Totenmesse
Svenhagen. »Wir müssen natürlich alles über die interne Gruppe in Oslo und die Berater in Stockholm wissen. In der nichtvirtuellen Welt.«
Haavard Naess nickte schwer. »Natürlich«, sagte er. »Ich lasse Ihnen so bald wie möglich eine Liste zukommen.«
Alle vier standen auf und verabschiedeten sich über Kreuz.
Als sie schon an der Ausgangstür waren, hörten sie Geirs Stimme: »Tschüss denn, Lena.«
Er winkte ihnen kokett hinterher.
Lena Lindberg winkte kokett zurück.
Okay, vielleicht nicht kokett, dachte Kerstin Holm. Aber das war ja gerade das Aufregende daran: Es gab genügend Spielraum für die eigene Lesart. Es war wie ein schöpferischer Akt. Wenn es auch vielleicht nicht die ideale Methode war, das innere Feuer zu löschen â¦
Jon Anderson stand in einem groÃzügig geschnittenen Treppenhaus und nahm MaÃ. Seine Hände bewegten sich wie die eines Dirigenten. SchlieÃlich hielten sie mitten in der Bewegung inne, und er zeigte auf eine der vier Türen. »Hier muss es sein«, sagte er.
Jorge Chavez betrachtete ihn angespannt, aber schweigend.
Anderson fuhr voller Begeisterung fort: »Natürlich wissen wir nicht genau, wie groà die Wohnungen sind. Es kann zwar sein, dass dies hier eine kleine Einzimmerwohnung ist, eingeklemmt zwischen den groÃen Ãstermalmwohnungen, aber wahrscheinlicher ist, dass die Wohnungen vom Grundriss her ähnlich sind. Und dann ist es diese hier.«
Chavez gab einen StoÃseufzer von sich und las das in eleganter Formgebung auf dem Messingschild an der Tür ziselierte Logo: Fischer Security AB.
Er klingelte.
Nach einem Augenblick öffnete ihnen eine Frau um die fünfundzwanzig. Sie war groà und üppig, trug ein eng anliegendes weiÃes Kleid, und aus ihrer blonden hochgesteckten Haarmähne fielen einige widerspenstige Strähnen herab. Sie strich sie zur Seite und sah die Polizisten fragend an.
Was sich in der gepanzerten und hochgradig gesicherten Tür zeigte, war ganz einfach Jorge Chavezâ Idealfrau.
»Hrrhmmhrrrfff«, sagte Chavez, worauf Anderson, im Bewusstsein seiner Immunität gegen die Verlockungen der Weiblichkeit, sich an ihm vorbeidrängte, die Polizeimarkezeigte und brüsk sagte: »Wir sind von der Polizei. Können wir hereinkommen?«
»Natürlich«, sagte die Idealfrau mit einer kleinen idealen Geste.
Anderson ging an ihr vorbei, während Chavez etwas länger brauchte.
Sie blieben in einem Flur stehen, dessen einzige geöffnete Tür zu einer Küche führte, die auch als Kaffeeraum zu dienen schien. Dort waren zwei robuste, gut gekleidete Männer mit deutlich ausgebeulten Sakkos zu erkennen, die über die Machoaktivitäten des bevorstehenden Wochenendes diskutierten. Es hörte sich an wie in einer Eishockey-Umkleidekabine. Der Kontrast zu der Idealfrau vor ihren Augen war auffallend.
»Was ist dies für ein Unternehmen?«, fragte Chavez schlieÃlich mit einer Handbewegung in Richtung der bewaffneten Wachen im Kaffeeraum.
»Fischer Security ist ein Unternehmen in der Sicherheitsbranche«, sagte die Idealfrau. »Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit Alarmsystemen und Objektbewachung, in der Regel in den Stadtkernen der gröÃeren schwedischen Städte. Unsere Auftraggeber sind kleine bis mittlere Unternehmen.«
»Hmm«, sagte Chavez in Sherlock-Holmes-Manier. »Verstehe.«
»Und womit können wir Ihnen dienen?«, fragte das weltgewandte Ideal graziös.
»Wir würden uns gern eine Wand ansehen«, sagte Chavez und gewann seine Fassung zurück.
»Eine Wand?«
»Eine beschädigte Wand.«
Die Idealfrau bewahrte ihre kühle Anmut und sagte: »Einen Augenblick, ich sehe nach, ob Direktor Fischer frei ist.«
Sie verschwand wie in einer Fata Morgana hinter einer dergeschlossenen Türen. Und die kaffeetrinkenden Bodybuilder machten ebenfalls dicht.
In Träumen nur steigt der Olymp zu den Sterblichen hinab.
»Sicherheitsbranche«, flüsterte Chavez.
»Da sieht man mal«, flüsterte Anderson.
Ein durchtrainierter, durchgestylter Mann in den Fünfzigern tauchte auf, wo die ideale Weiblichkeit verschwunden war. »Mein Name ist Sven Fischer«, sagte er und streckte die Hand aus. »Warum interessiert sich die Polizei für unsere Wände?«
»Klagen der Nachbarn«, sagte Chavez und ergriff die Hand des
Weitere Kostenlose Bücher