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Totenpfad

Totenpfad

Titel: Totenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths , Tanja Handels
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hat angefangen, in zehn Minuten beginnt Ruths Sprechstunde. Doch Erik, der bereits seit einer halben Stunde auf die Polizei schimpft, macht keine Anstalten zu gehen.
    «Was haben diese Briefe überhaupt mit der ganzen Sache zu tun? So ein Brief macht ihn doch noch lange nicht zum Mörder. Es gibt keinerlei Verbindung zu dem kleinen Mädchen. Nicht eine.»
    Ruth denkt an das Foto, das bei den Hendersons in der Küche hängt. Sie weiß inzwischen, dass durchaus eine Verbindung zwischen Cathbad und den Hendersons besteht. Aber muss er deswegen gleich ein Mörder sein? Es sind Fingerabdrücke von ihm auf den Briefen – aber heißt das auch, dass er sie geschrieben hat? Ruth denkt an die Briefe zurück. Cathbad kennt sich mit Mythologie und Archäologie aus, und er hat ein geradezu fanatisches Interesse am Salzmoor. Sie muss zugeben, dass er ein recht plausibler Kandidat wäre. Aber warum sollte er so etwas tun? Ist er wirklich dazu fähig, ein kleines Mädchen zu töten und die Polizei anschließend mit dunklen Hinweisen zu verspotten? Und was ist mit Lucy Downey? Hat er auch sie umgebracht?
    «Ich weiß es nicht», sagt sie. «Ich weiß doch auch nicht mehr als du.»
    Das entspricht nicht ganz den Tatsachen. Nachdem die SMS von Nelson gekommen war, hat Ruth ihn gleich angerufen. Sein Handy war ausgeschaltet, doch er meldete sich kurz darauf zurück. Peter war endlich fort, und Ruth hatte gerade einen neuerlichen Versuch gestartet, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
    Nelson klang aufgekratzt, fast euphorisch. «Es hat sich rausgestellt, dass wir seine Fingerabdrücke gespeichert hatten. Er wurde schon ein paarmal eingebuchtet, bei Demonstrationen und solchen Anlässen. Darum habe ich die Briefe nochmal auf Fingerabdrücke testen lassen. Vor einer Stunde haben wir dann die Entsprechung festgestellt. Und dazu noch die Verbindung zu Scarlet.»
    «Hat er denn gestanden?»
    «Nein.» Nelson lacht verächtlich auf. «Für ihn ist das natürlich alles ein abgekartetes Spiel, ein beschissener Polizeistaat und so weiter und so fort. Aber immerhin kann er nicht bestreiten, dass er die Hendersons kennt. Er ist nämlich der Vater der ältesten Tochter.»
    «Wie bitte?» Ruth starrt fassungslos auf den Hörer in ihrer Hand.
    «Ja. Er kannte Delilah Henderson schon, als sie noch zur Schule ging. Er hat damals in Manchester studiert, sie wohnte ganz in der Nähe. Sie hatten was miteinander, und das Ergebnis war Madeleine. Offenbar haben sie eine Zeitlang auch zusammengelebt, aber dann hat sie ihn für einen anderen Typen verlassen.»
    «Alan Henderson?»
    «Nein, jemand anders. Alan kam erst später. Aber sie hat Malone verlassen, und er behauptet, sie seither nicht mehr gesehen zu haben. Angeblich wusste er nicht mal, dass sie in der Nähe wohnt.»
    «Aber er muss sie doch im Fernsehen gesehen haben, als Scarlet verschwunden ist.»
    «Er hat keinen Fernseher. Gefährliche Strahlen, die die Atmosphäre vergiften. Er hat auch kein Handy wegen der Strahlung. Der Typ hat echt einen an der Waffel.»
    «Halten Sie ihn für verrückt?»
    «Ganz bestimmt nicht. Der ist verschlagen wie ein Nest Vipern.»
    «Wie lange können Sie ihn festhalten?»
    «Vierundzwanzig Stunden. Aber ich werde Verlängerung beantragen.»
    «Werden Sie die Presse einschalten?»
    «Nicht, wenn ich’s vermeiden kann.»
    Doch offenbar hatte jemand anders die örtliche Presse unterrichtet, denn noch am selben Abend hörte Ruth in den Neun-Uhr-Nachrichten im Radio, dass «ein Anwohner im Zusammenhang mit dem Verschwinden der vierjährigen Scarlet Henderson verhaftet worden» sei. Als sie daraufhin den Fernseher anmachte, blickte sie in Nelsons düsteres Gesicht. «Detective Chief Inspector Harry Nelson», erläuterte der Nachrichtensprecher aus dem Off, «der bisher keinerlei Fortschritt im Zusammenhang mit dem Verschwinden der kleinen Scarlet Henderson verzeichnen konnte, stand heute Abend nicht für einen Kommentar zur Verfügung.» Wie zum Beweis sah man Nelson an den wartenden Reportern vorbeirauschen und die Stufen zum Polizeirevier hinaufeilen. Ruth beobachtete das alles fasziniert und empfand dabei ganz gegen ihren Willen einen gewissen Stolz, weil sie wusste, wie es in dem Gebäude aussah, und sich Nelson in seinem ungemütlichen Büro vorstellen konnte, wo er Beweise sichtete, ungeduldig nach Kaffee verlangte und immer wieder Scarlet Hendersons lachendes Gesicht an der Wand betrachtete.
    «Dem Vernehmen nach handelt es sich bei dem Verdächtigenum den

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