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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Benny?«, fragte sie.
    Â»Wir stehen schon wieder zwischen Tür und Angel, Frau Bordevig«, sagte Lüthje geduldig. »Lassen Sie uns erst mal ins Wohnzimmer gehen. Ich vermute jedenfalls, dass es das Wohnzimmer ist.«
    Â»Ja, aber ich dachte, wir setzen uns in den Garten …« Sie sah ihn fragend an.
    Â»Wenn Sie keine Nachbarn haben, die uns zuhören können, gern.«
    Â»Oh Gott, Sie haben ja recht. Bitte setzen Sie sich und erzählen Sie mir endlich, was passiert ist.«
    Sie wies auf zwei kleine Sofas, die aussahen, als ob sie aus einem ländlichen Antikmöbelgeschäft stammen würden. Altersdunkles Holz voller Schnitzereien und abgewetzte Polster mit verblichenen Motiven. Ähnlich sah das übrige Mobiliar im Zimmer aus. Die Sofas standen im rechten Winkel zueinander. Lüthje saß auf dem einen, Andrea Bordevig auf dem anderen, auf das die Sonne durch die kleinen Sprossenfenster ein paar helle Flecken zauberte. Unzählige Bündel getrockneter Blumen, vielleicht war auch Lavendel dabei, hingen draußen vor den Fenstern.
    Sie rutschte auf dem Sofa hin und her, krallte ihre Hände in den dünnen Stoff ihres Rockes und sah Lüthje ängstlich an.
    Â»Wann haben Sie Benny Rathke das letzte Mal gesehen?«
    Â»Wie meinen Sie das? Ist er tot?«
    Â»Ich will von Ihnen einfach wissen, wann Sie ihn zuletzt gesehen haben. Gestern, voriges Jahr oder vor ein paar Wochen oder Monaten? Verstehen Sie, was ich meine?«
    Â»Ja, natürlich. Oje, das ist so lange her … Ich habe ihn das letzte Mal im Gefängnis gesehen, vor vielen Jahren. Acht oder neun Jahre, 2004 oder war es … ich weiß es nicht mehr. Jetzt sagen Sie mir endlich, warum Sie hier sind!«
    Â»Wissen Sie, wann er aus der Haft entlassen wurde?«
    Â»Das wissen Sie doch besser als ich!«
    Â»Benny Rathke steht unter dem dringenden Verdacht, in den letzten Tagen mindestens zwei Morde begangen zu haben. Er wird mit Haftbefehl gesucht.«
    Sie schlug die Hände vor den Mund und sah mit schreckgeweiteten Augen ins Leere. »Warum hat er das getan?«
    Â»Wir vermuten, dass er sich an den Zeugen, die in seinem Prozess wegen Totschlags ausgesagt haben, rächen will. Die beiden Ermordeten waren die ersten beiden Zeugen.«
    Sie sah immer noch ins Leere. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten geformt.
    Â»Ich frage Sie noch einmal: Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    Â»Vor Jahren, als er schon im Gefängnis war«, sagte sie und streckte sich. »Ich schwöre, dass ich ihn seitdem nicht gesehen habe.«
    Â»Hatten Sie ihn nicht zur Taufe des Kindes eingeladen?«
    Sie sah Lüthje irritiert an. Ȁh, ja. Woher wissen Sie das denn?«, fragte sie.
    Â»Die Polizei weiß fast alles. Also … haben Sie ihn bei der Taufe zuletzt gesehen und danach noch einmal im Gefängnis?«
    Â»Ich hab ihn nach der Taufe das letzte Mal gesehen, bei einem Besuch im Gefängnis.«
    Â»Mit dem Kind?«
    Â»Ja. Er hatte mir geschrieben, dass er in der Gefängniswerkstatt einen Arbeitsunfall hatte. Ein Nagel hatte seine Hand durchschlagen. Und da hat er mir so leidgetan …«
    Â»Ein Nagel durch die Hand?«
    Lüthje glaubte, sich verhört zu haben. Sie kannte offensichtlich die Zeitungsartikel nicht, in denen dieses Detail der Morde phantasievoll ausgeschmückt worden war. Sonst würde sie darüber nicht so unbefangen reden können. Sie war schließlich keine professionelle Schauspielerin.
    Â»Ja … ich habe vergessen, was er darüber erzählte. Ich kann mich nur noch an seinen dicken Verband erinnern. Geschient war das auch, glaube ich.«
    In Flur klingelte das Telefon.
    Â»Darf ich?«, fragte sie und hatte sich schon halb erhoben.
    Lüthje nickte. Sie verschwand im Flur. In Lüthjes Kopf setzte sich plötzlich ein großes Räderwerk mit unzähligen Zahnrädern in Gang, die alle ineinandergriffen. Einige waren schnell, andere langsam. Bis alle zum Stillstand kamen. Auf einer altmodischen Anzeigetafel in seinem Kopf, die über den Rädern hing, setzten sich Worte zu einem Satz zusammen, dann noch einer, dann noch einer.
    Klar, dachte Lüthje, der Nagel in der Haft, dafür hat er sich an denen gerächt, die ihn ins Gefängnis gebracht haben, den Zeugen. Aber wie war der Nagel in seine Hand gekommen? War es wirklich »nur« ein Unfall? Da es hier um einen Arbeitsunfall in der

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