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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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zeigte auf Rosenquists Schläfe. »Du scheinst den Ernst der Situation nicht zu verstehen, Fettsack«, sagte er. »Man hat mich beauftragt, die Unterlagen zu holen. Und ich werd sie kriegen, egal wie.«
    Rosenquist hatte die Hände erhoben und die Augen weit aufgerissen. »Nehmen Sie die Waffe weg. Sie könnte losgehen, nehmen Sie die Waffe weg.«
    »Die Unterlagen …« Das 25-Cent-Stück verrutschte. Jake hielt es mit der Oberlippe fest. Ein Knurren, ein höhnisches Grinsen.
    »Es gibt keine Unterlagen, es gibt keine Unterlagen«, brabbelte Rosenquist. »Alle Unterlagen, die ich habe, sind in meiner Praxis, aber da steht nichts Wichtiges drin. Er war nie ernsthaft krank.« Doch er log, seine Augen verrieten ihn. Sie wandten sich nervös ab, dann schnellten sie zurück, um festzustellen, ob Jake ihm die Geschichte abkaufte.
    Das tat er nicht, sondern fuchtelte mit der Pistole vor ihm herum. »Ab ins Wohnzimmer. Beweg deinen Arsch auf die Couch, Fettsack.«
    »Es gibt keine Unterlagen …« Rosenquist setzte sich auf die Couch.
    »Wogegen haben Sie ihn behandelt?«, fragte Jake.
    »Ich habe ihn nicht behandelt, ich schwör’s bei Gott.« Er log schon wieder.
    Jake sah ihn an und sagte dann mit freundlicher Stimme: »Ich hab schon einige Leute töten müssen. Beim Militär. Dann noch ein paar außerhalb des Militärs. Sie wissen schon, Geschäfte. Ich hab’s ungern gemacht, aber es musste getan werden. Verstehen Sie, was ich sage? Es musste getan werden. Diese Leute machten Ärger.« Er hoffte, er hörte sich
wie ein Wahnsinniger an. Die Münze verrutschte erneut, und er schob sie zurück.
    »Ja, ja, ich versteh schon.« Rosenquist versuchte es mit einem beschwichtigenden Lächeln, doch seine Stimme klang jammernd und zittrig.
    »Und hier haben wir im Grunde genauso einen Deal«, sagte Jake. »Wenn du dich bewegst, prügel ich dir die Scheiße aus dem Leib.«
    »Hören Sie …«
    Jake ließ die Trommel des Revolvers herausspringen und kippte die Patronen in seine linke Hand. Rosenquist verstummte und beobachtete ihn mit großen Augen. Jake nahm die leere Patrone, auf der sich der Einschlag des Hahns befand. Er hielt sie hoch, damit Rosenquist sie sehen konnte, schob sie zurück in die Trommel und ließ sie zuschnappen.
    »Und jetzt«, sagte er und ließ die Trommel rotieren.
    »Moment mal«, sagte Rosenquist. »Das dürfen Sie nicht tun.«
    Jake richtete den Revolver auf Rosenquists Kopf und drückte ab. Es klickte, doch es passierte nichts. Rosenquist zuckte heftig zusammen. Sein Mund stand offen, und er hatte vor Entsetzen die Augen zusammengekniffen. »Sie haben abgedrückt. Sie haben tatsächlich abgedrückt .«
    Jake ließ die Trommel erneut rotieren. »Yeah, aber es stand eins gegen fünf, dass dir das Ding dein Gehirn wegpustet. Vielleicht aber auch nicht. Ich war noch nie gut in Mathe.« Die Münze verrutschte, und er hielt inne, um sie mit der Zunge zurückzuschieben. Sabberte dabei ein bisschen und wischte sich den Mund mit der Hand ab; sah, dass Rosenquist das Sabbern registrierte. »Es steht angeblich jedes Mal eins gegen fünf, oder? Aber wenn man es oft genug macht, geht das Ding irgendwann los, stimmt’s? Wie viele Male im Schnitt? Du bist doch Arzt, du solltest das in Mathe gelernt haben. Ist es fünfmal
fifty-fifty? Oder zweieinhalbmal fifty-fifty? Ich konnte das noch nie ausrechnen.«
    Er richtete die Waffe erneut auf Rosenquists Kopf. Der Arzt hob die Hände, als wollte er die Kugel aufhalten, und drehte das Gesicht weg. »Er hatte Krebs«, platzte er schließlich heraus.
    »Krebs.« Jake betrachtete ihn über den Lauf des Revolvers. »Wo?«
    »Im Gehirn. Einen Tumor.«
    »Wie schlimm?«
    »Inoperabel.«
    »Wie lange hatte er den schon, bevor er verschwand?«
    »Er hatte ihn vermutlich seit etwa einem Jahr, aber wir wussten es erst seit wenigen Wochen. Wuchs wie verrückt, da konnte man nichts tun. Man merkte es Linc schon beim Gehen an. Er verlor bereits die Kontrolle über sich, physisch und mental. Und er hatte große Schmerzen. Die konnten wir eine Weile behandeln, aber nicht lange.«
    »Hatte er vor, Selbstmord zu begehen?«
    »Ich glaube ja. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie es zu dieser … Enthauptung kam. Ich weiß es nicht. Er hat mir gesagt, ich soll den Mund halten. Er war mein Freund.«
    Jake trat einen Schritt zurück, ließ die Trommel abermals herausspringen und lud die Waffe wieder.
    »Werden Sie mich umbringen?«
    »Das brauche ich gar nicht«, sagte Jake. »Wenn du

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