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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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erreichte und die Schritte hörte. Es war nicht zuzuordnen, woher genau sie kamen, aber sie waren klar und deutlich zu vernehmen.
    Alex stoppte und drehte sich um. Die Schritte stoppten ebenfalls. Niemand war zu sehen. Kunststück, in der Dunkelheit zwischen den eng stehenden Fachwerkhäusern. Aber war da nicht ein Schatten, der aus einer Einfahrt auf die Straße fiel? Alex ging weiter. Kaum später setzten sich die Schritte ebenfalls fort. Sie griff ihre Umhängetasche fester. Spürte ihr pochendes Herz. Ein Geschmack auf der Zunge, als hätte sie eine Handvoll Centstücke in den Mund genommen.
    Verfolgte sie da jemand? Jemand, der auch wusste, wo sie wohnte? Oder war das nur ein Anflug von Paranoia?
    Wieder blieb sie stehen. Wieder stoppten die Schritte. Die Hauptstraße war nur noch gute zwanzig Meter entfernt. Dort flogen die Lichter von Autos vorbei, bündelte sich das Licht heller Straßenlaternen und verhieß Sicherheit. Von dort war es nur noch ein Katzensprung bis nach Hause.
    »Hallo?«, rief Alex über die Schulter in die Leere hinter sich. Ihre Hand griff wie ferngesteuert in die Tasche und tastete nach der Dienstwaffe – aber natürlich lag die Dienstwaffe da, wo sie hingehörte: im Waffenschrank der Polizeibehörde. Dafür stießen ihre Finger gegen etwas anderes. Sie schlossen sich wie ein Schraubstock um die Dose Pfefferspray.
    »Wer ist da?«
    Keine Antwort.
    Alex hielt die Luft an und drehte sich um. Wer auch immer hinter ihr war, setzte sich jetzt wieder in Bewegung. Absätze auf Kopfsteinpflaster. Gemächlich. Das Geräusch schien näher zu kommen.
    »Hallo?« Ihre Stimme hallte wie ein Echo.
    Ein lauter Knall ließ sie zusammenzucken. Sie zog das Pfefferspray hervor, legte den Kopf etwas zur Seite und lauschte in die Finsternis. Das Krachen war wohl nur ein Kanonenschlag gewesen. Von den zündelnden Jugendlichen mit ihrem Feuerwerk, dachte Alex. Bis auf das leise Hintergrundrauschen von der Straße war wieder alles still.
    Und jetzt hörte es sich auf einmal so an, als seien die Schritte weiter entfernt als eben noch. Sie wurden leiser. Wenige Augenblicke später waren sie nicht mehr zu vernehmen.
    Es hatte sie jemand verfolgt, dachte Alex. War stehen geblieben, als sie ebenfalls stehen geblieben war, war ihr nahe gekommen und dann vielleicht von dem Kracher verschreckt worden oder von ihrem Rufen, und …
    Sie schauderte. Zitterte, was nicht an der Kälte lag. Ärgerte sich über sich selbst, dass sie unbedingt zu Fuß nach Hause hatte gehen wollen, anstatt sich von Jan bringen zu lassen. In der Stadt war ein perverser Mörder unterwegs, der sich Alex als neue Brieffreundin ausgesucht hatte. Der wusste, wo sie wohnte. Sie womöglich sogar verfolgte, und zwar gerade eben. Alex keuchte. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein. Möglicherweise war bloß jemand wie sie auf dem Weg nach Hause gewesen. War an Schaufenstern stehen geblieben und dann weitermarschiert. Oder auch nicht. Was sie sich eindeutig nicht einbildete, war ihre Angst.
    Alex klemmte sich die kleine Dose mit dem Pfefferspray unter die Achsel, griff in die Handtasche und fasste nach etwas Eckigem. Nach ihrem Handy. Sie öffnete mit dem Daumen den Kontakte-Speicher, suchte Jans Nummer heraus und wählte sie an. Er musste sich noch ganz in der Nähe befinden. Nach zweimaligem Klingeln ging er ran.
    »Kannst du mich doch nach Hause fahren?«, fragte Alex und beobachtete die leere Gasse.
    »Ähm – na klar.«
    Etwas rauschte im Hintergrund aus dem Telefon. Alex zuckte zusammen, als die Kirchturmuhr am Marktplatz elf Uhr schlug. Leise hörte sie die Glocken etwas zeitversetzt auch im Handy.
    »Alex?« fragte Jan. »Alles klar?«
    »Sitzt du nicht im Auto?«, fragte sie. »Ich dachte …«
    »Ich habe gerade getankt und stehe an der Tankstelle am Innenstadtring. Wo bist du?«
    Alex überlegte einen Augenblick, bevor sie es ihm erklärte. »Gib mir fünf Minuten«, sagte Jan.
    Tatsächlich brauchte er kaum eine Sekunde länger als fünf Minuten. Fünf Minuten, in denen Alex sich keinen Zentimeter bewegt hatte und die ihr wie fünf Stunden vorgekommen waren. Als Alex in den Wagen stieg, war ihr, als werde eine Steinplatte von ihrer Brust genommen. »Danke«, sagte sie zu Jan, schenkte ihm ein Lächeln und erklärte ihm den Weg. Unterwegs redeten sie kaum, und er fragte nicht nach Gründen, was Alex gut gefiel. Als sie vor der Tür anhielten, fügte Alex ein weiteres »Danke« an.
    »Kein Problem«, sagte er.
    Alex fasste nach dem

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