Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
Jüngste ist hier bei mir.«
»Wie steht’s mit Ihren Neffen oder Nichten? Izzys Kinder?«
»Das Gleiche. Überall verstreut. Ich gebe Ihnen die Nummer meiner Sekretärin. Sie soll herkommen.«
»Wir kümmern uns drum«, sagte ich. »Wie steht’s mit Mona?«
»Wer?«
»Mona, Ihre Nichte. Izzys Tochter.«
»Ach so, heißt sie jetzt Mona? Desdemona Berk, Ms Cooper. Die erste Broadway-Show, die Izzy je gesehen hat, war Othello . 1943. Paul Robeson als Mohr. Glauben Sie mir, der hätte nie im Leben Werbung für so eine Telefongesellschaft gemacht, wie dieser, dieser - wie heißt der Schauspieler noch mal? Was für ein Talent! Uta Hagen spielte die Desdemona. Izzy war noch ein Junge, aber er war völlig hin und weg. Nachdem er vier Söhne hatte, bekam er in zweiter Ehe endlich ein Mädchen.«
»Aber Mona hat ihr Büro doch hier in der Stadt. Soll ich sie anrufen?«
Berk ließ meinen Arm los und drehte den Kopf zur Seite, so, als würde er auf den Boden spucken. »Unterstehen Sie sich! Da würde ich lieber Nägel fressen.«
Mike stellte sich ans Fußende des Bettes. »Briggs hat Ihre Nichte letzte Nacht angerufen, als Sie auf dem Weg ins Krankenhaus waren. Sie kam sofort ins Theater. Vielleicht kann er Ihnen sagen, warum er sie dort haben wollte.«
»Wo? In meinem Büro? In meiner Wohnung?« Berk versuchte sich aufzurichten. »Ich sage Ihnen, warum sie dort war. Sie wollte als Erste einen Nagel in meinen Sarg schlagen. Es hat sie doch hoffentlich niemand reingelassen? Oder?«
Auf sein Gebrüll hin kam eine Krankenschwester ins Zimmer gelaufen und schob mich zur Seite. Das war mehr Aufregung, als wir dem Patienten nach Ansicht von Dr. Wong zumuten durften.
»Wir haben sie nicht reingelassen.« Mike verschwieg, dass sie durch den Geheimaufzug in die Wohnung gekommen war.
»Reden Sie mit meinen Anwälten, Detective. Diese kleine Wanze hat nichts in meiner Wohnung zu suchen. Sie hat eine Klage gegen mich eingereicht. Sie versucht, meine Familie und mein Unternehmen zu ruinieren. Desdemona Berk - mein Bruder Izzy möge in Frieden ruhen - ist ein habgieriges kleines Miststück.«
14
»Trinken wir noch einen Kaffee, bevor ich ins Büro fahre?«, fragte ich Mike.
»Nö, ich fahr ins Revier und arbeite noch ein paar Stunden.«
»Warum hast du ihn nicht nach den Monitoren gefragt?«
»Er hat dein Händchen gehalten, nicht meins. Ich dachte, du würdest ihn darauf ansprechen. Diese Spannersachen sind nichts für einen Mordermittler, das ist dein Metier.«
Mike war ein Mann für die Kleinarbeit. Es kam selten vor, dass er sich ein Detail aus der Hand nehmen ließ. Es kam noch seltener vor, dass er meine Einladung zum Frühstück ausschlug.
»Wirst du mit Mona sprechen?«, fragte ich.
»Worüber? Momentan interessiert mich nur, wer sonst noch Natalja Galinowa vor ihrem Verschwinden gesehen hat, und warum ihr Privatleben so turbulent zu sein schien.«
»Ich bin im Büro, falls du mich brauchst«, sagte ich und winkte an der Ecke Tenth Avenue und 59. Straße nach einem Taxi.
Es war erst 8:15 Uhr, als ich zwei Becher Kaffee an dem Imbisswagen vor dem Gerichtsgebäude kaufte. Ich zog meinen Ausweis durch den Scanner und begrüßte den Sicherheitsbeamten am Schalter der kleinen Eingangshalle der Bezirksstaatsanwaltschaft.
Der achte Stock war noch menschenleer, als ich die Tür zum Vorzimmer öffnete und das Licht in meinem Büro einschaltete. Ich hatte es am Freitagabend in aller Eile verlassen, um mit Mercer im Sonderdezernat für Sexualverbrechen an dem Jean-Eaken-Fall zu arbeiten. Also kümmerte ich mich als Erstes um die vielen, kreuz und quer auf meinem Schreibtisch liegenden Mitteilungen und Vernehmungsprotokolle der vierzig Staatsanwälte in meiner Abteilung, bis um neun Uhr die ersten Anrufe kamen.
Ich verbrachte den halben Vormittag am Telefon, um die neuen Fälle möglichst vorrangig behandeln zu lassen. Die Toxikologie, die im Eaken-Fall die üblichen Routinetests durchführte, musste wissen, dass man in der Küche des Arztes Xanax gefunden hatte. Den Chefserologen flehte ich an, er möge sich mit dem DNA-Profil des Riverside-Vergewaltigers beeilen, das anhand der an den Hundezähnen ermittelten Blutspuren erstellt werden konnte. Je schneller wir das Profil mit unseren Datenbanken abgleichen konnten, desto eher ließ sich möglicherweise durch eine gezielte Fahndung verhindern, dass dem Vergewaltiger noch mehr Frauen zum Opfer fielen.
Was die Ermittlungen im Mordfall Natalja Galinowa anging, war ich
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