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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Achseln und vergrub das Gesicht in seinem Glas. In der Stille bemerkte ich, dass Justin tiefrot angelaufen war, bis zum Haaransatz.
    »Die Tage danach«, sagte Abby, »waren die reinste Hölle. Sie hatten uns erzählt, dass du auf der Intensivstation bist, im Koma, die Ärzte wären nicht sicher, ob du durchkommst, aber sie wollten uns nicht zu dir lassen. Wir mussten ihnen die Würmer aus der Nase ziehen, nur um zu erfahren, wie es dir ging. Aber sie haben immer nur gesagt, dass du noch nicht tot bist, was auch nicht unbedingt tröstlich war.«
    »Im Haus und in der ganzen Umgebung wimmelte es von Polizei«, sagte Rafe. »Sie haben dein Zimmer auf den Kopf gestellt, die Wege abgesucht, sogar Teile vom Teppichboden rausgenommen … Sie haben uns so oft vernommen, dass ich anfing, mich zu wiederholen, ich konnte mich nicht erinnern, was ich schon zu wem gesagt hatte. Und selbst wenn sie mal nicht da waren, waren wir ständig auf der Hut. Daniel meinte, sie könnten das Haus nicht verwanzen, das wäre nicht legal, aber Mackey scheint mir nicht zu der Sorte zu gehören, die sich großartig um Formalitäten schert. Und überhaupt, Bullen im Haus zu haben ist wie Ratten oder Flöhe haben oder so. Auch wenn du sie nicht siehst, kannst du fühlen , dass sie irgendwo sind, irgendwo herumkrabbeln.«
    »Es war furchtbar«, sagte Abby. »Und Rafe kann von mir aus so viel über das Pokern lästern, wie er will, aber ich bin verdammt froh, dass Daniel uns dazu gebracht hat. Wenn ich vorher überhaupt je daran gedacht hätte, hätte ich vermutet, ein Alibi zu geben, dauert höchstens fünf Minuten: Ich war hier, alle anderen sagen das Gleiche, Ende, aus. Aber die haben uns stundenlang ausgequetscht, immer wieder, wollten jede noch so winzige Einzelheit wissen – um wie viel Uhr haben Sie mit dem Kartenspielen angefangen? Wer hat wo gesessen? Mit wie viel Geld hat jeder von Ihnen angefangen? Wer hat als Erster die Karten ausgegeben? Haben Sie Alkohol getrunken? Wer hat was getrunken? Welchen Aschenbecher haben Sie benutzt?«
    »Und dauernd haben sie versucht, uns Fallen zu stellen«, sagte Justin. Er griff nach der Flasche. Seine Hand zitterte, ganz leicht. »Wenn ich eine ganz einfache Antwort gegeben hab – wir haben gegen Viertel nach elf angefangen, so was zum Beispiel –, hat Mackey oder O’Neill oder wer immer gerade an dem Tag dran war, so ein irritiertes Gesicht gemacht und gesagt, ›Sind Sie sicher? Ich glaube nämlich, einer von ihren Freunden hat gesagt, es sei um Viertel nach zehn gewesen‹, und hat angefangen, Notizen durchzublättern, und ich bin zur Salzsäule erstarrt. Ich meine, ich wusste ja nicht, ob einer von den anderen sich einfach nur vertan hatte – wäre schließlich kein Wunder gewesen, so fertig, wie wir alle waren, wir konnten ja kaum einen klaren Gedanken fassen – und ob ich das bestätigen sollte, von wegen, ›Ach ja, stimmt, mein Fehler‹, oder so. Aber ich bin immer schön bei meiner Version geblieben, was auch genau das Richtige war, wie sich herausstellte – es hatte sich nämlich keiner von euch vertan, die haben bloß geblufft –, aber das war pures Glück: Ich war vor Angst wie gelähmt, ich hätte gar nichts anderes sagen können. Wenn es noch sehr viel länger gegangen wäre, hätten wir alle den Verstand verloren, glaub ich.«
    »Und wofür das alles?«, fragte Rafe. Er setzte sich so abrupt auf, dass ihm fast die Karten vom Schoß gerutscht wären, und fischte seine Zigarette aus dem Aschenbecher. »Mich wundert ja nach wie vor, dass wir Daniel einfach so geglaubt haben. Er hat von Medizin so viel Ahnung wie von Raumfahrttechnik, aber als er uns erzählt hat, Lexie wäre tot, haben wir einfach angenommen, es stimmt. Wieso glauben wir ihm eigentlich immer?«
    »Aus Gewohnheit«, sagte Abby. »Er hat normalerweise recht.«
    »Findest du?«, fragte Rafe. Er saß wieder entspannt mit dem Rücken gegen die Sofaarmlehne, aber in seiner Stimme schwang ein gewisser Ton mit, der sich gefährlich hochschraubte. »Diesmal lag er jedenfalls gehörig daneben. Wir hätten einfach einen Krankenwagen rufen können, wie ganz normale Menschen, und alles wäre prima gewesen. Lexie hätte niemals Anzeige erstattet oder so, und wenn einer von uns auch nur mal eine Sekunde drüber nachgedacht hätte, wären wir von allein draufgekommen. Aber nein, wir überlassen alle Entscheidungen dem guten Daniel, machen den Quatsch mit diesem Irrenhauspoker mit –«
    »Er wusste doch nicht, dass alles gut

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