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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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Pflaster geklebt. Das sah nicht so toll aus. Er streifte vorsichtig seine Sachen ab und drehte den Kopf, um seinen Rücken zu betrachten. Er hatte zahlreiche Blutergüsse von der Breite eines Billardstocks auf Schulterblättern, Rücken, Hintern und Beinen. Sie waren bereits dunkellila verfärbt, durchsetzt mit roten Striemen. In einer Woche würden sie ein kränkliches Gelbschwarz angenommen haben.
    Wenn Cunningham nicht mit seiner Schrotflinte zur Stelle gewesen wäre, wenn sie genug Zeit gehabt hätten, ihn richtig in die Mangel zu nehmen, hätte er alles gebraucht, was er an Versicherungen hatte … oder gar keine mehr.
     
    Trotz der Blutergüsse und der Kopfschmerzen nahm er sich Pattersons private Telefonnummer und rief an. Er erhielt eine
Abwesenheitsnachricht, die besagte, Patterson wäre in Atlanta und in vier Tagen wieder im Büro zu erreichen. Außerdem wurde seine E-Mail-Adresse genannt und erklärt, dass die Mails täglich gecheckt würden.
    Nein, heutzutage hatte niemand mehr Zeit zu warten. Jake ging ins Netz, holte sich eine Liste von Hotels in Atlanta und begann zu telefonieren. Er fing mit den Hotels an, von denen er glaubte, dass ein politischer Funktionär dort am ehesten absteigen würde.
    Beim dritten Versuch hatte er Glück. Patterson war im Four Seasons.
    Er rief Gina an, erklärte ihr sein Problem, wurde mit dem Reisebüro des Weißen Hauses verbunden und buchte einen Flug, der um ein Uhr auf dem National Airport startete. Er musste sich beeilen.
    Er räumte ein bisschen auf, rasierte sich und duschte, zog sich an, packte einen kleinen Kulturbeutel und Wäsche zum Wechseln in eine Reisetasche und rief ein Taxi.
     
    Der Taxifahrer hieß Charlie, war ein mürrischer Mann und so fett, dass er den Fahrersitz seines ältlichen Chevy völlig durchgesessen hatte. Charlies Kopf ragte knapp über die Rückenlehne und war mit unordentlichen, gelbweißen Zotteln bedeckt, die an Ziergräser erinnerten und in alle Richtungen abstanden. Er arbeitete achtzehn Stunden am Tag und war Jakes Lieblingstaxifahrer. Charlie nahm seine Bestellungen im Hinterzimmer eines Zeitungskiosks entgegen, der rund um die Uhr geöffnet war, und konnte somit stets Zusammenfassungen und Kommentare zu Nachrichten aus dem ganzen Land liefern.
    Er hatte eine Katastrophenmeldung, die Jake noch nicht kannte. »Große Schießerei zwischen der Grenzpolizei und illegalen Einwanderern in der Nähe von El Paso. Da waren auch Chinesen dabei, die wollten wohl hier rüber, und irgendwer
fing an zu schießen. Zwei oder drei tote Grenzpolizisten und ein Haufen toter Chinesen. Was mit den Mexikanern ist, weiß ich nicht. Es heißt, die Grenzpolizisten hätten den Fluss überquert und sie verfolgt …«
    »Oje.«
    »Aber was soll man denn machen?«, fragte Charlie. »Irgendwie muss man die hier raushalten.«
    »Auf das Überqueren der Grenze steht nicht die Todesstrafe«, sagte Jake. »Was ist sonst noch passiert?«
    »In der Hauptsache schlechtes Wetter. Eine Menge Tornados in Oklahoma und Kansas. Irgend’ne kleine Stadt hat’s voll erwischt, aber es ist niemand umgekommen. In Detroit wird immer noch gestreikt. Der kanadische Premierminister hat während einer Pressekonferenz Nasenbluten bekommen und ist ins Krankenhaus gebracht worden. Einer der Geschworenen im Crippen-Prozess ist rausgeflogen, weil man ihn erwischt hat, wie er Prozessnachrichten guckte …«
    Charlie beendete seinen Bericht mit der Bemerkung: »Sie sehen übrigens furchtbar aus. Was ist denn das da auf Ihrem Kopf?«
    »Wurde letzte Nacht überfallen. Die haben mich ordentlich vermöbelt.«
    »Sind Sie okay?«, fragte Charlie. »Sollten Sie überhaupt fliegen?«
    »Die haben mir ein paar Pillen gegeben. Das geht schon.«
    »Na ja. Wissen Sie, Sie haben so was Frankensteinmäßiges an sich mit diesen Fäden, die da hochstehen. Sie sollten sich eine Kappe kaufen.«
     
    Als er auf dem National sein Gate erreichte, hatte er noch fünfzehn Minuten Zeit. Er kaufte sich ein paar Jagdzeitschriften und einen Scientific American sowie eine Baseballkappe, um seine Kopfverletzung zu verdecken. Im Abflugbereich gab es
nicht viel Auswahl an Baseballkappen und nur eine, die passte. Es war eine rosa Kappe mit der Aufschrift Hello Kitty .
    Er nahm die Kappe und stieg ins Flugzeug. Den ganzen Morgen schon hatte er latente Kopfschmerzen gehabt, und jetzt im Flugzeug wurde es schlimmer. So schlimm, dass er während der ersten halben Stunde des Flugs nicht lesen konnte. Er hatte einen

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