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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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einem Breitbildfernseher, ein kleiner Raum, der als Bibliothek und Arbeitszimmer benutzt wurde, und ein Minibad. Auf der oberen Etage befanden sich das Schlafzimmer mit Bad, ein Gästezimmer und ein dritter Raum, wo er sein Gerümpel versteckte – unbrauchbar gewordene Golfschläger, ein nie benutztes Rudergerät, alte Computer, die nicht mehr gut genug waren, um
damit zu arbeiten, aber zu schade, um sie wegzuwerfen, drei stark abgewetzte Rucksäcke und zwei neuere – er war ein Gepäckfreak. Außerdem hatte er einen Waffensafe, einen Spind für seine Bögen und einen Stapel Koffer.
    Heizungsofen, Waschmaschine und Trockner, Telefonanlage, Elektrozähler sowie der Hauptschaltkasten für die Alarmanlage waren allesamt in einem kleinen Keller untergebracht. Eine Doppelgarage war hinten am Haus angebaut worden und nahm den größten Teil des Hofs ein.
    Er hielt das Haus mit zwei Stunden Putzen pro Woche sauber, gewöhnlich am Samstagmorgen. Er war nicht pingelig, sondern sah das ganz pragmatisch. Zwei Stunden pro Woche waren besser als zwei komplette Tage alle Vierteljahre.
     
    Als er wieder zu Hause war, war für die meisten Leute der Arbeitstag zu Ende. Er setzte sich an den Computer, ging auf die Website des Staates Virginia und suchte nach dem Namen des Stabschefs des Gouverneurs. Er hieß Ralph Goines. Über die Telefondatenbank des FBI ermittelte er dessen geheime Privatnummer und rief ihn zu Hause an. Jake nannte seinen Namen und sagte: »Ich muss mit Governor Goodman reden. Wenn möglich morgen.«
    »Könnte ich dem Gouverneur vielleicht sagen, warum Sie ihn sprechen wollen?«
    »Es geht um Lincoln Bowe. Wenn Sie Randall James’ Sendung gesehen haben …«
    »Die haben wir gesehen. Absolut unverantwortlich«, erklärte Goines. »Mrs. Bowe führt eine Hetzkampagne aus Verleumdungen und versteckten Anspielungen.«
    »Was war denn dann der bullige Typ auf dem Videoband, der mit der Lederjacke?«, fragte Jake. »Verleumdung? Oder versteckte Anspielung?«
    Regierungsbeamten ihre eigenen Worte um die Ohren zu
hauen war eine Methode, sie aufzurütteln. Fünf Sekunden Schweigen. »Wir gehen dem nach. Es war möglicherweise eine abgekartete Sache.«
    »Na schön«, sagte Jake. Er ließ Skepsis in seiner Stimme durchklingen. »Vielleicht kann mir ja der Gouverneur etwas darüber erzählen.«
    Es ging noch eine Weile hin und her, dann hatte er einen Termin. »Also um eins. Seien Sie pünktlich. Der Gouverneur ist ein viel beschäftigter Mann.«
    Jake nickte ins Telefon, sagte »klar doch«, legte auf und wandte sich wieder seinem Computer zu.
    Durch seine Arbeit für Danzig hatte er einen beschränkten Zugang zu Datenbanken der Regierung. Er ging noch einmal in das Telefonverzeichnis des FBI. Die Bowes hatten ein Haus in Georgetown, nicht weit von seinem entfernt, außerdem eins in den Blue Ridge Highlands und eine Adresse in New York. Er fand eine geheime Handynummer für Madison Bowe und wählte sie.
    Beim dritten Klingeln antwortete sie.

3
    Madison Bowe wohnte in einem dreistöckigen Backsteinhaus in Georgetown, ein Stück bergauf in einer Seitenstraße der M Street. Jake bezahlte den Taxifahrer, rückte seine Krawatte zurecht, stieg die Stufen zum Haus hinauf und klingelte. Sie öffnete ihm die Tür, barfuß, mit schwarzer Hose und einem hüftlangen Kimono aus grüner Seide. Sie lächelte nicht, blickte aber auf und fragte: »Sie sind Jacob Winter?«
    »Ja, der bin ich.« Jake hatte sie bisher nur im Fernsehen gesehen, wo jeder bildschirmgerecht zurechtgemacht war und es
hinreißende Blondinen im Dutzend gab, so dass man gar nicht darauf achtete. Aber Madison Bowe war echt, und die Gegenwart dieser Frau haute einen fast um. Sie war kleiner, als er erwartet hatte, hatte kurze blonde Haare, eine wohlgeformte Nase, klare grüne Augen und zartrosa geschminkte Lippen. Sie sprach mit einem weichen Virginia-Akzent, und ihre Stimme hatte einen leicht rauchigen Bourbon-Unterton.
    Sie lächelte immer noch nicht, blickte stattdessen die Stra ße auf und ab und sagte: »Ich hasse es, wenn ich einem Demokraten vertrauen muss.«
    »Ich bitte um Entschuldigung«, erwiderte Jake. »Ich geh auf der Stelle nach Hause und bring mich um.«
    Kleine Blondinen hatten ihm schon immer den Kopf verdreht. Seine Exfrau mochte ihm ja per Luftpost direkt aus der Hölle geschickt worden sein, aber auch sie war eine kleine Blondine gewesen, und bis zum Schluss, selbst noch beim Scheidungsprozess, hatte ihr Anblick ihn schwach gemacht. Das tat

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