Totengeld (German Edition)
Brustwarze zu Brustwarze, dann zwei andere von jeder Brustwarze zur Kehle. Jede Kugel, die diesen Bereich trifft, hat Kampfunfähigkeit durch Lähmung, Schock oderTod zur Folge. Das Dreieck desTodes.
Rasekhs Dreieck war ein Trümmerhaufen, entweder durch dieWucht der Kugeln oder den Geröllhagel.
Tief durchatmen. Den Beobachtern zunicken.
Ich suchte alle noch erkennbaren Elemente heraus und arrangierte sie zu einerArt makabrem Skelett.Während ich jedes Fragment an seinen Platz legte, untersuchte ich es nach Hinweisen auf Schussverletzungen.
Um konzentriert zu bleiben, rief ich mir das Basiswissen wieder ins Bewusstsein.
Schusswunden werden kategorisiert nach der Entfernung zwischen Schütze und Opfer. Ein Kontaktschuss, bei dem dieWaffe ins Fleisch gedrückt wird, kann R uß, einen Mündungsabdruck oder sogar eine durch dieTreibgase der Patrone erzeugte Platzwunde hinterlassen. Man nennt das auch einen aufgesetzten Schuss. Ein Schuss aus mittlerer Entfernung, bei dem der Schütze relativ nah am Opfer steht, kann eineTüpfelung, auch Pulvertattoo genannt, hinterlassen. Bei einem Schuss aus größerer Entfernung ist der Bereich der Pulvertüpfelung deutlich erweitert.
Doch das alles war hier unwichtig. Es gab ja kein Fleisch mehr. Und nach den Zeugenaussagen war Gross zwischen zehn und fünfzehn Meter vonAqsaee und Rasekh entfernt gewesen.
Und ich sah rein gar nichts.
»Mit was für einerWaffe hat Gross geschossen?«, fragte ich. Ich erinnerte mich zwar an die NCIS -Akte, wollte mich aber der grundlegendenTatsachen versichern.
»Einer M16. Standardwaffe der Marines.«
» Wie viele Schüsse?« Ich redete auch, um meine Nervosität zu überspielen.
»Die M16 hat ein 30-Schuss-Magazin. Gross hat seins komplett leer geschossen.«
Das war Overkill, auch bei zwei Zielen.
» Was für Munition?«
»NATO-Standard 5,56 Millimeter.«
»Geschwindigkeit?«
»940 Meilen pro Sekunde.Alles unter tausend: Popcorn!«
Auf seine nicht sehr charmanteArt spielte Blanton auf eine Ereignissequenz an, die bei gewissenTypen von Projektilen auftritt.Wenn die Kugel taumelt oder giert, also sich dreht, kann sie beimAufprall zersplittern, was Metallsplitter ins umgebende Fleisch jagt. DieseArt vonWunde kann viel mehr Schaden anrichten als ein glatter Durchschuss.
»Steht in den Zeugenaussagen irgendwas über die Schussabfolge?«, fragte ich.
Blanton schaute in seinen Unterlagen nach.
»Zeugen berichteten, einen Feuerstoß, eine Pause und dann noch einen Feuerstoß gehört zu haben.Aber alle sagen dasselbe. Es herrschte totales Chaos.«
Ich schaute zu denAbgesandten hoch. Ihre grimmigen, entschlossenen Gesichter klebten noch immer an der Scheibe. Ich stellte mir vor, dass meins ähnlich aussah.
Als ich den gesamten Inhalt von Rasekhs Leichensack sortiert hatte, formulierte ich während der Untersuchung, was ich sah.Wie es meine Gewohnheit war, arbeitete ich mich vom Kopf zu den Füßen vor.
»Identifizierbare Schädelmerkmale deuten auf einen Mann mittlerenAlters hin.« Ich zählte sie auf. »Gebiss fragmentiert und unvollständig, aber nachAlter und Geschlecht vereinbar mit der ZielpersonAbdul Khalik Rasekh.«
»Ist das wirklich nötig?« Blanton klang ungeduldig.
»Dinge werden verwechselt, Erinnerungen verblassen. Die Identifikation ist der erste Schritt einer jeden Exhumierung.«
Ich untersuchte weiter die Fragmente und dokumentierte Merkmale, die für Rasekhs biologisches Profil relevant waren. Ein Fragment der Schambeinfuge bestätigte meineAltersschätzung. Die Form des Schambeins zeigte, dass es das eines Mannes war.
Aber die Splitter, Bruchstücke und Brocken, die denTorso darstellten, waren zu zertrümmert und abgeschürft, um Informationen über dieTodesursache zu liefern.
Obwohl ich beschlossen hatte, ruhig zu bleiben, schlich sich Erregung in meine Stimme. Blanton bemerkte es.
»Alles okay, Doc?«
»Bestens.«
Ich strich mir die Haare aus der Stirn und schaute mir noch einmal jedes Bruchstück von Rasekhs Oberkörper an, diesmal jedoch mit der Lupe.
Während ich arbeitete, kehrten die Kopfschmerzen von heute Morgen zurück. In der Brust spürte ich eine gewisse Enge. Ich hatte gesagt, eine Geschossbahn sei leicht zu analysieren. Man hatte mich siebentausend Meilen geflogen, damit ich genau das tat. Bis jetzt war es mir noch nicht gelungen.
Ich untersuchte eben ein zwanzig Zentimeter langes Segment des Oberarmknochens, als ich ein fast unsichtbares Spritzmuster quer auf der Oberfläche entdeckte.
»Hier
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