Totenklage
wiederholen. Jake tat das, beharrte aber darauf, dass das meiste, was er sagte, abgesehen von den Tatsachen über Bowes sexuelle Orientierung und die Krebserkrankung, Spekulation war. »Ich will raus aus der Sache«, sagte er. »Ich mache Recherchen und bin kein Cop. Ich will da raus.«
Novatny sprach mit dem Polizeichef von Madison, teilte Jake das Ergebnis jedoch nicht mit. Um sieben Uhr ließen sie Jake laufen. »Fährst du zurück nach Washington?«, fragte Novatny.
»Ja. Aber erst mal nehm ich mir ein Hotel und schlaf’ne Runde«, erwiderte Jake. »Ich bin wirklich kaputt.«
»Noch eine Sache«, sagte Novatny. »Geh nicht mehr zu Madison Bowe. Sie wird eine wichtige Zeugin sein. Lass dich nicht mit ihr ein.«
»Du kannst mir glauben, ich will da nur noch raus«, sagte Jake.
Jake ging zurück zur State Street, lief durch einige Seitenstra ßen, betrat eine Pizzeria und verließ sie wieder durch den Hintereingang, fand ein öffentliches Telefon in einer Sportbar neben der Toilette und rief Johnson Black an, Madisons Anwalt. Er hatte Glück und erreichte ihn, redete kurz mit Black, dann bestellte er sich an der Bar ein Bier und blieb in der Nähe des Telefons. Madison rief ihn zwanzig Minuten später aus einem Lokal auf der M Street zurück. »Hör mir zu«, sagte er. »Es hat ein Unglück gegeben.«
Er erzählte ihr, was passiert war, dann sagte er: »Die Feds werden in Kürze bei dir erscheinen. Du bestätigst das mit der Homosexualität und erklärst ihnen, warum du es nicht publik machen wolltest – dass du wolltest, dass sich die Ermittlungen auf Goodman konzentrieren, und befürchtet hast, dass damit Schluss wäre, sobald der Aspekt Homosexualität in den Vordergrund tritt. Du erklärst ihnen, Sexualität sei Privatsache, und du hättest keinen Grund zu der Annahme, dass das etwas mit Lincolns Tod zu tun habe. Außerdem sagst du, du hättest keine Ahnung gehabt, dass das Ganze inszeniert war …«
»Hatte ich auch nicht«, erwiderte sie. »Doch jetzt, wo du es sagst … Irgendwie hab ich den Tod dieser jungen Frau verursacht. Wenn ich dich nicht dorthin geschickt …«
»Du hast ihren Tod nicht verursacht«, sagte Jake. »Das war jemand anders. Man kann nicht bei allem, was man tut, die Folgen vorhersehen; dann würde man verrückt. Jemand anders hat sie getötet, nicht du.«
»Aber wenn ich dich nicht hingeschickt …«
»Madison, reiß dich zusammen. Das ist jetzt wirklich wichtig. Wenn du dich unbedingt schuldig fühlen willst, dann wegen etwas, das du tatsächlich getan hast.«
»Aber du weißt noch nicht …«
»Erzähl’s mir später«, sagte Jake. »Nicht am Telefon … Ist irgendwas passiert, was ich wissen sollte? Setzt dich jemand unter Druck?«
»Nur eine Sache, aber … oh Gott, die junge Frau geht mir nicht aus dem Kopf.«
»Konzentrier dich, verdammt noch mal. Was ist passiert?«
»Ich hab mit Howard gesprochen, ihn zur Rede gestellt. Er hat Linc getötet, aber im Grunde war es Selbstmord. Linc hatte bereits eine Überdosis genommen. Er behauptet, Schmidt wäre in Thailand, würde dort als Barkeeper arbeiten. Angeblich steht er auf braunhäutige Nutten. Das waren Howards
Worte. Er hat gesagt, sie können ihn jederzeit zurückholen, wenn es nötig ist.«
»Oje. Hör zu, halt dich von Barber fern. Halt dich bloß von ihm fern. Bald werden sich alle mit voller Wucht auf ihn stürzen. Er könnte in die Sache hier verwickelt sein …«
»Jake …«
»Sag die Wahrheit, aber erzähl ihnen nichts von dem Dossier«, sagte Jake. »Jedenfalls noch nicht. Übergeh es einfach. Erzähl ihnen nicht, was Barber gesagt hat. Und sag nichts von diesem Anruf. Der hat nie stattgefunden.«
»Was hast du vor?«
»Ich muss nachdenken. Ruf mich morgen auf meinem Handy an, von einem öffentlichen Telefon aus. So gegen zwölf. Dann erzähl ich dir, ob ich was Neues weiß. Ich kann dich nicht anrufen, denn wenn es zu einer Ermittlung kommt, werden die auf den Telefonabrechnungen nachsehen, wer mit wem gesprochen hat.«
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, ging Jake zu seinem Auto, fuhr zu einem Sheraton Hotel, checkte ein und nahm sich Greens Handy vor. Er hatte von einer Frau gesprochen, die angeblich das Dossier hatte, und automatisch das Handy aus der Jackentasche gezogen, als wäre ihre Telefonnummer dort gespeichert.
Das Handy war ein ihm unbekanntes Modell, doch schon nach einer Minute hatte er herausgefunden, wie das Menü funktionierte. Aus der Liste der Gespräche ging hervor,
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