarzen
Leichensack auf der Bahre wegzurücken.
    »Wir haben nicht die geringste Ahnung, verdammt.
Deshalb liegt er ja noch bei uns. Und jetzt komm.« Er winkt sie zu sich. »Zeig
ihn mir.«
    »Nicht!«, sagt Lucy. »Reite dich nicht noch tiefer
rein, Marino.«
    »Du willst das nicht sehen«,

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