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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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und es ihm dann
nach Hause brachte. Du konntest ihr auflauern, ihr folgen, ihr stundenlang
nachlaufen, es war ihr egal, es hat sie keinen Dreck geschert. Sie ließ dich
abblitzen. Sie hat sich nicht gefreut und nicht geärgert über dich, sie hat
sich kein bisschen bedroht gefühlt, sie hat es vielleicht nicht einmal gemerkt.
Sie hat durch dich hindurchgeguckt wie durch einen kleinen, nicht ganz ekligen
Käfer. Den man nur deshalb nicht zertritt, weil man das Knirschen unter den
Sohlen nicht mag.
    Dein Pech war
durchschnittlich, aber du warst beharrlicher als andere. Du hast es fast ein
Jahr lang durchgehalten, zu jeder sich anbietenden Gelegenheit, bei jedem
Wetter. Am Ende wusstest du immer noch fast nichts über sie, weil es ihr stets
gelang, dich irgendwo abzuschütteln. Du wusstest, welche Platten sie hörte und
mit wem. Sie hatte eine Clique, zu der auch Leute zählten, die ein paar Jahre
über ihr waren. Gymnasiasten wie du, aber aus der Oberstufe. Sie schleppten
Musik an, die grad in war. Trio, Nena, Ina Deter – triviales Zeug.
Neue Deutsche Welle passte doch überhaupt nicht zu ihr. Sie hätte die Klassiker
hören müssen. Charismatischen Rock. Rolling Stones. The Who. David Bowie. Das
interessierte sie nicht. Du musstest hinnehmen, dass ihr Geschmack geheimnislos
war, dass sie kaum Sport trieb, keine Bücher las, nicht auf Demos ging, zu viel
Bier trank und auf Feten nur tanzte, wenn sie bekifft war. Sie sah gut aus,
aber sie schien es selbst kaum zu bemerken. Jedenfalls machte sie nichts
daraus, außer dass sie sich die Haare wusch und Kajal benutzte. Falls sie
Hobbys hatte, bist du nie dahintergekommen, welche. Das Einzige, was Petra
auszeichnete, war ihr Hang zur Flucht. Sie schien besessen davon zu sein, bei
jeder sich bietenden Gelegenheit auszubüxen. Wenn sie nicht trampte, fuhr sie
auf dem Mofa davon, und manchmal kam sie tagelang nicht wieder.
    Du hast alles getan, um
Petra zu überhöhen, um ihr ein sexy Flair zu geben, also etwas, das andere
nicht hatten. Ja, sie war weiter als andere Gleichaltrige. Sie war weiter als
du mit deinem Milchgesicht und den Pickeln. Sie war eine Frau mit rosigen
Schenkeln und einem süßlichen Geruch. Es war trotzdem schwer, in sie verliebt
zu sein, weil sie dich, wenn du mal ganz ehrlich bist, nicht das kleinste
Bisschen darin unterstützte. Sie hat kein Wort mit dir geredet, sie sah dich
nicht an, und im Schulbus stellte sie ihre Freundin Jule zwischen euch, um dich
nicht aus Versehen berühren zu müssen. Sie entzog sich vollständig, ihr Blick
war so leer wie der von Mona Lisa. Das Einzige, was sie dich jemals spüren
ließ, war ihre Verachtung. Bei einem per Zufall erzwungenen Kuss auf einer
Party, für die du zu klein warst. Geistig zu klein, physisch, moralisch. Alles
unreif, keine Kriterien. Dafür hatte Petra welche. Es ist bestürzend, beim
Flaschendrehen auf einen Busen zu stieren, der dich auslacht. Aber du warst zu
vernarrt in deine Verliebtheit, um so rasch aufzugeben. Sie hatte deine Liebe
nicht verdient, aber sie ist auch gar nicht wirklich gemeint gewesen. Du hast
dich vor der Entdeckung gefürchtet, dass sich alles nur um dich selber drehte,
um das Wunder deines Spargels, der plötzlich tanzen konnte. Er stand auf und
pulsierte. Du musstest ihn zum Schäumen und Platzen bringen, er wollte es so, aber
was war Petra denn anderes als eine Wichsfigur? Wichsfigur, genau. Eine
Witzvorlage. Beizeiten hast du dich geschämt und dann auch wieder nicht mehr.
Deine Verfolgungsszenarien dienten nur dazu, dich aufzugeilen – das
Mädchen, um das es ging, hat dir letztlich gar nicht gefallen. Na und? So wie
sie dich behandelt hat, hättest du allen Grund gehabt, das Saumensch zu packen
und zu schütteln und ihr eine runterzuhauen. Richtig verschlagen hättest du sie
müssen, damit sie zur Besinnung kommt. Stechen. Ritzen. Würgen. Aber da warst
du nicht der Typ dafür, auch wenn du eine Sauwut im Bauch hattest. Du warst
lieber der verkannte Romantiker, der Stotterer auch, denn zu der Zeit hast du
schlimm gestottert. Da entsinnst du dich nicht gern dran, dass du gestottert hast
vor Zorn und gar nicht mehr reden wolltest. Mundtot warst du und ohnmächtig,
aber du wusstest schon, dein eingebildetes Abenteuer mit Petra Clauss war bloß
eine Ersatzhandlung. Es ging darum, die Zeit totzuschlagen, die du noch an
einem unerträglichen, stumpfen Ort hocken musstest, den du eine endlos lange
Kindheit hindurch

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