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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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Grund hatte, hinter mir her zu sein, nachdem ich Devlin sämtliche Fotos geschickt hatte, aber jetzt machte ich mir Sorgen   …
    Was, wenn ich irgendetwas gesehen hatte, von dem ich überhaupt nicht wusste, dass ich es gesehen hatte? Was, wenn auf diesen Fotos irgendetwas zu sehen war   – ein verstecktes Symbol   –, das nur ich deuten konnte?
    Was, wenn ich wirklich der Schlüssel war, der den Mord an Hannah Fischer aufklären konnte?
    Draußen frischte der Wind auf. Ich konnte das Rascheln der Äste gegen das Haus hören und das leise Klirren des Windspiels im Garten. Ich lag da und fröstelte, obwohl die Nacht lau war und warm.
    Ich schob eine Hand unter der Bettdecke hervor und griff nach Essies Amulett, das auf dem Nachttisch lag. Der kleine Beutel hatte einen moderigen Geruch, der mir bis jetzt überhaupt nicht aufgefallen war. Ich wollte ihn schon wieder auf die Nachttischkante zurückwerfen, doch dann legte ich ihn stattdessen unter mein Kopfkissen.
    Wehrt die bösen Geister ab.
    Ich hoffte, dass sie recht hatte.
    Die Augen fielen mir zu, und endlich entspannten sich meine Muskeln.
    Ich sank in einen tiefen Schlummer und nahm nichts mehr wahr: nicht das Quietschen meiner Gartentüre, oder das Heulen des Nachbarhundes, auch nicht die Augen, die mich durch das Fenster beobachteten, während ich schlief. Augen, aus denen der nackte Wahnsinn funkelte.

ZWANZIG
    Das Charleston Institute for Parapsychology Studies befand sich in einer Sackgasse am Rande der historischen Altstadt. Diese Gegend mit den Villen, die noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg stammten, war früher schäbig und heruntergekommen gewesen, aber im Zuge einer Sanierungswelle hatte man die großen alten Damen der Immobilienwelt frisch aufpoliert und ihnen ihren alten Glanz zurückgegeben.
    Mit der Aufmöbelung waren eine Menge ziemlich protziger Schickimicki-Läden gekommen   – Kunstgalerien, Innenausstatter und Antiquitätengeschäfte –, die sich seitdem ein seltsames Stelldichein mit den Tattoo-Studios und den Porno-Videotheken gaben, die diese Gegend in den vorangegangenen zwanzig Jahren geprägt hatten.
    Das CIPS -Gebäude war »die Schönste im ganzen Land«, eine prunkvolle dreistöckige Villa mit weißen Säulen und bezaubernden Innenhöfen und einem Privatparkplatz hinter dem Haus. Ich fand eine Parklücke im Schatten und drehte die Scheiben einen Spalt herunter, damit etwas Luft durchziehen konnte.
    Auf dem Weg vom Parkplatz zum Seiteneingang konnte ich den Blick nicht von dem flackernden Neonsymbol lösen, das die Form einer Hand hatte und an dem Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite angebracht war, wo eine geschäftstüchtige Handleserin namens Madame Weiß-Alles ihren Laden eröffnethatte. Die Ironie, die darin lag, dass sich ihr Etablissement in so unmittelbarer Nähe zu dem eher abgehobenen Charleston Institute for Parapsychology Studies befand, brachte mich nach den letzten Tagen endlich wieder zum Lachen.
    Ich war schon einmal im Institut gewesen, daher wusste ich, wie es dort zuging. Nachdem ich an der Eingangstür geklingelt hatte, wartete ich, bis der Türöffner ertönte, und trat aus der schwülen Vormittagshitze in die kühle, schäbige Eleganz von kristallenen Kronleuchtern und Brokattapeten. Irgendwo im Haus schlug eine Standuhr, was den Eindruck, dass ich in die Vergangenheit gereist war, noch verstärkte.
    Die junge Frau, die erschien, um mich zu begrüßen, trug zwar keinen Reifrock, doch sie war der Inbegriff einer Südstaatenfrau   – goldblondes Haar, golden leuchtende Haut, freundliches Lächeln. Sie hatte ihrem äußeren Erscheinungsbild einen geheimnisvollen Touch verliehen, indem sie ihre blauen Augen mit Kajal umrandet und sich mit Silberringen und Ketten behängt hatte, an denen exotische Anhänger baumelten.
    Sie war neu, war bei meinem letzten Besuch noch nicht hier gewesen, aber sie kannte meinen Namen. Sie führte mich durch den Korridor zu einer breiten Schiebetür, zog sie auf, um mich anzukündigen, und winkte mich dann herein.
    Anders als das übrige Haus war Rupert Shaws Büro spärlich eingerichtet. Das Mobiliar war ein Mischmasch aus schäbigem Sperrmüll, und die geräuschvolle Klimaanlage, die in eines der Fenster eingebaut war, sorgte für Temperaturen zwischen tropisch warm und polarkalt   – je nachdem, wo man saß.
    Was dem Raum an Stil fehlte, machte er durch seinen Inhalt wett. Ein Ausblick auf einen gemütlichen Garten, ein großer Marmorkamin und Bücher   –

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