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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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Friedhofsrestaurateurin.«
    »Aha. Na ja, das ist zur Abwechslung mal ein faszinierender Beruf.« Meakin stand da, die rechte Hand über die linke gelegt, eine verklemmt wirkende Haltung, sodass er aussah, als versuchte er, irgendein nervöses Muskelzucken unter Kontrolle zu halten. »Ich liebe Friedhöfe. Wir können sehr viel von den Toten lernen.«
    Genau das Gleiche hatte Devlin heute gesagt, allerdings in einem völlig anderen Zusammenhang.
    »Es wird dich freuen zu hören, dass Amelia vom Ausschuss beauftragt wurde, Oak Grove zu restaurieren.« Ethan warf mir einen zerknirschten Blick zu. »Tut mir leid. Ich weiß, dass ich damit die Katze aus dem Sack lasse, aber nach allem, was passiert ist, glaube ich nicht, dass das noch irgendeine Rolle spielt.«
    Ein Schatten huschte über Meakins vogelartige Züge. »Furchtbare Geschichte. Ich begreife einfach nicht   …«
    »Ja, ganz furchtbar«, pflichtete Ethan ihm bei. Sie wechselten einen Blick. »Haben Sie schon lange auf dem Friedhof gearbeitet, als man die Leiche fand?«, wollte Meakin von mir wissen.
    »Ein paar Tage. Ich hatte gerade erst angefangen, meine Fotos zu machen.«
    Er schüttelte den Kopf. »So ein Jammer. Ich hoffe sehr, dass Sie mit dem Restaurieren weitermachen können, sobald sich die Dinge wieder normalisiert haben. Was immer das heißt«, fügte er mit einem ironischen Lächeln hinzu. »Oak Grove ist der Emerson University schon seit Jahren ein Dorn im Auge. Ich verstehe nicht, wie man den Friedhof so lange in einem sobeklagenswerten Zustand belassen konnte. Eine Frage der Zuschüsse, schätze ich.«
    »Das ist nicht ungewöhnlich. Die Instandhaltung von Friedhöfen ist ziemlich teuer, und andere Dinge gehen vor. Wenn sich die Pforten verlassener Friedhöfe erst einmal schließen, vergessen die Menschen leicht, dass es sie gibt.«
    »Aber jetzt sind Sie ja da, um das alles wieder zu neuem Leben zu erwecken.« Er blickte zu mir herunter, strahlte mich an, und seine kleinen weißen Zähne schimmerten im Kerzenlicht. »Wissen Sie, eigentlich besteht Oak Grove ja aus zwei Friedhöfen. Und vor allem auf dem älteren Abschnitt gibt es eine Reihe von interessanten historischen Besonderheiten, zu denen unter anderem ein paar Grabplatten gehören, die von den Bighams gemeißelt wurden«, sagte er und erwähnte damit den Namen einer berühmten Steinmetzfamilie.
    »Mich fasziniert besonders das Bedford Mausoleum«, erzählte ich ihm. »Bis jetzt konnte ich allerdings geschichtlich noch nicht viel darüber in Erfahrung bringen.«
    »Ach ja, das Bedford Mausoleum«, murmelte er und wechselte erneut einen Blick mit Ethan. »Ich würde dieses Thema liebend gern vertiefen, aber ich sehe, dass der arme Ethan schon jetzt so gelangweilt ist, dass er ganz glasige Augen bekommt.«
    »Dann vielleicht ein andermal?«
    »Es wäre mir ein Vergnügen. Mein Büro ist in der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, im zweiten Stock. Sie können jederzeit vorbeikommen.«
    »Danke. Von dem Angebot werde ich gern Gebrauch machen.«
    »Das will ich doch hoffen. Bis dahin   … genießen Sie Ihr Abendessen.«
    Er trat vom Tisch weg, drehte sich um und wäre fast mit Temple zusammengeprallt.
    »Daniel.«
    »Temple.«
    Sie unterhielten sich einen Moment, dann nahm Temple wieder auf ihrem Stuhl Platz. »So ein Spinner«, meinte sie mit einem Schaudern.
    »Daniel? Der ist gar nicht so übel«, erwiderte Ethan. »Er hat nur leider eine eingeengte Sichtweise.«
    »Mir ist er nicht geheuer. Ich traue Leuten nicht, die eine dermaßen blasse Haut haben. Es sei denn natürlich, die Leute sind tot.« Temple schüttelte ihre frische Serviette aus. »Er hat übrigens versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    »Was? Nein. So etwas würde er nie tun.« Ethan bedachte sie mit einem erbosten Blick. »Wie um alles in der Welt kommst du bloß auf so was?«
    »Ich hab ihn einmal aus dem Biologielabor kommen sehen. Er war gerade dabei, seine Manschetten herunterzuziehen   – ist dir schon mal aufgefallen, dass er immer Sachen mit langen Ärmeln anhat, sogar im Sommer? Jedenfalls habe ich die Narbe gesehen.«
    Sie legte die Serviette auf ihren Schoß und strich sie glatt. »Ich denke, ich sollte nicht so abfällig über den armen Kerl reden. Wenn man es recht bedenkt, sind wir alle ein bisschen seltsam: du, ich, Camille, Daniel. Vielleicht war in Emerson irgendwas im Wasser.«
    »Da könntest du richtig liegen«, entgegnete Ethan mit einem Funkeln in den Augen. »Amelia scheint die einzig Normale

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