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Totenkult

Totenkult

Titel: Totenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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faltete die Hände unter dem Kinn wie zum Gebet. »Mord?« Er zog die Brauen zusammen, als müsste er über Boschs Worte nachdenken. »Ich fürchte, ja.«
    »Meinen Sie, wir sollten die Polizei informieren?« Bosch hielt das eigentlich für keine gute Idee. Erstens hatte der Arzt plötzlichen Herztod festgestellt, und zweitens ging ihn das Ganze sowieso nichts an. Er hatte diesen Aschenbach ein einziges Mal am Abend des Festes gesehen. Diese kurze Bekanntschaft verpflichtete ihn zu nichts. »Was könnten wir denen schon sagen?«
    »Nichts, natürlich nichts.« Henri winkte ab. »Da machen wir uns mit unserem Verdacht nur lächerlich.«
    Bosch atmete auf. »Genau meine Meinung.« Er war so erleichtert, dass er sich ein Gurkensandwich vom Silberteller fischte. Einen Verdacht hatte er ohnehin nicht gehabt. Nur ein mulmiges Gefühl. Doch wer hätte das nicht angesichts einer Leiche.
    »Aber«, fuhr Henri fort, »wir können die Sache natürlich auch nicht auf sich beruhen lassen.«
    »Wieso denn nicht?« Henris kriminalistische Energie ging Bosch langsam auf die Nerven.
    »Ihretwegen.«
    »Was?« Die Gurkenscheiben im Sandwich waren kalt und glasig.
    »Immerhin wohnen Sie direkt neben dem Tatort.« Henri senkte das Kinn und warf Bosch von unten einen Blick zu. »Möglicherweise haben Sie etwas gesehen und sind nun eine Gefahr für den Täter. Im Film stirbt immer als Nächstes der Zeuge.«
    »Aber ich habe doch gar nichts gesehen«, protestierte Bosch. Er hatte das Gartenfest bei Einsetzen des Regens verlassen und war, wenn auch mit schlechtem Gewissen, dankbar für das Ende des Partylärms gewesen.
    »Das glauben Sie .« Henri lächelte. »Aber – weiß das auch der Mörder?« Er umkreiste mit dem Zeigefinger den Rand seiner Tasse. Das quietschende Geräusch ließ Bosch eine Gänsehaut über den Rücken laufen. »Wer könnte der Mörder sein, was meinen Sie?«
    Vor so viel Hartnäckigkeit resignierte sogar Bosch. »Die Frage ist doch nicht, wer der Mörder ist, sondern ob es überhaupt Mord war«, meinte er. »Aschenbach hat doch in keiner Blutlache gelegen.«
    »Aber es hat keine Obduktion gegeben.«
    »Natürlich nicht. Der Sprengelarzt hat als Todesursache plötzlichen Herztod festgestellt.« Bosch war erleichtert über diesen Beschaubefund gewesen. Er hatte zwar nicht sofort die Rettung gerufen, aber es traf ihn auch keine Schuld an Aschenbachs Tod. »Selbst wenn seine Frau bei ihm gewesen wäre, hätte sie ihm nicht mehr helfen können.«
    Henri sah Bosch scharf an. »Aber sie war nicht bei ihm?«
    »Henri, ich bitte Sie.« Bosch wurde die Unterhaltung langsam peinlich. »Aschenbach war total betrunken. Kein Wunder, dass sich seine Frau einen ruhigeren Platz zum Schlafen gesucht hat.«
    »Mhm.« Henri trommelte mit den Fingern auf der Sofalehne. »Oder sie hatten getrennte Schlafzimmer.«
    »Was ja auch noch kein … Mordmotiv wäre, oder?«
    »Nein, aber in diesem Fall ein starkes Indiz.« Henri hielt den Zeigefinger wie ein Oberlehrer in die Luft. »Denken Sie doch an die Scheidungsgerüchte. Aschenbach hatte eine Liaison mit Victoria Geiersberger und wollte sich von seiner Frau trennen.«
    »Dann wäre ja bei unserer Scheidungsrate die halbe Bevölkerung in Gefahr.« Bosch musste lachen. »Aber dabei fällt mir gleich noch eine Verdächtige ein. Erinnern Sie sich an die Voodoopuppe?«
    »Ja, natürlich.«
    »Im Herz der Puppe steckte eine Nadel.«
    »Was?« Henris Augen schienen noch weiter aus den Höhlen zu treten, wenn das überhaupt noch möglich war.
    »Ich habe mich daran gestochen, als ich das ekelhafte Ding entsorgen wollte.« Die Puppe hatte ihr Grab in der Biotonne gefunden. »Ich denke, mein Hund hat es von einem seiner Streifzüge mitgebracht. Vielleicht lag es ja ursprünglich vor der Haustür der Aschenbachs.«
    Henri schüttelte den Kopf. »Sie glauben doch nicht etwa an Voodoo?« Seine Stimme klang überrascht, obwohl er es gewesen war, der Bosch auf den Zauber aufmerksam gemacht hatte. »Dass eine Nadel im Herzen einer Puppe einen Herzanfall bei einem Menschen auslösen kann?«
    »Nein, aber was, wenn die alte Geiersberger anders nachgeholfen hätte?« Irgendwie machte Henris Gedankenspiel Bosch doch Spaß. Und Analysen waren schließlich sein Beruf. »Am Morgen, als wir den Toten gefunden haben, lagen noch leere Schachteln aus ihrem Geschäft in der Küche. Darin waren Reste von Pflanzen. Die Alte gilt als Kräuterhexe, soviel ich weiß. Und sie handelt mit diesem ganzen esoterischen

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