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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Folgendes: Wenn er sich bis neun Uhr nicht gemeldet hat, dann schickst du ihm eine SMS , dass Schluss ist. Sie schaut auf die Uhr, während sie zu zählen versucht, wie viele Ultimaten ähnlicher Art schon folgenlos abgelaufen sind. Aber dieses Mal nicht! Dieses Mal machst du Ernst. Wirklich.
    Elektrisiert springt Jule auf, als es klingelt. Ganz ruhig! Es ist sicher wieder nur Thomas oder Fred oder Frau Pühringer von oben, die sich über irgendetwas beschweren möchte, oder die Zeugen Jehovas oder die GEZ .
    Schon so oft hat sie sich diese Situation zurechtgeträumt, wie Leonard vor ihrer Tür steht, mit einem großen Koffer und sagt: Ich hab’s getan, ich habe sie verlassen, ich will ab jetzt mit dir leben. Oder so ähnlich, vielleicht mit weniger Pathos, er neigt ja eher zur Lässigkeit. Jetzt hat er lediglich eine große Sporttasche bei sich, er wirkt abgekämpft wie nach einem Sprint und sagt mit düsterer Miene und fast tonloser Stimme: »Sie hat’s rausgekriegt.«
    »Seid ihr weitergekommen?«, fragt Sabine während des Abendessens. Es gibt Hühnerbrustfilets mit Gemüse und Reis, ein Gericht, bei dem Völxen nach dem Essen immer das Gefühl hat, hungrig vom Tisch aufzustehen.
    »Geht so.«
    Die Unterhaltung mit den Männern, die neben der Landjugend am Aufbau des Osterfeuers beteiligt waren, hat immerhin ergeben, dass am frühen Samstagnachmittag noch keine Leiche da oben gelegen haben kann. »Wir haben den Haufen von Grund auf neu aufgeschichtet, das waren nur Äste und Gesträuch, ein paar dürre Weihnachtsbäume und das übliche Gerümpel, das all diese Idioten immer noch heimlich dazuschmeißen: alte Stühle, Autoreifen, ein Sofa, einen Karnickelstall«, hat Kalle Koch, der unglückselige Treckerfahrer, aufgezählt.
    Und Ortsbrandmeister Lenthe hat hinzugefügt: »Ich bin sogar am Samstagabend extra noch mal raufgefahren, um alles zu kontrollieren, und was soll ich sagen: Da hat uns doch schon wieder so ein Saukerl ein paar lackierte Zaunlatten untergeschoben!«
    »Sagt dir der Name Roland Felk etwas? Dr. Roland Felk?«
    »Ein Arzt?«, fragt Sabine zurück.
    »Früher mal. Jetzt macht er in Naturheilkunde. Hat eine Praxis in der Südstadt. Sein Wohnhaus steht an der Hauptstraße, etwas zurückversetzt«, antwortet Völxen, der vorhin, auf dem Weg von der S-Bahn-Station nach Hause, mit dem Rad an dem Haus vorbeigefahren ist.
    »Warum? Ist das die Leiche?«, erkundigt sich Wanda.
    »Möglicherweise.«
    »Die mit den Pferden heißen doch Felk«, sagt Wanda. »Dieser schöne große Hof, der am Rand von Linderte liegt. Ich bin da als Kind im Sommer ab und zu hingeradelt und habe den Pferden altes Brot gegeben. Einmal hat mich so ein älterer Typ angemotzt«, erinnert sich Wanda.
    »Das muss dann wohl Verwandtschaft sein.« Völxen hat das gepflegte, weitläufige Anwesen am Rand des Nachbardorfes deutlich vor Augen. Schon oft hat er sich an dem Anblick der eleganten Hannoveraner erfreut, die rings um das Gut auf verschiedenen Weiden stehen, und jedes Mal ist er dabei ein bisschen wehmütig geworden, weil ihn die prächtigen Tiere an die Zucht seines Großvaters und damit an die schönsten Tage seiner Jugend erinnert haben.
    »Frag doch Hanne Köpcke nach diesem Doktor, die weiß alles über jeden im Dorf«, schlägt Sabine vor.
    »Unmöglich. Die würde doch nie dichthalten. Stell dir den Schlamassel vor, wenn er es nicht ist! Ich wäre Zeit meines Lebens das Gespött des Ortes.«
    »Kann Dr. Bächle das nicht rauskriegen? DNA und so …«, fragt Wanda.
    »Ja, natürlich, aber der fängt ja erst morgen damit an.«
    »Dann warte doch einfach ab«, rät Sabine. »Du bist doch sonst nicht so ungeduldig.«
    »Sonst liegen die Leichen auch nicht vor der Haustür«, grantelt Völxen und steht auf. »Ich sehe mal nach den Schafen.«
    »Die Zaunlatte zu Köpcke rüber hat das Biest übrigens schon wieder runtergerissen«, sagt Sabine.
    »Amadeus hat eben Frühlingsgefühle, ich mach sie gleich wieder fest und stell den Elektrozaun davor.« Völxen schlüpft in seine Gummistiefel. Ehe er geht, schaut er seine Tochter mit eisernem Blick an. »Wenn auch nur ein einziges Wort von dem, was gerade in diesem Zimmer gesprochen wurde, in die Welt hinausgemailt, -getwittert oder -gesimst wird, dann wirst du enterbt, ist das klar?«
    »Du könntest den neuen Medien gegenüber ruhig etwas aufgeschlossener sein!«
    »Ob das klar ist?«
    »Ja doch.« Wanda verdreht die Augen.
    Schrecklich, denkt Völxen im Hinausgehen, wenn man

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