Totenfluss: Thriller (German Edition)
hinten gestoßen worden war. Sie konnte sich nicht mehr fangen und stürzte der Länge nach vornüber ins Wasser. Es war widerlich. Sie bekam Wasser in den Mund. In die Augen. Ins Haar. Sie drehte sich um und setzte sich auf, das Wasser reichte ihr bis zu den Achseln. Sie blickte anklagend zur Tür, doch die Tür war zu. Er hatte sie in den Raum gestoßen und die Tür hinter ihr geschlossen.
»Arschloch«, sagte sie und mühte sich auf die Beine.
»Susan«, hörte sie Heil wieder sagen. Sie drehte den Kopf und sah ihn jetzt, er stand im Wasser vor einer Batterie gespenstisch blauer Wasserbehälter. Er sah mit angespanntem Gesicht ins Wasser. Er war vollkommen reglos.
»Bewegen Sie sich nicht«, sagte er.
47
Das also war der Aquarienraum. Es gab Aquarien an allen vier Wänden, eines neben dem anderen in deckenhohen Regalen. Es mussten mindestens fünfzig sein. Sie bildeten die einzige Beleuchtung, ein Karibikblau, durch Gels gefiltert. Manche der Behälter waren mit Schwarzlicht beleuchtet, was eine verwirrende Szenerie aus neonfarben leuchtenden Fischen und Korallen schuf. Rosa. Blau. Purpur. Susans Haar hatte alle diese Farbschattierungen schon gehabt.
Heils Stimme war ruhig und fest, und er sprach jedes Wort sorgfältig aus. Das Schwarzlicht ließ seine Augen und Zähne unnatürlich weiß leuchten. »Jetzt stehen Sie auf, sehr, sehr langsam.«
»Was zum Teufel soll das?«, fragte Susan.
Sie folgte seinem Blick zu einer der Aquarienwände. Die Behälter an dieser Wand waren leer.
»Es gibt sieben von diesen Aquarien«, sagte Heil. »In jedem davon war ein Blauringkrake.«
Sie brauchte einen Moment, bis sie verstand.
Die Kraken waren im Wasser. Und sie saß bis zur Brust darin.
Sie machte ein Geräusch wie eine gewürgte Katze und begann aufzustehen.
»Stopp«, sagte Heil rasch.
Sein drängender Tonfall ließ sie augenblicklich erstarren.
»Hören Sie mir zu«, sagte er. »Sie sind nicht aggressiv. Sie werden nur beißen, wenn Sie an sie streifen. Sie müssen einfach nur langsam aufstehen. Spritzen Sie nicht herum.«
Susans Mund fühlte sich trocken an. Wie erhob man sich aus einer sitzenden Position im Wasser, ohne zu spritzen? Sie saß auf dem Hintern. Ihre Hände waren auf dem Boden hinter ihr, die Knie hatte sie angezogen. Wenn sie aufstand, musste sie sich durch das Wasser bewegen. Sie würde eins dieser Dinger berühren, und es würde sie beißen, sie würde ersticken, und ihr Herz würde stehen bleiben. Sie würde einfach bleiben, wo sie war. Sie würde im Wasser sitzen und warten, bis jemand kam und sie hier herausholte.
»Stehen Sie auf, Susan.«
Sie rührte sich nicht. »Warum kann ich nicht einfach so bleiben?«
»Weil die Kraken hier drin herumschwimmen, und die Wahrscheinlichkeit, dass einer auf Sie stößt, verhält sich direkt proportional zu der Oberfläche, die Sie im Wasser bieten.«
Eine exzellente Beobachtung.
»Ich dachte, sie können in diesem Wasser nicht überleben«, sagte Susan.
»Für kurze Zeit schon«, sagte Heil. Er rieb sich die Stirn. »Ich weiß es nicht.«
»Okay«, sagte Susan.
Aber sie konnte sich immer noch nicht bewegen.
»Werden Sie aufstehen?«, fragte er.
»Ja.«
»Okay.«
»Nur noch einen Moment«, sagte sie.
Sie sah zu ihrer rechten Hand hinunter und begann, sie zur Wasseroberfläche zu bewegen. Jede Zelle ihres Arms vibrierte vor Elektrizität, bereit, beim kleinsten Kontakt mit fester Materie zu reagieren. Als ihre Hand aus dem Wasser auftauchte, kam es Susan vor, als würde sie sie zum ersten Mal sehen. Sie sah unglaublich und wundervoll aus. Eine Hand!
»Was tun Sie überhaupt hier?«, fragte Heil.
»Mein Automotor ist abgestorben.«
Sie ging jetzt zur anderen Hand weiter. »Ich bin zu Fuß weitergegangen und habe Ihren Wagen gesehen.« Gleichmäßige, gemessene Atemzüge. »Ich wollte, dass Sie mich mitnehmen.« Schließlich hatte sie beide Hände über dem Wasser. Jetzt musste sie nur noch aufstehen. Sie holte tief Luft, verankerte gedanklich ihre Füße fest im Boden und versuchte, sich hochzustemmen.
Es funktionierte nicht.
Ohne Hände hatte sie keinen Ansatzpunkt.
»Sie müssen Ihre Bauchmuskeln einsetzen.«
Sie würde sterben, weil sie keinen Waschbrettbauch hatte.
Dann sah sie einen kleinen Trichter im Wasser, nicht weit von ihrem Knie entfernt. Heil sah ihn ebenfalls. Sie hörte, wie er die Luft anhielt. Der Adrenalinstoß genügte, damit sie aus dem Wasser schnellte. Sie tat es alles andere als langsam. Wasser lief an ihr
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