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Totenpfad

Totenpfad

Titel: Totenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths , Tanja Handels
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Salzmoor ein ganzer Urzeitwald, deshalb findet man manchmal merkwürdig geformte Baumstümpfe und Holzstücke. Sie haben sogar schon Holz aus Nordamerika dort entdeckt. Außerdem hat Anderssen ihm von Ritualen erzählt. «Sie müssen sich das vorstellen wie bei einer Beerdigung», hat er gesagt. «Der tote Körper, das Holz des Sarges, der Grabstein auf dem Friedhof.» Und Nelson ist ein Schauer über den Rücken gelaufen, weil er dabei an Scarlets Sarg denken musste, diese kleine Holzkiste, in der sie ihre letzte Reise antrat.
    Als er von der Ausgrabungsstelle zurückkam, wartete sein Chef auf ihn. Superintendent Whitcliffe ist ein Karrierepolizist mit Universitätsabschluss und einer Vorliebe für Leinenanzüge und Slipper. Sobald er neben ihm steht, fühlt Nelson sich gleich noch verstaubter und schlampiger als sonst und kommt sich vor, als hätte er viel zu große Hände und Füße, wie früher in der Schule. Trotzdem ist er fest entschlossen, sich nicht von Whitcliffe tyrannisieren zu lassen. Er ist ein guter Polizist, das weiß er, und Whitcliffe weiß es auch. Er wird sich nicht als Sündenbock für diesen Fall hergeben.
    «Da sind Sie ja, Harry», sagte Whitcliffe und schaffte es, so zu klingen, als hätte Nelson ihn eigentlich schon erwartensollen, obwohl er unangekündigt gekommen ist. «Waren Sie unterwegs?»
    «Ich bin ein paar Hinweisen nachgegangen.» Nelson hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als noch ein «Sir» hinzugefügt.
    «Wir müssen uns unterhalten, Harry», fuhr Whitcliffe fort und nahm auf Nelsons Schreibtischstuhl Platz, um das Hierarchieverhältnis ganz klar zu machen. «Wir sollten eine weitere Presseerklärung herausgeben.»
    «Wir haben aber nichts zu sagen.»
    «Das ist ja der springende Punkt, Harry», erwiderte Whitcliffe seufzend. «Wir müssen etwas zu sagen haben. Die Journalisten haben es allesamt auf uns abgesehen. Erst verhaften Sie Malone, dann lassen Sie ihn wieder frei   …»
    «Nur auf Kaution.»
    «Auf Kaution, meinetwegen.» Whitcliffe klang gereizt. «Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Ihnen die nötigen Beweise fehlen, um ihn des Mordes anzuklagen. Und außer ihm haben Sie keine weiteren Verdächtigen. Bei all den Berichten über die Beisetzung der Kleinen müssen wir doch auch zeigen, dass wir etwas tun.»
    Die Beisetzung der Kleinen. Whitcliffe war da gewesen, ganz korrekt im dunklen Anzug, und hatte Scarlets Eltern ein paar wohlgesetzte, mitfühlende Worte gesagt. Doch für ihn war das nur ein Job, eine weitere Übung in Schadensbegrenzung. Er war nicht, wie Nelson, hinterher nach Hause gekommen und hatte sich die Seele aus dem Leib gekotzt.
    «Ich tue doch etwas», sagte Nelson. «Ich arbeite seit Monaten an nichts anderem. Wir haben das Salzmoor millimeterweise abgesucht   …»
    «Wie ich höre, haben Sie das Feld heute den Archäologen überlassen.»
    «Haben Sie schon mal gesehen, wie die arbeiten?», gabNelson zurück. «Die suchen tatsächlich jeden Millimeter Boden ab. Es ist alles genauestens geplant, nichts bleibt dem Zufall überlassen, nichts wird übersehen. Da kann unsere Spurensicherung nicht mithalten. Wenn es noch etwas zu finden gibt, dann finden die es.»
    Whitcliffe lächelte – ein amüsiertes, mitleidiges Lächeln, für das Nelson ihm am liebsten an die Gurgel gegangen wäre. «Sie sind ja plötzlich ein richtiger Archäologie-Fan, Harry.»
    «Das meiste davon ist natürlich Bullshit», brummte Nelson. «Aber die Leute wissen, was sie tun, das muss man ihnen lassen. Mir gefällt die Art, wie sie arbeiten. Das ist alles so durchorganisiert. Ich mag es, wenn Dinge durchorganisiert sind.»
    «Was ist mit dieser Ruth Galloway? Sie scheint ja inzwischen stark in den Fall involviert zu sein.»
    Nelson warf ihm einen misstrauischen Blick zu. «Doktor Galloway war uns eine große Hilfe.» «Sie hat die Leiche gefunden.»
    «Sie hatte eine Theorie. Und ich fand es sinnvoll, dieser Theorie nachzugehen.»
    «Hat sie vielleicht noch weitere Theorien?» Whitcliffe lächelte schon wieder.
    «Wir haben alle unsere Theorien», hatte Nelson erwidert und war aufgestanden. «Theorien sind nicht das Problem. Was uns fehlt, sind die Beweise.»
    Trotz allem weiß Nelson natürlich, dass er Whitcliffe nicht ewig hinhalten kann. Er wird eine Erklärung vor der Presse abgeben müssen, aber was zum Teufel soll er sagen? Malone war sein einziger Verdächtiger, und eine Zeitlang schien er sogar wirklich der Täter zu sein. Er passt genau zum

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