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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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den Schultern. » Wir wissen nicht, wo er wohnt, aber wir haben eine ungefähre Ahnung, mit wem er rumhängt. Kein besonders netter Zeitgenosse, möchte ich meinen.«
    » Ob er der Mörder ist?«
    » Möglich. Sehr gut möglich sogar. Er hat Verbindungen zum organisierten Verbrechen. Er wurde wegen illegalem Waffenbesitz angezeigt. Und er war am Tatort.«
    » Was ist mit Stacey Edwards? Gibt’s da was Neues?«
    » Nicht viel. Bei der Einsatzbesprechung wurde jedenfalls nichts erwähnt. Sie haben gesagt, dass du dir mal ihre Daten ansehen sollst. Sozialamtsakten und so.«
    » Na toll. Papierkram.« Ich kann mir ihre Geschichte schon jetzt ziemlich gut vorstellen. Der Vater Alkoholiker. Hat sie geschlagen. Die Mutter psychisch krank. Pflegefamilien. Verhaltensauffälligkeiten. Schulprobleme. Irgendwann mal eine Abtreibung. Harte Drogen. Prostitution. Und dann, wie vorauszusehen, der Tod. Ein weiteres Leben, das so plötzlich und brutal endet wie ein Verkehrsunfall. » Ich weiß nicht, warum Jackson immer mir die Drecksarbeit gibt.«
    » Tut er ja auch nicht. Du wirst weiterhin mit Jane Alexander Zeugen befragen. Und zwar nur ihr beide, sonst steht niemand auf der Liste.«
    Das bedeutet, dass die Suche nach Sikorsky innerhalb der Operation Lohan die höchste Priorität hat. Brydons Beteiligung daran lässt stark vermuten, dass er bei Jackson und Hughes hoch im Kurs steht. Ein Anwärter auf die nächste freie Stelle als DI .
    Wir schweigen, dann fangen wir gleichzeitig an zu reden. Er lässt mir den Vortritt.
    » Wir wollten doch noch ausgehen, oder?«, sage ich.
    » Wie wär’s mit Mittwoch? Was natürlich von den operativen Gegebenheiten abhängt.« Den letzten Satz spricht er mit seiner pseudoernsten Stimme, die etwas tiefer und langsamer ist als die normale. Er will damit sagen, dass er möglicherweise doch keine Zeit hat, wenn sich Lohan zuspitzt – beispielsweise, wenn Sikorsky gefasst wird.
    » Mittwoch. Einverstanden. Außer, du musst Sikorsky in irgendeinem Kellerloch die Scheiße aus dem Leib prügeln.«
    » Oder ihm wenigstens die Finger brechen.«
    » Haha. Sehr witzig.«
    » Oder ihm einen Tisch durch die Wange bohren.«
    » O, ho, ho. Musst du nicht los, deine Schlagringe polieren?«
    Brydon grinst hämisch und eilt beschwingt davon. Bei meinem unglücklichen Zusammentreffen mit dem Busengrapscher habe ich ihm drei Finger gebrochen, bevor ich ihm mit einem Stiefeltritt die Kniescheibe ausgerenkt habe. Dummerweise rollte er beim Fall leicht zur Seite und riss sich die Wange an der Tischkante auf. Die Kante war ziemlich scharf und bohrte sich bis zu den Zähnen ins Fleisch. Meine lieben Kollegen lassen keine Gelegenheit aus, mich an diese Vorkommnisse zu erinnern. Wahrscheinlich verbraucht sich der Witz nach ein paar hundert weiteren Wiederholungen. In der Zwischenzeit wird mich eine endlose Fülle an Arbeit bei Laune halten.
    Zum Beispiel muss ich mich darüber informieren, was in den letzten sechsunddreißig Stunden passiert ist.
    Oder mich in Stacey Edwards’ Vergangenheit wühlen und Berichte und Zusammenfassungen in Groove einstellen.
    Oder mich mit Jane Alexander kurzschließen, da wir ja gemeinsam zur Prostituiertenvernehmung eingeteilt sind. Bev Rowland und eine weibliche DI aus Neath bilden ein weiteres Befragungsteam. Außerdem soll noch eine Kollegin aus Swansea dazustoßen. Keine Ahnung, mit wem die dann ein Team bilden will.
    Oder meine Telefonnummern überprüfen. Die Blumenlieferdienst-Anrufe haben mir elf Namen und Adressen eingebracht. Vier davon gehören Verwandten von Penry. Drei weitere kann ich nicht einordnen, aber am Telefon klangen sie wie unkomplizierte Kumpeltypen, und ihre Namen sind nicht in unserer Straftäterdatenbank verzeichnet. Irgendwann muss ich sie genauer unter die Lupe nehmen, doch das hat noch Zeit.
    Bleiben noch vier Namen. Vier Frauen, von denen keine bei der Sitte auffällig war. Drei der Adressen liegen in gehobenen Wohnvierteln, wo man nicht unbedingt vermuten würde, dass Prostituierte dort leben oder ihrer Arbeit nachgehen. Die vierte Adresse liegt etwas außerhalb, als ich allerdings noch einmal dort anrufe, meldet sich eine barsche, nicht zu Scherzen aufgelegte Stimme. Ich höre Familienlärm im Hintergrund. Ich kann mich ja auch täuschen, aber offensichtlich haben Penrys Telefonbekanntschaften mit Prostitution nicht allzu viel am Hut. Schade, denn eine ziemlich leicht zu verfolgende Spur erweist sich damit als Sackgasse. Jetzt ist eine neue zündende Idee

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