Totenhaut
dass sie gefunden wird.«
Er führte den Psychologen in sein Büro zurück.
Scheiße, dachte Jon, wie stelle ich es an, ihm zu sagen, dass sich Grays DNA auf Angela Rowlands Leiche befand? McCloughlin hat auch so schon nicht die beste Meinung von meinen Arbeitsmethoden, da muss ich ihn nicht auch noch mit der Nase darauf stoßen, dass ich eine illegale und ungenehmigte DNA-Probe von einem Verdächtigen habe untersuchen lassen. Er folgte seinem Chef in dessen Büro. »Mit Verlaub, Sir, Pete Gray hält definitiv mit etwas hinterm Berg. Er hat freien Zugang zu dem Typ Latexhandschuh, den wir am Fundort von Tyler Youngs Leiche entdeckt haben. Er hat unübliche Arbeitszeiten, fährt einen Lieferwagen mit geschwärzten Fenstern und ist Stammgast bei Single-Abenden in der ganzen Stadt. Das sind doch sicher genügend Anhaltspunkte, um ihn um einen freiwilligen DNA-Abstrich zu bitten?«
Er schaute Dr. Heath an, der McCloughlin mit einer hochgezogenen Augenbraue über seine Brille hinweg ansah.
Doch aus McCloughlins Gesicht war die Farbe gewichen.
»DI Spicer, es gibt noch jede Menge andere Methoden, wie man an diesen Fall herangehen kann, als die Wege, die Sie meinen, sich zurechtbasteln zu müssen. Als Ermittlungsleiter ist es meine Aufgabe, Prioritäten zu setzen. Sie werden dieses Filmmaterial durchgehen, wenn Sie weiter an dieser Ermittlung mitarbeiten wollen.«
»Und wenn wir alles angeschaut haben?«
»Wenn es keine Spur von ihr gibt, dann könne Sie Pete Gray vernehmen. Und jetzt raus mit Ihnen.«
Jon verließ McCloughlins Büro und fand sich inmitten einer aufgeregt diskutierenden Menge. Er ging zu seinem Schreibtisch und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Wie sollte er aus diesem Schlamassel wieder herauskommen? Rick blickte ihn über die Tische hinweg an. »Hast du ihm von deinem fragwürdigen DNA-Test erzählt?«
»Himmel, nein! Wenn ich das getan hätte, wäre ich jetzt schon aus der Ermittlung raus.«
Rick pfiff. »Du segelst ganz schön hart am Wind. Obwohl ich persönlich mein Geld noch immer auf Gordon Dean setze.« Er fügte seiner Mitschrift noch ein paar Notizen hinzu, drehte den Block herum und schob ihn über den Tisch.
Widerwillig begann Jon zu lesen. Teilt sich seine Zeit selbst ein. Fachmann oder Freiberufler, verkauft wahrscheinlich »Luxusgüter«. Hat sein eigenes Fahrzeug. Penibel, was Organisation und persönliche Erscheinung betrifft. Kennt sich in Belle Vue aus. Zufriedenheit spiegelte sich in Ricks Miene. »Diese Kriterien treffen alle auf Gordon Dean zu – jedes Mal, wenn er zu Protex fuhr, musste er durch Belle Vue.«
Jon juckte vor Ärger die Kopfhaut. »Er war’s nicht.«
»Und woher diese Sicherheit?«
»Daher«, antwortete Jon und presste sich die Faust ans Brustbein. »Ich fühle das. Hier drinnen. Er ist nicht unser Mann.«
»Na großartig! Packen wir alle Erkenntnisse der Polizeiarbeit des einundzwanzigsten Jahrhunderts weg und verlassen wir uns wieder auf das gute alte Bauchgefühl.«
Jon schob einen Finger unter Ricks Block und versetzte ihm einen Schubs. »Diesen Beruf kann man nicht angehen wie irgend so ein beschissenes Studium, hier geht es um mehr.«
Rick nahm seinen Block und stand auf. »Ich hol mir einen Kaffee.«
Jon sah ihm nach und wartete, bis er ihn nicht mehr hören konnte. »Leck mich doch, du Klugscheißer«, murmelte er dann.
27
D
ie Halogenspots an der Decke gingen an. Die niedrige Decke des Kellers dämpfte seine Schritte auf dem Betonboden.
Am anderen Ende des kleinen Raums blieb er vor einem Tresen stehen, auf dem seine chirurgischen Instrumente ausgebreitet lagen. Er sah sich das Skalpellset an, wählte eines der Messer und prüfte die Klinge. Das Licht der Spots war so grell, dass er die Augen zusammenkneifen musste.
Mit geübtem Griff löste er die Klinge aus dem Halter und warf sie in einen Schwingdeckeleimer, der mit roten Spritzern übersät war. Dann nahm er eine kleine Aluhülle aus einer Schachtel mit der Aufschrift: Karbonstahl. Sterilität bei unversehrter Verpackung garantiert.
Er riss die Folie auf, zog die neue Klinge heraus, steckte sie in den Halter und legte das Skalpell wieder zu den anderen.
Er schloss die Augen und holte Luft. Es gab keine Lüftung, und so hing der durchdringende Geruch von Blut schwer im Raum.
So eine große Auswahl, dachte er. Er öffnete die Augen und blickte auf die Zettel, die neben ihm lagen. Namen und Adressen von Frauen. Hoffnungen und Wünsche von Frauen. Alles war hier aufgelistet. Er
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