Totenklage
alles andere.
Doch als Goodman zwischen den Bäumen hervorgeprescht kam und auf die Hütte zulief, war Jake noch viel zu weit oben. Er sah ihn, sah ihn vorwärtsstürmen, hatte keine Schussmöglichkeit …
Goodman war etwa fünf Meter von der Hütte entfernt, als er die Bewegung wahrnahm, dann das Gesicht erkannte.
Madison Bowe in einem Flanellhemd. Und in ihrer Hand …
Madison legte das Walkie-Talkie weg, nahm die Beretta und trat auf die Veranda. Sie hörte Goodman aus den Bäumen hervorpreschen, bevor sie ihn sah. Sie brachte die Schrotflinte in Anschlag und ließ ihn kommen.
Dann sah sie ihn.
Aus fünf Metern Entfernung schoss sie ihm eine einzige Ladung ins Gesicht, und er klappte wie eine Stoffpuppe zusammen.
Fassungslos stand sie einen Moment reglos da, dann sagte sie nur: »Oh Gott.«
Eine Minute später kam Jake humpelnd und heftig mit den Armen schlenkernd angelaufen. Er blieb neben Goodman stehen, das Gewehr auf Goodmans Herz gerichtet, und stieß ihn mit dem Fuß an. Doch es hatte keinen Sinn, ihn auf Lebenszeichen zu untersuchen, der größte Teil seines Kopfes war weg.
Jake trat auf die Veranda. Sein Gesicht war fast so versteinert wie ihres.
»Was hab ich dir gesagt?«, fragte er.
»Was denn?«
»Ich hab dir gesagt, du sollst den Abzug immer wieder drücken, bis die Waffe leer ist. Diesen Gezielten-Schuss-Scheiß kann ich nicht gebrauchen.« Er warf noch einen Blick auf Goodmans Leiche, trat dann dicht an Madison heran und lehnte seine Stirn gegen ihre. »Das hast du gut gemacht.« Er fing an zu lachen, fühlte sich richtig high vom Adrenalin. »Das hast du verdammt gut gemacht.«
Sie sahen es zwar anders, doch für die Polizei würde es vermutlich Mord sein. Schon der erste Schuss in den Rücken des anderen Mannes war schwer zu erklären. Jake untersuchte die Leiche, die immer noch oben auf der Veranda lag. Der Mann war sofort tot gewesen, in Rückgrat und Herz getroffen. Die Kugel war durch seinen Körper hindurchgegangen und in einen dicken Balken am Fenster eingeschlagen. Das Einschussloch war kleiner als sein kleinster Fingernagel und sah aus wie ein ganz gewöhnlicher Makel im Holz.
»Kann ich etwas tun?«, fragte Madison.
»Sammle alle Patronenhülsen ein, die du finden kannst, die ganzen Hülsen aus Goodmans Waffe. Ich zeig dir die Stellen. Da geht eine Blutspur den Hügel hinauf. Du brauchst Handschuhe, um die Dinger aufzuheben. Fass sie nicht mit bloßen Händen an.«
Er zeigte ihr, wo Goodman den Hang hinaufgestiegen war. »Ich glaub nicht, dass ich alle finde«, sagte sie. »Die sind überall verstreut, sogar in den Bäumen sind welche.«
»Heb so viele auf, wie du kannst.«
Während sie damit beschäftigt war, durchsuchte er die beiden Toten, nahm den Autoschlüssel, steckte die Leichen in zwei der großen Plastiksäcke, zog sie zu seinem Auto und legte sie in den Kofferraum. Nachdem er sie verstaut hatte, machte er sich einen Eimer Seifenlauge und wischte das Blut von der Veranda.
Danach spritzte er mit dem Wasserschlauch die Stellen ab, an denen Goodman Blut verloren hatte und wo er schließlich gestorben war. Jedenfalls versuchte er, so viel wie möglich von der Blutspur zu beseitigen.
Wäre gut, wenn es jetzt mal ordentlich regnete, dachte er und blickte zum Himmel. Gut möglich, dass ihm dieser Wunsch erfüllt wurde.
Madison kam mit einem Beutel voller Hülsen und zwei Magazinen den Hügel herunter. Jake zählte die Hülsen: achtundachtzig von neunzig Patronenhülsen hatte sie gefunden, vorausgesetzt, dass alle drei Magazine voll gewesen waren.
»Was nun?«
»Jetzt kommt der gefährliche Teil«, sagte er. Sie mussten die Leichen und das andere Auto wegbringen.
»Du willst doch nicht etwa immer noch nach Norfolk?«, schrie sie. »Du hast gesagt, wir könnten vielleicht etwas anderes machen. Ich meine, das ist doch verrückt, Jake. Wenn irgendwas schiefgeht …«
»Aber es ist in unserem eigenen Interesse, es ist das Einzige, was uns weiterhilft.«
Madison blieb unnachgiebig, Jake ebenfalls. Während der Fahrt zum Parkplatz gifteten sie sich an. Goodman war mit einem Geländewagen gekommen. Sie fanden ihn auf dem Parkplatz, genau wie Jake vermutet hatte. Als sie ihn mit dem Schlüssel anklickten, blinkten die Rücklichter.
Auf dem Parkplatz standen keine weiteren Autos. Jake lud die Leichen in den anderen Wagen um und warf die Waffen der beiden, die leeren Magazine und einige leere Patronenhülsen dazu. Dann zog er einen der großen
Weitere Kostenlose Bücher