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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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Augen und die hohlen Wangen machten ihn mindestens zehn Jahre älter, je nachdem, von welcher Seite man ihn ansah und wie das Licht war. Sein Blick hatte etwas Beunruhigendes. Und ich dachte wieder, dass dieser Mann ein besonderes Wissen hatte. Dass dieser Mann viele dunkle Dinge gesehen hatte.
    Aber solche morbiden Spekulationen erschienen fehl am Platz in einem sonnendurchfluteten Garten, wo die Luft geschwängert war vom Duft der Magnolienbäume des Nachbarn.
    Er streckte mir eine Hand entgegen, und widerstrebend nahm ich sie und erlaubte ihm, mir beim Aufstehen zu helfen. Ein Schauer lief mir über den Arm, ein elektrischer Schlag, der die Welt für einen kurzen Moment stillstehen ließ, bis ich wieder zu Atem kam.
    Ich zog meine Hand weg und fragte mich, ob er es auch gespürt hatte. Doch entweder hatte es überhaupt keine Wirkung auf ihn gehabt, oder er war genauso ein Experte darin, seine Gefühle zu verbergen, wie ich.
    Dann drehte er ganz leicht den Kopf, und ich bemerkte ein seltsames Pochen an seiner Schläfe, so als wäre er vielleicht, nur vielleicht, doch nicht ganz so gelassen, wie er mich glauben machen wollte.
    Ich dachte kurz darüber nach. Fühlte ich mich wegen seiner Reaktion besser oder schlechter? Auf jeden Fall erregte es mich. Mein Herz hämmerte immer noch in meiner Brust, und ich atmete tief durch, damit es sich beruhigte. Ungeschickt wischte ich mir meine schmutzigen Hände an den Shorts ab. »Was führt Sie so früh hierher? Haben Sie etwa meinen Aktenkoffer gefunden?«
    »Nein, leider nicht. Ich möchte mich mit Ihnen über die hier unterhalten.« Er hielt mir Ausdrucke der Fotografien hin, die ich ihm am Vorabend gemailt hatte, und ich sah, dass es sich bei dem obersten Bild um das Foto des Grabes handelte, in dem man das Opfer verscharrt hatte. »Haben Sie einen Blick darauf geworfen?«
    »Ja. Dieses spezielle Foto habe ich mir gestern Abend mit einem Vergrößerungsglas angesehen. Aber ich habe nichts gefunden, was darauf schließen lässt, dass sich jemand an dem Grab zu schaffen gemacht hat.«
    »Wann haben Sie diese Fotos aufgenommen?«
    »Letzten Freitag. Ich müsste sie mir digital ansehen, um Ihnen die genaue Zeit nennen zu können, aber wenn man die Lage des Grabes berücksichtigt, muss es irgendwann am Nachmittag gewesen sein. Ich war mit diesem Bereich gegen fünfzehn Uhr fertig und wollte gerade auf dem älteren Friedhofsabschnitt weitermachen, da hat es sich zugezogen, und ich hatte nicht mehr genug Licht. Ich habe alles zusammengepackt und bin noch vor vier gegangen. Hilft Ihnen das weiter mit dem Zeitrahmen?«
    »Das ist schon mal ein Anfang.«
    Er blickte auf das Foto hinunter, und ich starrte auf seine Hände. Sie waren kraftvoll und elegant, diese Hände. Und warm. Mir war immer noch ganz heiß von seiner Berührung vorhin. Und ich musste mich etwas anderes fragen: Wenn ich schon so heftig reagierte, nur weil seine Finger meine Hand umfassten, wie würde es da erst sein, wenn er mich küsste?
    Aber das würde nie passieren. Ich konnte nicht zulassen, dass es passierte. Auch wenn Devlin noch so entgegenkommend war.
    Er betrachtete mich mit undurchdringlichem Blick. Ich war froh, dass er meine unpassenden Gedanken nicht lesen konnte, obwohl ich mir sehr gewünscht hätte, seine lesen zu können.
    »Sie sagen, Sie hätten nichts gefunden, was darauf schließen lässt, dass sich jemand an dem Grab zu schaffen gemacht hat, aber ist Ihnen vielleicht irgendetwas anderes aufgefallen? Irgendetwas Ungewöhnliches oder Unpassendes auf diesem oder auf einem der anderen Bilder?«
    »Was zum Beispiel?« Ich beugte mich vor, um den Korb mit den Muscheln und Steinen aufzuheben. Ein paar kullerten heraus, und er bückte sich, um sie wieder einzusammeln. Wieder fiel mir die silberne Kette auf, die an seinem Hals schimmerte, und ich erhaschte einen ganz kurzen Blick auf ein dunkles Medaillon, das aus seinem Hemdkragen baumelte, als er sich vorbeugte.
    Er richtete sich wieder auf, und das Medaillon glitt wieder an seinen Platz zurück.
    »Sie sind die Expertin.«
    »Ich hatte noch keine Gelegenheit, die anderen Bilder genauso gründlich zu untersuchen, darum kann ich dazu noch nichts sagen. Das Einzige, was an diesem besonderen Grab irgendwie ungewöhnlich ist, ist die Position des Grabsteins. Die Inschrift zeigt weg vom Grab.«
    Er schaute wieder auf das Foto. »Woher wollen Sie das wissen? Die Gräber stehen ja schließlich nicht in ordentlichen Reihen, und der Pflanzenbewuchs ist so

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