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Totenkünstler (German Edition)

Totenkünstler (German Edition)

Titel: Totenkünstler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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ihm die Galle in den Mund schoss.
    »Ich hoffe wirklich, dass du unempfindlich bist. Das Ding hier ist nicht besonders scharf.« Die Gestalt hatte einen zweiten Gegenstand vom Tisch genommen, ein kleines gezacktes Messer. Es sah alt und stumpf aus.
    »Aber schrei ruhig, wenn es weh tut.«
    »O Gott, b…, b…, bitte tun Sie das nicht. Ich flehe Sie an, ich …«
    Littlewoods nächste Worte verwandelten sich in einen markerschütternden Schrei, als die Gestalt begann, ihm langsam die Brustwarze abzuschneiden.
    Littlewood war kurz davor, ohnmächtig zu werden. Er konnte nicht begreifen, was passierte. Er wollte um jeden Preis glauben, dass das, was ihm da gerade widerfuhr, nicht real war. Es konnte nicht real sein. Er musste sich in einer bizarren Traumwelt befinden. Das war die einzig logische Erklärung. Doch der Schmerz, der seine von Blut und Erbrochenem verschmierte Brust durchfuhr, war nur allzu real.
    Die Gestalt legte das stumpfe Messer weg und betrachtete eine Zeitlang die blutende Wunde. Sie wartete, bis Littlewood sich wieder einigermaßen gefangen hatte.
    »Sosehr ich das auch genossen habe«, verkündete die Gestalt, »ich glaube doch, dass ich jetzt gerne etwas anderes ausprobieren würde. Das könnte noch ein bisschen mehr weh tun.«
    Die Worte weckten eine derart abgrundtiefe Furcht in Littlewood, dass sich sein ganzer Körper versteifte. Er spürte, wie die Muskeln in seinen Armen und Beinen so hart wurden, dass sie krampften und er völlig gelähmt dasaß.
    Die Gestalt machte einen Schritt auf ihn zu.
    Littlewood kniff die Augen zu, und obwohl er kein religiöser Mensch war, fing er an zu beten. Sekunden später stach ihm ein Geruch in die Nase. Ein unglaublich penetranter, beißender Geruch. Ein Geruch, bei dem er sich auf der Stelle wieder übergeben wollte. Doch in seinem Magen war nichts mehr, was er hätte erbrechen können.
    Dem Geruch folgte fast augenblicklich ein unerträglicher Schmerz. Erst jetzt wurde Littlewood klar, dass seine Haut und sein Fleisch verbrannten.

75
    Der Anruf erreichte Hunter vormittags auf dem Handy, als er gerade in seinen Wagen stieg. Er hatte erneut beide Tatorte besichtigt – Nicholsons Haus und Dupeks Boot. Noch immer war er auf der Suche nach etwas, von dem er nicht einmal wusste, ob es überhaupt existierte.
    »Carlos, was gibt’s?«, fragte er, das Handy am Ohr.
    »Leiche Nummer drei.«
    Als Hunter an dem viergeschossigen Bürogebäude in Silver Lake ankam, sah es dort aus wie bei einem Popkonzert: Eine riesige Menschenmenge hatte sich hinter der Polizeiabsperrung zusammengeschart. Und niemand würde sich auch nur einen Zentimeter vom Fleck bewegen, ehe er nicht wenigstens einen kurzen Blick auf etwas Schauerliches erhascht hatte.
    Reporter und Fotografen lauerten im näheren Umkreis wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe. Sie lauschten auf jedes Gerücht, sammelten jede Information, derer sie habhaft werden konnten, und füllten die Lücken dazwischen mit ihrer eigenen Fantasie aus.
    Die Polizeifahrzeuge, die kreuz und quer auf Straße und Gehweg geparkt waren, sorgten für ein Verkehrschaos. Drei Uniformierte versuchten verzweifelt, die Lage in den Griff zu bekommen. Mit den Worten, dass es nichts zu sehen gäbe, trieben sie die Passanten zum Weitergehen an und drängten Autofahrer, schneller zu fahren, wenn diese im Schritttempo vorbeirollten, um zu sehen, was los war.
    Hunter ließ das Fenster herunter und zeigte einem der Uniformierten seine Dienstmarke. Der junge Officer nahm die Mütze ab, blinzelte in die Sonne und wischte sich mit der Hand den Schweiß von Stirn und Nacken.
    »Sie können nach hinten in die Tiefgarage fahren, Detective. Die Spurensicherung und die anderen Detectives haben auch da geparkt. Nichts für ungut, aber noch mehr Autos hier vorne können wir echt nicht gebrauchen.«
    Hunter bedankte sich bei dem Officer und fuhr weiter.
    Die Tiefgarage war geräumig, allerdings sehr dunkel. Als Hunter seinen Buick in die Parklücke neben Garcias Toyota lenkte, sah er drei defekte Leuchtröhren. Was er nicht sah, waren Überwachungskameras, nicht einmal in der Einfahrt. Er stellte den Motor ab, stieg aus und blickte sich rasch um – eine große Halle aus Beton mit quadratischen Stützpfeilern, weißen Markierungen auf dem Boden und jeder Menge dunkler Ecken. In der Mitte der Tiefgarage befand sich ein rechteckiger Bau mit breiter Eisentür: der Aufgang. Von dort aus konnte man entweder den Fahrstuhl oder die Treppe nach oben nehmen. Hunter

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