Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
dem Weg zur Notaufnahme reanimiert hatten. Die Cops, die Mike über Berks Zusammenbruch informiert hatten, beendeten ihre Schicht, ohne zu wissen, dass die Sanitäter den Mann wenige Minuten später wieder ins Leben zurückgeholt hatten. Wir waren schon seit ein paar Stunden zu Hause, als Mike - der seit Vals Tod unter Schlaflosigkeit litt - im Radio von Joe Berks Rettung hörte.
Doktor Lin-So Wong, der behandelnde Arzt, stand am Montagmorgen um sieben Uhr mit uns am Bett des Patienten und erklärte uns die Wirkung eines Stromschlags. Er tätschelte dem älteren Mann die Hand und prüfte den Puls und den Blutdruck. »Mr Berk kann von Glück reden, dass er keine schlimmeren Verbrennungen davongetragen hat. Bei einem Stromschlag sind ja gerade die lebenswichtigsten Organe am meisten betroffen.«
»Warum ist er dann noch am Leben?«, fragte Mike.
»Weil die Sanitäter gerade an einem Stand am Broadway Pizza gegessen haben.« Dr. Wongs Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. »Weil sie innerhalb von neunzig Sekunden zur Stelle waren und einen Defibrillator dabeihatten. Wäre die Sauerstoffzufuhr zu seinem Gehirn auch nur eine Minute länger unterbrochen gewesen, hätten wir ein anderes Resultat.«
»Ich ging mit meinem Sohn über die Straße, um im Baldoria zu essen. Kennen Sie die Szene aus Frankenstein , wo sie das Monster unter Strom setzen? Erinnern Sie sich an die Blitze, als sie es zum Leben erwecken? Ich sag’s Ihnen, ich habe Sternchen gesehen, als ich auf die Abdeckung trat. Ich ging noch ein paar Schritte und dachte: Joe Berk wird sich doch nicht auf einem verdammten Gully grillen lassen. Ich hab einen besseren Abgang verdient.«
»Ist er wirklich weitergelaufen?«, fragte Mike den Arzt. »Ich dachte, man hätte ihn vor Ort für tot erklärt.«
»Es ist durchaus normal, dass ein Stromschlagopfer noch einige Sekunden in Bewegung bleibt. Sein Sohn sagte, er sei tatsächlich noch ein paar Schritte gelaufen und dann kollabiert. Scheinbar erlitt er eine ventrikuläre Fibrillation und hatte dann einen Herzstillstand. Die Sanitäter haben ihn zu Recht für tot erklärt. Wenn im Krankenwagen kein Defibrillator gewesen wäre, dann, na ja -«
»Beenden Sie den Satz, Doc. Dann wären heute Nacht auf dem ganzen Broadway die Lichter erloschen. Und es hätte Riesenschlagzeilen gegeben.«
Berk wirkte bleicher und schwächer als am Samstag, hatte aber nichts von seiner Großspurigkeit verloren.
»Er wird eine Weile bei uns bleiben. Er ist noch nicht über den Berg.«
»Jetzt machen sie mir wirklich den Garaus mit diesem Krankenhausfraß.«
»Schwebt er immer noch in Gefahr?«, fragte ich den Arzt im Flüsterton, während ich mich mit ihm vom Bett entfernte und Mike von Berks Krankenakte das Geburtsdatum und ein paar lesbare Bemerkungen abschrieb.
»Blut bietet dem elektrischen Strom weniger Widerstand als anderes Körpergewebe. Die Blutgefäße haben eine sehr hohe Leitfähigkeit, und das kann die Gefäßwände beschädigen. Was wiederum die Thrombosegefahr heraufsetzt. Ein Schlaganfall ist immer möglich.«
»Wie lange werden Sie ihn voraussichtlich hier behalten?«
»Sein Einverständnis vorausgesetzt, würde ich ihn gerne bis Ende der Woche hier behalten.« Wong ging wieder ans Bett. »Er darf sich nicht aufregen und braucht viel Ruhe.«
»Mich aufregen? Das ist den beiden doch egal, Doc. Wenn sie auf einen alten Mann draufschlagen wollen, dann sind sie an den Falschen geraten.«
»Deswegen sind wir nicht hier.« Ich wollte Berk beruhigen und hoffte, dass Mike seine Befragung rücksichtsvoll angehen würde. »Zum Glück war Ihr Sohn gestern Abend bei Ihnen.«
»Das dürfen Sie laut sagen. Haben Sie ihn getroffen? Treibt er sich noch immer hier herum?«
»Nein, wir haben ihn noch nicht kennen gelernt.«
»Gut aussehender Junge. Kommt nach seiner Mutter. Aber den Namen hat er von mir. Briggsley.«
»Ist das sein richtiger Name?«, fragte Mike.
»Briggsley Berk. Ich habe ihn in einem Buch über den Hochadel gefunden. Wie Sie sich vorstellen können, habe ich ihm damit einen großen Gefallen getan. Yussel Berkowitz. Versuchen Sie mal, hierzulande mit so einem Namen aufzuwachsen.«
»Arbeitet Briggs für Sie?«, fragte ich.
Berk machte keine Anstalten, meine Frage zu beantworten. »Also bin ich hier in Manhattan zum Gericht gegangen - zum obersten Gericht; das muss Ende der fünfziger Jahre gewesen sein -, um einen Antrag auf Namensänderung zu stellen. Wer war der Richter? Sie sind Anwältin, also
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