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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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Grabsteinsymbolik erfahren möchten, habe ich ein paar Bücher, die Sie vielleicht hilfreich finden.«
    Es war wahrscheinlich keine gute Idee, ihn ins Haus zu bitten, doch er brauchte Hilfe, und im Moment waren seine Geister sicher hinter dem Schleier verstaut.
    Ich führte ihn durch den seitlichen Garten ins Haus und dann durch die Küche nach hinten in mein Arbeitszimmer. Das Sonnenlicht, das durch die hohen Fenster in den Raum flutete, war weich und gelb und durchwirkt von glitzernden Staubpartikeln.
    Ich ging meine Sammlung durch, nahm ein paar Bände heraus und drehte mich um, um sie Devlin zu geben. Sein Blick war auf eine Reihe gerahmter Fotografien an der Wand gerichtet.
    Er trat näher hin, um sie genauer anzusehen. »Haben Sie die Bilder selbst aufgenommen?«
    »Ja.« Sein prüfender Blick machte mich seltsam nervös. Ein paar Fotos hatte ich auf meinem Blog Gräber schaufeln veröffentlicht, aber sonst hatte noch nie jemand meine Bilder gesehen.
    »Sie haben den Film zweimal benutzt. Interessant, wie Sie die alten Friedhöfe über die Stadtansichten gelegt haben. Damit umreißen Sie ein klares Thema und nehmen einen klaren Standpunkt ein. Und vermitteln eine versteckte Botschaft, fürchte ich.«
    Ich stellte mich neben ihn. »Eigentlich nicht. Wie in der Grabsteinkunst liegt die Botschaft auch hier im Auge des Betrachters.«
    Er betrachtete die Bilder noch eine ganze Weile. »Ich finde sie   … einsam. Wunderschön, aber sehr einsam. Sie lösen Beklommenheit aus in mir.« Er schaute mich an. »Tut mir leid. Das meine ich nicht als Beleidigung.«
    »Ich habe es auch nicht so aufgefasst. Ich bin froh, dass sie Gefühle in Ihnen wecken.«
    Forschend sah er mich an. »Sie mögen Friedhöfe, nicht wahr?«
    »Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt«, erwiderte ich achselzuckend.
    »Ich glaube, dass sie noch mehr sind.« Er wandte sich wieder den Fotografien zu und legte die Stirn in Falten. »Man kann die Vereinsamung spüren, aber nicht auf den Friedhöfen. Sondern in den Städten. Unter den Menschen. Diese Bilder sind ziemlich entlarvend, denke ich«
    Ich unterdrückte ein Schaudern. Bei seiner Bemerkung fühlte ich mich entblößt und verwundbar. »Ich würde da nicht allzu viel hineininterpretieren. Es macht mir Spaß, mit interessanten Gestaltungsmöglichkeiten und verschiedenen Techniken herumzuspielen. Es hat keine tiefere Bedeutung.«
    »Das sehe ich anders«, meinte er. »Aber diese Unterhaltung setzen wir vielleicht lieber ein andermal fort.«

SIEBEN
    »Hier.« Ich gab ihm die Bücher. »Schauen Sie sie doch gleich mal durch, während ich mir die Hände wasche.«
    Er setzte sich auf die äußerste Kante der Chaiselongue in der Ecke und fing an, in einem der Bücher zu blättern, und ich lief den Flur hinunter.
    Im Bad wusch ich mir Gesicht und Hände, band mir den Pferdeschwanz neu und zog ein frisches T-Shirt an. Darüber hinaus hielt ich mich nicht damit auf, in den Spiegel zu schauen. Ich neige dazu, ein bisschen zu streng mit mir zu sein, obwohl ich sehr wohl weiß, dass ich attraktiv bin. Ich bin das, was die Leute eine unauffällige Schönheit nennen. Blonde Haare, blaue Augen, ein hübscher Teint und ein schön geschwungener Mund. Ich bin dünn, aber durch die jahrelange körperliche Arbeit auf den Friedhöfen habe ich straffe, ausgeprägte Muskeln. Ich ernte zwar immer wieder bewundernde Blicke, doch man würde mich nie als exotisch oder sinnlich bezeichnen, so wie die Frau, von der Devlin heimgesucht wurde. Warum mir das doch ein bisschen etwas ausmachte, darüber wollte ich lieber nicht nachdenken.
    Ich konnte höchstens zehn Minuten weg gewesen sein, aber als ich wieder in mein Arbeitszimmer kam, lag Devlin ausgestreckt auf der Chaiselongue und schlief tief und fest. Eines der Bücher lag auf seiner Brust, das andere neben ihm auf dem Boden.
    Das war eine unerwartete Wendung der Ereignisse.
    Ich ging zum Sofa und starrte auf ihn hinunter. Eine Locke seines dunklen Haares fiel ihm in die Stirn, und ich widerstand dem Drang, sie ihm zurückzustreichen.
    Ihn zu berühren kam nicht infrage. Also rief ich stattdessen seinen Namen, aber er wachte nicht auf.
    Er schien so tief abgetaucht zu sein, dass ich mich scheute, ihn aufzuschrecken. Immerhin war er ja Detective bei der Polizei und bewaffnet.
    Ich war in der Zwickmühle und überlegte, ob ich ihn vielleicht einfach schlafen lassen sollte. Er war vermutlich erschöpft, und er sah so friedlich aus. Aber es war eine seltsame Situation. So

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