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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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sie noch etwas stärker. Das Gel ließ sein Gesicht schmaler aussehen, den Kopf kleiner, wie den eines Dobermanns. Und es ließ ihn auch ein bisschen ordinär wirken. Teuer ordinär. Wie ein Prolet, der in einem Tausenddollaranzug steckte. Umso besser.
    Er starrte sich ein weiteres Mal im Spiegel an, nahm ein 25-Cent-Stück aus der Hosentasche und steckte es sich oben rechts zwischen Zahnfleisch und Wange. Redete mit sich selbst im Spiegel, während er die Münze mit der Wange und durch Druck der Oberlippe festhielt. »Hi. Ich arbeite als Killer für die CIA und bin leicht durchgeknallt. Ich bin gekommen, um dir eine Kugel in den Kopf zu jagen …«
    Nein. Er klang zu nett. Er wollte nicht nett sein, er wollte eiskalt sein. Er probte noch ein bisschen. »Beweg deinen
Scheißarsch auf die Couch, Fettsack …« Mit noch rauerer Stimme: »Beweg deinen Scheißarsch auf die Couch …«
     
    Rosenquist wohnte in einer Eigentumswohnung im zwölften Stock eines Hauses in den sechshunderter Nummern der Park Avenue. Es war ein wuchtiges Gebäude mit einem livrierten Portier. Eine der Bewohnerinnen mit einem Hund an der Leine, der kaum größer war als ein belegtes Baguette, ging vor Jake hinein. Der Portier nickte ihr zu, und sie nahm den Aufzug. Als die Eingangshalle wieder leer war, ging Jake hinein. Der Portier richtete sich auf. »Dr. Rosenquist?«, fragte Jake.
    »Wen soll ich melden?«
    »Andy Carlyle.« Sein Name durfte auf keinen Fall in der Besucherliste des Portiers auftauchen. »Ein Freund von ihm ist gestorben, und ich habe mitgeholfen, die Wohnung auszuräumen. Dabei hab ich einige, äh, persönliche Dinge gefunden, die wahrscheinlich Dr. Rosenquist gehören.«
    Der Portier rief oben an. Nach einem kurzen Gespräch reichte er Jake das Telefon. Jake nahm es. »Hallo?«
    »Hier ist James Rosenquist. Was haben Sie für mich?«
    »Die Frau Ihres Freundes hat mich gebeten, äh, dessen Wohnung auszuräumen.« Er nannte demonstrativ keinen Namen. »Ich habe dort einige, äh, Schmuckstücke gefunden. Aus einer Notiz in seinen persönlichen Papieren geht hervor, dass Sie den Schmuck bekommen sollen. Eines der Stücke ist aus Leder und mit Diamanten besetzt, dazu zwei goldene Ketten.«
    »Geben Sie das Telefon Ralph zurück. Ich sage ihm, er soll Sie raufschicken.« Im Aufzug sprach Jake laut vor sich hin. »Tough und geheimnisvoll. Tough und geheimnisvoll. CIA-Killer. Filmkiller, Filmkiller, Filmkiller …«
    Er betrachtete sich im Spiegel des Aufzugs und strich sich die Haare rasch so zurecht, dass der rasierte Streifen und die Stiche zu sehen waren. Der Frankensteineffekt. Als er fertig
war, fiel ihm eine fettige Haartolle in die Stirn, und das gefiel ihm, eine leicht hitlereske Note zu dem Frankensteineffekt. Er schob die Münze zwischen Zahnfleisch und linke Wange und sagte: »Ich schau dir in die Augen, Kleines.«
    Nein. Er klang schon wieder nett. Nett war falsch, er musste durchgeknallt klingen.
     
    Rosenquist war ein kräftiger Mann mit einem runden Gesicht. Er trug eine Jogginghose, ein T-Shirt von einem Halbmarathon mit der Aufschrift LAUF UM DEIN LEBEN und Hausschuhe. Er wirkte schwammig, hatte etwa fünfzig Pfund Übergewicht und hielt ein Glas in der Hand. Irgendwo aus der Wohnung war Tanzmusik zu hören. Jake nickte mit dem Kopf, hielt seinen Stock und den Aktenkoffer hoch und versuchte, wie ein höflicher CIA-Killer auszusehen. »Dr. Rosenquist?«
    »Kommen Sie lieber herein. Sie haben diese Sachen also in Lincs Wohnung gefunden?«
    Während Rosenquist die Tür schloss, ging Jake rasch zwei Schritte den Flur entlang und blickte ins Wohnzimmer. Leer. Die Musik kam von einer Stereoanlage in der Ecke. Jake wandte sich wieder um und sagte so hart und abgehackt, wie er nur konnte: »Ja, aber wir haben sie bereits entsorgt. Ich hab das nur als Vorwand benutzt, um hier reinzukommen. Ich will wissen, was Sie mit Bowes medizinischen Unterlagen gemacht haben.«
    Rosenquist blieb abrupt stehen, verzog den Mund zu einer Grimasse und sagte mit grollender Stimme: »Verschwinden Sie.«
    »Nein. Wir haben keine Zeit für irgendwelchen Scheiß.« Jake trat näher an ihn heran, dann noch einen Schritt näher. Rosenquist wich zurück. »Sie stecken bis zum Hals in der Sache drin, Rosenquist, und es gibt bereits Verletzte. Ich brauche die Unterlagen.«

    Rosenquist bewegte sich zur Seite und versuchte, mit der Hand die Schalter der Gegensprechanlage zu erreichen. »Ich hol …«
    Plötzlich war die Waffe in Jakes Hand und

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