Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Fehlanzeige«, schüttelte Dr. Severin den Kopf. »Es fand sich keinerlei Sperma in der Vagina der Frau oder an irgendeiner anderen Stelle ihres Körpers. Ein Umstand, der mich, falls der Täter kein Kondom benutzt hat, auch eine Vergewaltigung ausschließen lässt. Und sollte Monika Jacobsen ihren Mörder tatsächlich gekratzt oder gebissen haben«, er nahm ein Foto von den Händen der Toten aus der Akte und reichte es den Kommissaren, »so hat er alle Spuren hinterher aufs Sorgsamste entfernt. Der Mörder scheint sehr überlegt vorgegangen zu sein. Ich glaube, er hat sich sogar die Zeit genommen, seinem Opfer nach der Tat die Fingernägel zu schneiden, denn meiner Meinung nach passen die Hände nicht ins Bild dieser ansonsten sehr gepflegten Frau.«
Anna betrachtete das Foto, auf dem Monika Jacobsens Fingernägel allesamt bis auf die Fingerkuppen hinab geschnitten und mit abgesplittertem Nagellack zu sehen waren.
»Trotzdem ist es möglich, Doktor«, sagte Anna. »Wenn wir hier fertig sind, werde ich dieser Frage sofort nachgehen.«
»Darüber hinaus lässt sich zweifelsfrei sagen, dass Frau Jacobsen nach ihrem Tod in keine andere Liegeposition mehr gebracht worden ist als in die, in der wir sie gefunden haben.« Dr. Severin zog ein paar weitere Fotos aus der Akte heraus, um das Gesagte zu veranschaulichen. »Hier, sehen Sie die schmetterlingsförmigen Totenflecken im Gesäßbereich? So etwas kommt nur zustande, wenn eine Leiche eine Zeit lang nackt auf einer glatten Ablagefläche gelegen hat.«
»Geht der Elbsand denn überhaupt als glatte Oberfläche durch?«, wollte Weber wissen.
»Soweit es um den Härtegrad geht, durchaus. Aber da die Leiche weder sonderlich versandet noch von Teerflecken verunreinigt war, glaube ich eher, dass der Täter den Mord auf einer Plastikunterlage oder etwas Ähnlichem ausgeführt hat.«
»Das heißt also, der Fundort der Leiche ist zugleich auch der Tatort?«
»Davon können wir ausgehen, Frau Greve.«
»Wenn Sie richtigliegen, muss der Täter die Plane oder was immer er verwendet hat nach dem Mord unter der Toten herausgezogen haben, was heißt, dass er sie noch einmal bewegt haben muss. Wie kann es sein, dass er dabei keinerlei Fußabdrücke im Sand rund um den Fundort hinterlassen hat?«
»Das herauszubekommen gehört glücklicherweise nicht zu meinen Aufgaben, Frau Greve«, gab Dr. Severin zurück.
»Sie haben Recht, Doktor, jeder von uns trägt seinen Teil zur Lösung des Falles bei. Und genau wie Sie bin ich froh, dass ich meine Arbeit dabei nicht mit der ihrigen tauschen muss. Machen Sie es gut, bis dann«, lächelte Anna und verließ das Institut daraufhin wieder zusammen mit Weber.
»Ich besorge nur noch kurz ein Vollkornbrot, ich habe es Rita versprochen. Bin gleich zurück«, sagte Weber mit einem Blick auf die noch geöffnete, auf der anderen Straßenseite liegende Bäckerei und ließ Anna vor dem Vectra stehen.
Die Kommissarin zündete sich eine Zigarette an und wählte die Handynummer von Malte Jacobsen, der sich gleich nach dem zweiten Klingeln mit Namen meldete.
»Guten Abend, Herr Jacobsen, ich hoffe, ich störe Sie nicht allzu sehr, aber ich habe noch eine Frage zur Sache«, begann Anna Greve. »Würden Sie sagen, dass Ihre Frau Monika Wert auf gepflegte Fingernägel gelegt hat?«
»Selbstverständlich, Moni ist sehr stolz auf ihre langen Nägel gewesen, die nicht künstlich, sondern natürlich gewachsen waren. Warum fragen Sie danach?«
»Weil ihre Nägel jetzt bis zu den Fingerkuppen hinunter gekürzt sind.«
»Nein, es ist undenkbar, dass meine Frau so überhaupt aus dem Haus gegangen wäre.«
»Gut, das war es schon für heute, Herr Jacobsen, wir melden uns dann wieder bei Ihnen.«
Nachdem Anna aufgelegt hatte, zog sie noch einmal das Foto von Monika Jacobsen aus ihrer Tasche und stellte sich unter eine Straßenlaterne, um es ein weiteres Mal zu betrachten. Die gepflegten und rosa lackierten
Fingernägel der Toten waren gut darauf zu erkennen. Trotzdem rief Anna sofort noch einmal bei Sabine Hofrath an, die Malte Jacobsens Aussage bestätigte.
»Moni war immer von Kopf bis Fuß tipptopp gepflegt. Sie wäre nie mit abgesplitterten Fingernägeln herumgelaufen. Erst recht nicht bei ihrem ersten Treffen mit einem Mann, der für sie als potenzieller Liebhaber in Frage kam.«
Anna bedankte sich, steckte anschließend ihr Handy und das Foto wieder ein und schlug ihre Handflächen gegeneinander, während sie nach Weber Ausschau hielt.
»Bei der
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