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Totengeld

Totengeld

Titel: Totengeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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nicht kontrollieren konnte, einem, das sie zwischen wilder Euphorie und schwärzester Depression hin und her trieb. In Zeiten der Hochstimmung genoss sie es, die neueste Mode zu tragen, und das Sehen und Gesehen-Werden auf den besten Partys, in Konzerten und in Restaurants. Wenn es dann bergab ging, kamen die Tränen, der Rückzug, die geschlossene Schlafzimmertür. Wenn Mama alles erreicht hatte, was sie wollte, war ihr alles andere egal.
    Als Kind haben mich die Stimmungsschwankungen meiner Mutter verwirrt. Als Erwachsene verstehe ich sie noch immer nicht ganz.
    Und ich mache mir Sorgen, dass auch meine Schwester die Dämonen meiner Mutter in sich trägt. Jedenfalls gibt es Hinweise darauf.
    Persönliche Probleme habe ich mit Harry noch nie besprochen. Der Kampf mit der Flasche. Eine kaputte Ehe. Eine Tochter, die sich freiwillig für den Kampfeinsatz gemeldet hatte, ohne mit mir darüber zu sprechen. Eine Fernbeziehung mit einem Mann, der telefonisch nicht zu erreichen war. Bei meiner Vorgeschichte war ich kaum in der Position, anderen gute Ratschläge zu erteilen.
    Trotzdem hörte ich mir ihre Nachrichten an. Aber heute Morgen würde Harry warten müssen.
    Falsch. Das Telefon klingelte, als ich an der Hintertür war.
    »Wie sind die Stilettos, die wir dir besorgt haben?«
    »Ich hatte sie vor Gericht an.« Und sie dann weggeworfen.
    »Schätze, den Geschworenen sind die Augen rausgefallen.«
    »Hm. Hör zu, Harry. Ich muss in die Arbeit –«
    Doch meine kleine Schwester ließ sich nicht abwimmeln. Stattdessen setzte sie zu einer Geschichte über eine defekte Schwimmbeckenpumpe, Algen und nicht lieferbare Ersatzteile an, bevor sie sich ohne nennenswerte Atempause über einen Kerl namens Thorn ausließ.
    »Ich dachte, du triffst dich mit einem Astronauten. Orange Curtain.« Als ich den Namen zum ersten Mal sah, hielt ich ihn für einen Tippfehler. »Oder einen Kerl namens Bruce.«
    »Orange hatte das Hirn eines Papageis. Moment. Das ist unfair den Vögeln gegenüber.«
    Ich klemmte mir das Handy zwischen Schulter und Kopf, trat nach draußen und drehte mich, um die Tür zu schließen. Keine gute Idee. Das Ding rutschte mir weg und fiel die Stufen hinunter.
    »– die Ware direkt in meinem Wohnzimmer. Warum sind die Männer nur immer so stolz auf ihre Genitalien?«
    »Orange ist also weg vom Fenster.«
    »Den bringen auch sieben Karat nicht mehr durch meine Tür.«
    »Hast du vor, Tory zu besuchen?«
    Die Antwort war Schweigen.
    Im letzten Sommer hatte Harry erfahren, dass ihr Sohn Kit inzwischen eine Tochter im Teenageralter hatte, gezeugt mit gerade einmal sechzehn Jahren. Und ich hatte erfahren, dass ich eine Großnichte hatte. Vater und Tochter lebten zusammen in Charleston, South Carolina. Harry war über die Nachricht, dass sie Großmutter war, nicht gerade erfreut gewesen.
    »Harry?«
    »Weißt du noch, was für ein Spinner Kit in der Highschool war. Wie zum Teufel kann er für eine Vierzehnjährige ein guter Vater sein?«
    »Ich glaube, er ist erwachsen geworden. Und Tory ist ein gescheites Mädchen.«
    »Das hast du gesagt.«
    »Du bist ihre Großmutter.«
    »Auch das hast du gesagt.«
    Im MCME blinkte mein Telefon wie ein Stroboskop auf Speed.
    Ich gab den Code für meine Mailbox ein, weil ich dachte, Slidell hätte angerufen.
    Doch es war Capote.
    »Dr. Brennan. Könnten wir bitte so schnell wie möglich miteinander sprechen?«
    Nach dem Gespräch mit Harry war ich ziemlich optimistisch gestimmt. Gelassen.
    Die Ruhe zerplatzte wie eine Seifenblase im Sonnenlicht.
    Warum diese negative Reaktion auf Dew? Bundesagenten sind berüchtigt für ihre Verachtung örtlicher Strafverfolgungsbehörden. Doch er hatte mir gegenüber keinerlei Herablassung gezeigt.
    Ja, Dew hatte Informationen vorenthalten. Ja, er hatte sich geweigert, mir bei meiner Unbekannten zu helfen. Trotzdem ging ich davon aus, dass er wirklich das Gefühl hatte, seine Pflicht zu erfüllen.
    Warum misstraute ich dem Kerl dann?
    Argwöhnte ich, dass er mich ausspielen wollte?
    Weil ich versucht hatte, ihn auszuspielen?
    Ich rief im ICE an, verlangte Dew und wurde von einer müde klingenden Empfangsdame in die Warteschleife gelegt.
    Eine ganze Minute später meldete sich Dew.
    »Es tut mir sehr leid, dass ich Sie habe warten lassen, Dr. Brennan.«
    »Kein Problem. Was gibt’s?«
    »S&S Enterprises.«
    »Die nicht börsennotierte Firma.«
    »Ich hasse verschlossene Türen.«
    »Tun wir das nicht alle?«
    »Doch diese war nicht so fest

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