Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
Rumoren im Unterbewusstsein.
Ich drehte mich von der rechten auf die linke Seite. Wieder auf die rechte.
Birdie verkroch sich in den äußersten Winkel des Betts.
Noch nie in meinem Leben hatte ich so dringend einen Drink gebraucht. Konnte ein einziger, winziger Cabernet schaden?
Du bist Alkoholikerin. Alkoholiker können keinen Alkohol mehr trinken.
Ich schüttelte das Kissen auf. Legte mich auf den Rücken.
Schließlich gab ich es auf, tastete nach der Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein und fand eine hirnrissige Sitcom.
Was übersah ich nur?
Anique Pomerleau verschwand 1990 aus Mascouche. Sie war fünfzehn. Sie ist noch am Leben und wohnt in Montreal.
Zwei der Pizzamädchen waren um die fünfzehn. Das Mädchen in Leder war älter.
Angie Robinson verschwand 1985. Sie war fast fünfzehn. Im Gegensatz zu Pomerleau tauchte sie nie wieder auf.
Die Schauspieler wurden zu Schattenpuppen. Die Dialoge und das Konservengelächter traten in den Hintergrund.
Angie Robinson hatte ein gebrochenes Handgelenk. Das Mädchen in Leder hatte ein gebrochenes Handgelenk. Aber das Alter der beiden passte nicht zusammen. Und die Größen ebenfalls nicht.
Was übersah ich nur?
Angie Robinson verschwand im nördlich-zentralen Kalifornien. Der Name des Ortes fiel mir nicht mehr ein. Conners? Corners? Cornero?
War das in Butte County?
Nein. Butte County war Chico.
Menard hatte fast ein Jahr in Chico verbracht. Aber welcher Menard? Der echte?
Angie Robinsons Vater gab die Vermisstenmeldung im Tehama County Sheriff’s Department auf.
Ich warf die Decke zurück, stand auf, fuhr meinen Computer hoch, loggte mich bei Yahoo! ein und suchte nach einer Karte des nördlich-zentralen Kalifornien.
Tehama County lag direkt nordwestlich von Butte. Ich fand Chico und fast direkt darüber das kleine Dorf Corning.
Ich holte mir die Region vergrößert heran. Orte und Landstraßen erschienen. Hamilton City. Willows. Orland.
Ich klickte auf einen Pfeil und scrollte nach Norden.
Red Bluff.
Der Gedanke in meinem Unterbewusstsein bewegte sich ein Stückchen nach vorne, wich wieder zurück.
Red Bluff.
Was?
Denk nach, Brennan. Denk nach.
Das winzigste Atom einer Idee glühte auf.
Wann war Red Bluff in den Nachrichten gewesen?
Vor zehn Jahren? Zwanzig?
Warum?
Denk nach!
Ich stand auf und schaltete den Fernseher aus. Ich warf die Fernbedienung beiseite und ging im Zimmer auf und ab, versuchte verzweifelt, in das Hinterland meines Unterbewusstseins vorzudringen.
Stille erfüllte die Wohnung. Nicht die tröstende, nach dem Motto, ich genieße mein Alleinsein. Eine lastende Stille Hin und her. Hin und her.
Red Bluff. Red Bluff.
Schließlich feuerte eine Synapse. Ich erstarrte.
O Gott! War es das?
Ich stürzte zum Computer.
Wer war dieses Opfer?
Mit Hilfe mehrerer Suchmaschinen, von denen die meisten mich auf nervtötenden Umleitungen durch das Labyrinth des Cyberspace führten, fand ich schließlich den Namen.
Dann Weitersuchen.
Archive der Red Bluff Daily News.
Archive des Chico Examiner.
Die vertrauten Geräusche der Nacht wichen zurück. Birdie schlief weiter.
Stunden später lehnte ich mich zurück, wie betäubt vor Entsetzen über das, was ich herausgefunden hatte.
Jetzt begriff ich, was los war.
30
Bis sieben Uhr am nächsten Morgen hielt ich es aus. Dann rief ich Ryan an. Er meldete sich sofort, klang zwar alert, aber müde.
»Habe ich dich aufgeweckt?«
»Musste sowieso aufstehen. Das Telefon hat geklingelt.«
»Der Witz ist alt, Ryan.«
»Du klingst ziemlich aufgeregt. Was ist los?«
Ich erläuterte ihm meine Theorie und berichtete ihm, was ich bei meiner Internet-Recherche herausgefunden hatte.
»Ach du Scheiße.«
»Wir müssen in dieses Haus, Ryan.«
»Die Pizzabuden-Sache ist nicht mein Fall.«
»Der Mord an Louise Parent schon. Dieser Menard-wer-auch-immer hat Parent wahrscheinlich umgebracht, um zu verhindern, dass sie mit mir redet.«
Ich hörte ein Streichholz, dann langsames Ausatmen.
»Ich will, dass auch Charbonneau und Claudel das erfahren. Bist du noch eine Weile zu Hause?«
»Ich warte.«
Ryan rief mich um neun zurück und sagte mir, dass sie sich alle um elf bei mir treffen wollten.
»Claudel war einverstanden?«
»Luc ist ein guter Polizist.«
»Mit dem Charisma des Night Stalker. Ich mache Kaffee.«
Da ich wusste, dass es schwierig sein würde, Claudel zu überzeugen, bewaffnete ich mich mit allen Informationen, die ich kriegen konnte.
Claudel kam als Erster, das
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