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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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und lief eine Weile. Fiona wollte, dass jemand etwas sagte. Wenn sie wieder redeten, würde sie wissen, dass es der Frau gut ging. Die Schritte kamen ins Zimmer zurück.
    Noch immer sagte niemand ein Wort. Das Bett quietschte, jemand ächzte vor Anstrengung, dann fiel etwas Schweres zu Boden. Fiona schlüpfte aus dem Bett. Ihr Herz raste. Die Schritte gingen eine Weile im Zimmer umher, durchquerten es dann langsamer, mühsamer. Sie konzentrierte sich, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, ging auf Zehenspitzen zu ihrer Tür und spähte durch den Spion. Wie in einer Albtraumszene im Film zeigte das Fischauge eine verzerrte Ansicht des Flurs. Sie hörte, wie die Tür des Nebenzimmers aufging, und mit einem Male sah sie nur etwas Braunes. Dann welliges, kastanienbraunes Haar. Dann war er weg. Kurz darauf schlug die Tür zu, die der Rezeption am anderen Ende des Flurs gegenüberlag.
    Sie ging ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Hatte sie wirklich gerade mit angehört, wie eine Prostituierte ermordet wurde? Am Waschbecken standen zwei Gläser, sie füllte eines davon und trank das Wasser gierig aus. Ihre Augen waren blutunterlaufen, und ihr Kopf fühlte sich an, als sei er mit Watte gefüllt. Sie trank noch ein Glas, dann kehrte sie ins Bett zurück. Ein Frösteln durchlief sie, und sie zog die Decke hoch. Die Person hatte etwas über der Schulter getragen, das Fiona den Blick auf sein Gesicht versperrt hatte. Aber was immer er getragen hatte, es war schwer gewesen.
    Sie könnte es Dawn erzählen. Sie hatte gerade die Decke zurückgeschlagen, da krachte die Tür auf, die von der Rezeption auf den Flur führte. Betrunkenes Gelächter.
    Jemand rannte den Flur entlang, kehrte um und rannte zurück. Ein Schlüssel drehte sich, und eine Tür wurde zugeschlagen. Fiona sank wieder aufs Bett. In der Nacht sieht alles immer schlimmer aus, sagte sie sich. Zu Hause wurden harmlose Klappergeräusche zu Einbrechern, die sich an der Terrassentür zu schaffen machten. Das Knarren von Holz waren die Schritte eines Vergewaltigers auf der Treppe. Sie beschloss, bis zum Morgen zu warten, vielleicht brachte das Tageslicht ja alles wieder in die richtige Perspektive. Keineswegs beruhigt, legte sie sich hin und schloss die Augen.
    Sobald es auf ihrer Uhr halb sieben wurde, stieg Fiona aus dem Bett. Sie zuckte zusammen, als das Pochen in ihrem Kopf einsetzte. Sie zog den Vorhang beiseite. Spärliches Tagelicht sickerte ins Zimmer, die Straßenbeleuchtung auf der A57 war noch an. Über dem Parkplatz der Bingohalle lag Nebel. Gott sei Dank, ihr Auto war noch da. Es war das einzige.
    Prüfend betrachte sie ihr Gesicht im Badezimmerspiegel. Der Riss über der Augenbraue sah noch immer böse aus: Die Schwellung war noch nicht völlig zurückgegangen, und unter der Haut bildete sich ein Bluterguss, der laut herausschrie, dass sie mit einem Mann verheiratet war, der seine Frau schlug. Sie zog sich an, rümpfte die Nase über den Mief in ihren Kleidern und dachte noch einmal darüber nach, was in dieser Nacht geschehen war. Sie beschloss, es Dawn zu erzählen, zu hören, was sie darüber dachte.
    Fiona trat auf den Flur und warf einen Blick auf die Tür des Nebenzimmers. Ihr war nicht wohl bei der Sache. Die Tür war nicht richtig zu und gab auf einen Fingerdruck nach. Der Raum sah genau so aus, wie der, in dem sie geschlafen hatte. Mit einem mulmigen Gefühl ging sie an der Badezimmertür vorbei in das eigentliche Zimmer. Die Tagesdecke war straff über das Bett gespannt, die Kissen waren aufgeschüttelt.
    Alles sah völlig unberührt aus. Fiona warf einen Blick ins Bad. Das Waschbecken war staubtrocken, jede Oberfläche sauber gewischt. Es schien ihr möglich, dass sie sich alles nur eingebildet hatte, und weil sie fürchtete, eine misshandelte Frau im Anfangsstadium des Wahnsinns könne ihr entgegenstarren, vermied sie den Blick in den Spiegel.
    Nein. Sie konnte die Gestalt nicht verleugnen, die sie durch ihren Spion gesehen hatte. Wieder betrachtete sie das Bett und dachte an das, was diese Gestalt auf der Schulter getragen hatte. Es war in etwas Braunes eingewickelt gewesen – dieselbe Farbe wie die Decke, die auf dem Bett lag. Fiona wandte sich um und sah im obersten Fach des klapperigen Wandschranks nach. Ein Extrakissen, aber keine Extradecke. Diese Entdeckung gab ihrem Argwohn eine Grundlage, und so kniete sie sich nieder und sah auf allen vieren unter dem Bett nach. An der Sockelleiste lag ein kleiner weißer Gegenstand.

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