Totenfluss: Thriller (German Edition)
Asphalt und versetzte Carters ausgestreckte Hand leicht in Bewegung.
Carter war im selben Zeitraum nach der Attacke gefunden worden wie Henry. Aber Henry lebte noch, fürs Erste, und Carter nicht.
Archie sah sich auf dem nassen Asphalt um. Da war nichts. Jede mögliche Spur hatte der Fluss mitgenommen. Das Gesicht des Jungen war ständig in den Nachrichten. Irgendetwas würde sich ergeben. Er hatte sich in der Öffentlichkeit aufgehalten. Im Oaks Park. Er war gesehen worden. Irgendwer würde ihn jetzt entdecken.
»Hey«, sagte Robbins und trat neben Archie. Der Kunststoffanzug, den er über den Anzug gezogen hatte, den er bei der Pressekonferenz trug, war bereits regennass. »Wir müssen ihn von hier wegbringen.«
»Okay«, sagte Archie.
Sein Handy läutete. Er ließ es ein paar Mal läuten, ehe er auf dem Display nachsah, wer anrief, riss es aber ans Ohr, sobald er wusste, wer es war.
»Ich bin es«, sagte Claire. »Du musst ins Krankenhaus kommen.«
43
Susan blickte auf den Schirm ihres Laptops. Jetzt, da sie ihn wiederhatte, musste sie nicht mehr an Archies Computer arbeiten, deshalb hatte sie beschlossen, ins Besprechungszimmer umzuziehen. Dort konnte sie sich ausbreiten, und die Stühle waren bequemer. Außerdem hatte sie ein übrig gelassenes Burrito im Kühlschrank gefunden, der ohnehin nicht zu funktionieren schien.
Sie hatte die Redaktion der Times wegen Carter informiert. Sie schickten den Büroleiter Nordwest aus Seattle herunter. Die Sache war inzwischen zu groß für einen Korrespondenten, hieß es.
Der Cursor vor ihr blinkte. Mist. Ihr fiel nicht einmal etwas ein, womit sie die Geschichte abschließen könnte, die sie zusammengestöpselt hatte. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie so sehr über zwei Spalten Text geschwitzt.
Heil kam herein, sah Susan und blieb stehen.
»Sie sind immer noch hier?«, sagte er.
»Sie sind auch noch hier«, stellte sie klar.
Er legte die Stirn in Falten. »Ich arbeite hier«, sagte er.
Gutes Argument. »Ich bin fast fertig«, sagte sie. Er trug eine Jacke. Nicht den dienstlichen Windbreaker von vorhin, sondern eine schwarze Jacke mit Reißverschluss. »Fahren Sie nach Hause?«, fragte sie.
»Ich bin endlich mit ein paar Angestellten von hiesigen Aquariumsbedarfs-Läden in Kontakt gekommen.« Er hielt eine Liste in die Höhe. »Aquariums-Freaks. Ich habe mit fünf von ihnen ein Gespräch vereinbart.«
Sie sah die unterste Adresse auf der Liste. Division und 20. Straße. »Das liegt auf meinem Nachhauseweg«, sagte sie. »Soll ich es machen?«
Heil blickte auf die Liste in seiner Hand. »Das können Sie von dort lesen?«
»Sie haben eine große Schrift, wie ein Mädchen.«
Er grinste höhnisch und steckte die Liste weg. »Gehen Sie auf die Polizeiakademie«, sagte er. »Machen Sie Streifendienst. Werden Sie Detective. Und dann melden Sie sich wieder bei mir.« Er ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Nach ein paar Sekunden sagte er: »Haben Sie mein Burrito gegessen?«
Susan krümmte sich innerlich. Die Verpackung lag noch vor ihr. »Ich wusste nicht, dass es jemandem gehört«, sagte sie.
»Es war in einer Tüte mit meinem Namen drauf«, sagte Heil. »Große Schrift. Wie ein Mädchen.«
»Tut mir leid.«
»Ich besorge mir unterwegs etwas«, sagte Heil und seufzte. »Irgendwas muss ja aufhaben.« Er ging zur Tür, dann drehte er sich noch einmal um.
»Alles okay mit Ihnen?«, fragte er. »Wegen Carter?«
»Sicher«, sagte Susan und wandte das Gesicht ab, sodass er es nicht sehen konnte. »Es ist ja nicht so, als hätte ich ihn gekannt.«
Heil ging, und sie versuchte, mit ihrem Artikel weiterzumachen, aber ihre Gedanken kehrten immer wieder zu Carter zurück. Die Times wollte Neuigkeiten haben. Ein ermordeter Nationalgardist. Aber es wurde Carter nicht gerecht.
Sie ging auf eBay und schaute nach dem Schlüssel. Sie suchte nach nichts Bestimmtem. Es war nur, damit sie etwas zu tun hatte. Aber sobald der Schlüssel auf dem Schirm erschien, steckte sie ihren Laptop aus und machte sich auf die Suche nach Ngyun.
Sie fand ihn an seinem Schreibtisch, wo er eine Nachricht für ein Kraken-Fan-Forum tippte.
»Dieser Schlüssel auf eBay, ja?«, sagte sie und drehte ihren Laptop so, dass er den Schirm sehen konnte. »Für den hat gerade jemand zehn Dollar geboten.«
Er nahm den Laptop und stellte ihn auf seinen Schreibtisch. Susan kam um seinen Stuhl herum und schaute ihm über die Schulter.
»Hat nicht wirklich etwas zu bedeuten«, sagte Ngyun.
Weitere Kostenlose Bücher