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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Wäre doch zu komisch, wenn der Fahrer einen Strafzettel
bekäme. Dann denkt er schadenfroh an YouTube und daran, wie er die Ärztin
blamieren wird. Obwohl dieses Arschloch von einem Ermittler es mit einer
schwarzen Schlampe treibt, hat er, Lucious, gerade mit eigenen Augen gesehen,
wie die beiden sich ins Haus gestohlen haben. Der Typ hat doch schon ein
Mädchen, und zwar ein scharfes, mit dem Lucious ihn im Autopsiesaal beim
Knutschen beobachtet hat, ohne dass die beiden es ahnten. Soweit er im Bilde
ist, hat Dr. Scarpetta oben im Norden ebenfalls einen Kerl. Ist das nicht ein
Witz? Da hängt er, Lucious sich aus dem Fenster, um Werbung für seine Firma zu
betreiben. Mit Engelszungen versucht er, diesem pampigen Ermittler
klarzumachen, wie sehr er sich über Empfehlungen von ihm und seiner Chefin
freuen würde. Und was ist der Lohn? Sie lachen hinter seinem Rücken über ihn
und benachteiligen ihn mit Vorsatz! Das sollen sie ihm büßen!
    Lucious schaltet Motor und Licht
aus, steigt aus und mustert mit finsterer Miene den Cadillac. Dann öffnet er
die Heckklappe des Leichenwagens, wo eine leere, am Boden verankerte Bahre und
darauf ein Stapel ordentlich gefalteter weißer Laken und weißer Leichensäcke untergebracht
sind. In einem Werkzeugkasten bewahrt er einen Camcorder und Ersatzakkus auf.
Nachdem er die Heckklappe wieder geschlossen hat, betrachtet er noch einmal den
Cadillac, schleicht dann daran vorbei und sucht nach dem besten Weg, sich
unbemerkt dem Haus zu nähern.
    Hinter der Scheibe der Fahrertür
bewegt sich etwas, nur die Andeutung eines schwarzen Schattens im dunklen
Wageninneren. Mit einem selbstzufriedenen Grinsen schaltet Lucious den Camcorder
ein, um festzustellen, wie viel Speicherplatz noch frei ist. Wieder regt sich
etwas im Cadillac. Lucious geht um das Fahrzeug herum und macht eine Aufnahme
vom Nummernschild.
    Wahrscheinlich ein knutschendes
Pärchen, eine Vorstellung, die er als erregend empfindet. Im nächsten Moment
aber ärgert er sich. Die beiden haben seine Scheinwerfer gesehen und ihm
trotzdem nicht Platz gemacht. Sie haben keinen Respekt vor ihm und zwingen
ihn, mit seinem Leichenwagen in der Dunkelheit anzuhalten, indem sie ihm den
Weg versperren. So eine Rücksichtslosigkeit! Das werden sie noch bereuen. Also
klopft er mit den Fingerknöcheln an die Scheibe, um ihnen einen ordentlichen
Schreck einzujagen.
    »Ich habe eure Autonummer!«,
ruft er. »Und jetzt verständige ich die Polizei.«
     
    Das brennende Scheit knistert.
Auf dem Sims tickt eine englische Kaminuhr.
    »Was ist wirklich mit dir los?«,
fragt Scarpetta und betrachtet Marino. »Was fehlt dir?«
    »Du hast mich gebeten
herzukommen. Also habe ich angenommen, dass du diejenige bist, die ein Problem
hat.«
    »Das Problem liegt offenbar bei
uns beiden. Findest du nicht? Du wirkst bedrückt. Du machst mich traurig. Die
letzte Woche war ein Albtraum. Möchtest du mir nicht erzählen, warum du dich so
verhältst?«, erwidert sie. »Oder soll ich es dir erklären?«
    Das Feuer knistert.
    »Bitte, Marino, mach den Mund
auf.«
    Er starrt ins Feuer. Schweigen.
    »Ich weiß Bescheid über die
E-Mails«, beginnt sie. »Aber das ist dir vermutlich bekannt, denn schließlich
hast du Lucy letztens selbst gebeten, dem angeblichen Fehlalarm auf den Grund
zu gehen.«
    »Und daraufhin hast du sie damit
beauftragt, in meinem Computer herumzuschnüffeln. So viel zum Thema
Vertrauen.«
    »Ach, ich denke, was Vertrauen
angeht, solltest du dich besser bedeckt halten.«
    »Ich lasse mir nicht den Mund
verbieten.«
    »Die Besichtigungstour mit deiner
Freundin wurde von den Kameras aufgezeichnet. Ich habe mir den Film von vorn
bis hinten angeschaut.«
    Marinos Gesicht zuckt. Natürlich
hat er von der Existenz der Kameras und Mikrophone gewusst. Dennoch scheint er
keinen Gedanken daran verschwendet zu haben, dass er und Shandy beobachtet
werden könnten. Offenbar hat es seine Vorstellungskraft überstiegen, dass Lucy
die Bänder tatsächlich kontrollieren würde, auch wenn ihm klar war, dass jede
Bewegung und jedes im Autopsiesaal gesprochene Wort aufgezeichnet wird. Unter
gewöhnlichen Umständen hätte er mit dieser Einschätzung sogar recht gehabt und
konnte ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass niemand ihm auf die Schliche
kommt. Allerdings macht es das noch verwerflicher.
    »Überall sind Kameras«, sagt sie.
»Hast du wirklich geglaubt, dass es niemand mitkriegt?«
    Er schweigt.
    »Ich dachte, der ermordete
kleine Junge täte dir leid. Und

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