Totenmal
Hamburger Firma, die das jetzt betreibt. Das Landwirtschaftsministerium hat uns mehrfach versichert, dass es während der regelmäÃigen Kontrollen keine Beanstandungen gebe, aber â¦Â«
Malbeks Handy meldete sich. Auf dem Display stand: »Schackhaven«. Malbek drückte den Anruf weg.
»Entschuldigen Sie. Was ich fragen wollte ⦠wieso hat damals das Ministerium nie geprüft, was hier gebaut wird?«
»Das wissen wir bis heute nicht. Wir wissen nur, dass der Futtermittelhersteller Tolsni, mit dem Rathke die unzulässige Mischanlage baute, nach der Qualitätsmanagement-Norm DIN ISO 9001 zertifiziert wurde. Danach hat niemand geglaubt, dass die so was machen. Obwohl doch klar ist, dass die damals den Qualitätsquatsch nur deshalb betrieben haben, um in Ruhe panschen zu dürfen. Man hat ja die Produktion zur Spedition verlagert, um die Giftmischerei zu tarnen. Offiziell waren das alles hier Lagertanks, und damals hieà es in Pressemitteilungen, das würde die Flexibilität und Lieferfähigkeit des Unternehmens erhöhen und Arbeitsplätze sichern. In Wirklichkeit waren die angeblichen Lagertanks eine Rühr- und Mischstation, also eine Produktionsanlage. Nicht gemeldet, nicht registriert.«
»Ich habe gelesen, dass die Kontrollen umgangen wurden.«
»Ãberdosierungen hat die Tolsni nachweisbar festgestellt, aber nicht gemeldet, wozu sie verpflichtet gewesen wäre. Wir wissen heute, dass die damals das mit Dioxin verseuchte Industriefett so lange verdünnt haben, bis angeblich Grenzwerte eingehalten wurden. Proben wurden als technische Fette eingeschickt, damit die Kontrolllabors die Proben durchwinkten und keinen Alarm schlugen. Der Geschäftsführer von Tolsni und Rathke haben hinterher erklärt, dass sie zugegebenermaÃen leichtfertig der Annahme waren, dass die Mischfettsäure für die Futtermittelherstellung geeignet sei. Nette Formulierung. Kriminell!«
»Haben Sie Erfahrungen, was theoretisch in solchen Anlagen noch gemischt wird?«
»Man kann zum Beispiel Vitamine falsch dosieren.«
»Zu viel oder zu wenig?«
»Meist zu wenig.«
»Und was passiert dann?«
»Die Tiere werden krank und bekommen zu viel Antibiotika. Die kriegen Sie also als Zugabe an der Fleischtheke im Supermarkt.«
»Was haben zum Beispiel Herr Rathke und seine Partner von Tolsni dabei verdient?«
»Sie haben damals ihren Gewinn mit den verseuchten Futtermitteln verdreifacht. Zugelassenes tierisches Fett ist teuer, das dioxinhaltige Industriefett billig. Der Gewinn nach Steuer war ungefähr elf Millionen. Also dreiunddreiÃig Millionen in drei Jahren. Davon hat Rathke die Hälfte bekommen. Und sich den Jaguar gekauft. Aber Sie haben ihn ja doch noch erwischt.«
»Was macht der ehemalige Geschäftführer von Tolsni eigentlich jetzt?«
»Soweit ich weiÃ, ist er Berater in der Futtermittelindustrie geworden. Bei der Firma, die die Konkursmasse aufgekauft hat.«
Nachdem Malbek sich von Rösner verabschiedet hatte, setzte er sich in seinen neuen Dienstpassat und sah Rösner in seinem Passat mit Oldtimerkennzeichen in Richtung seines Gymnasiums wegfahren. Er müsse noch eine Projektarbeit in Geografie für das nächste Schuljahr vorbereiten, hatte er gesagt. Sie sollte den Titel »Verdächtige Substanzen in Lebensmitteln. Deutschland und GroÃbritannien« haben. Aber das müsste er vielleicht noch etwas überarbeiten.
Was hatten Malbek und Sophie eigentlich während ihres Urlaubs so alles gegessen? Aber das war nicht das, was Malbek wirklich beschäftigte. Er dachte darüber nach, wie Rösner Rathke charakterisiert hatte.
Er stapelte tief. Das war sein Geschäftsprinzip.
Ob das auch für sein Leben als Serienmörder galt? Hatten sie deshalb sein Versteck noch nicht gefunden? Nach dem Gespräch mit Rösner hatte Malbek einen Mosaikstein gefunden, der die Lösung des Rätsels Benny Rathke weiter vervollständigte. Sein wesentlicher Charakterzug war die Skrupellosigkeit.
Sein Handy meldete sich. Es war Vehrs.
»In Lübeck sagte man mir, dass die Vollzugsakte Rathke schon in Kiel sein müsste.«
»Wie? Wieso? Wer �«, fragte Malbek irritiert.
»Ein Kommissar Harder hat sie heute Mittag in Lübeck im Auftrag von Kriminalrat Schackhaven abgeholt. So hat es mir der Archivbeamte mitgeteilt.«
Malbek rang nach Worten.
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