Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
hinterlassen«, fuhr Anna Greve fort. »Die Kollegen haben zwar ein dunkelbraunes Haar an Monika Jacobsens Mantelkragen sichergestellt, doch die Notiz, die Werner Freiwald dazu gemacht hat, lässt vermuten, dass es sich hierbei um ein Kinderhaar handelt. Deshalb werden wir uns schnellstmöglich Haarproben von den Jacobsenkindern und zur Sicherheit auch eine von ihrem Vater besorgen, nach der Vergleichsprobe wissen wir dann mehr.«
»Wann wird Herr Jacobsen denn zurückerwartet?«
»Irgendwann in den frühen Abendstunden, wir werden sofort informiert, wenn er wieder in Hamburg ist. Ein wenig ärgere ich mich schon über seine Abwesenheit, schließlich haben wir ihn gebeten, sich zu unserer Verfügung zu halten.«
»Gut, Frau Greve, vielleicht sollten Sie bei Ihrer nächsten Begegnung mit Malte Jacobsen etwas deutlicher werden. Denn wir bitten niemanden um irgendetwas, sondern wir ordnen an. Haben Sie inzwischen etwas von den Kollegen des Kommissariats im Blomkamp gehört? Wie sieht es mit deren Befragungen der Nachbarschaft und des weiteren persönlichen Umfelds von Monika Jacobsen aus?«
»Bislang gibt es noch nichts, wo wir einhaken können, Chef.«
»Dann beschäftigen Sie sich derweil mit Monika Jacobsens Biografie, Frau Greve. Anscheinend ist sie vor ihrer Ehe recht erfolgreich als Steuerberaterin tätig gewesen, und möglicherweise gehört der Täter ja auch ihrem beruflichen Umfeld an.«
»Ich werde einstweilen das Archiv nach Fällen durchforsten, die eine Ähnlichkeit zum Mordfall Jacobsen aufweisen. Wollen wir hoffen, dass Sie heute noch an die Haarproben der Jacobsenfamilie kommen«, nickte Sibelius Anna und Weber zu. »Anschließend beginnen Sie beide mit der Befragung des Personals in den in Frage kommenden Lokalen in Blankenese. Wir brauchen unbedingt einen ersten Ansatzpunkt, also an die Arbeit, Kollegen.«
Irgendwann hatte Amanda die Lust verloren, um ihre Ehe mit Max zu kämpfen. Und auch die Lust, sich schön zu machen. Warum auch, wenn es niemandem auffiel. Wenn sich Amanda im Spiegel betrachtete, konnte sie mittlerweile nicht mehr wohlwollend über ihre Falten hinwegsehen, sondern begegnete einer Frau mittleren Alters mit einem verbitterten Ausdruck im Gesicht. Inzwischen
hatten sich tiefe Linien um ihre Mundwinkel herum gegraben, die auch ein Lächeln nicht mehr fortzuzaubern vermochte. Was Amanda jetzt dringend brauchte, war eine Abwechslung. Etwas, das sie endlich wieder einmal richtig zum Lachen brachte. Sie brauchte Cornelius! Sie konnte es kaum mehr erwarten, mit ihm zu telefonieren. Wie seine Stimme wohl klingen würde?
Am Vormittag hatte Amanda viele Besorgungen für das bevorstehende Wochenende erledigt, so dass es schon nahezu Mittag war, als sie wieder nach Hause kam und im Flur den Anrufbeantworter blinken sah. Sie setzte sich auf den Hocker vor dem Telefontischchen und drückte auf die Wiedergabetaste.
Ich möchte dir die Augen verbinden, vielleicht auch deine Arme über dem Kopf fixieren, damit du nicht so herumzappelst. Dann will ich dich nur anschauen und mit dir sprechen, um herauszubekommen, welches Spiel dir Freude machen könnte. Vielleicht wird es das mit der Feder sein. Ich nehme eine große, weiche Pfauenfeder in meine Hand. Kannst du sie an den Innenseiten deiner Schenkel spüren? Wie gefällt dir das?
Amanda spürte, wie ihr schwindelig wurde. Sie legte sich rücklings auf den Boden, legte ihre Beine auf den Hocker des Telefontischchens und atmete tief ein. Als sie sich wieder besser fühlte, ging sie langsam in die Küche, um kaltes Wasser über ihre Pulsadern laufen zu lassen. Dann wurde sie wütend.
»Der ist wohl verrückt geworden! Mein Gott, wenn Klara oder Max das abgehört hätten!«, schrie sie laut.
Überhaupt konnte ihre Tochter jeden Moment aus der Schule zurückkommen. Amanda trocknete sich die Arme ab und rannte dann ins Schlafzimmer hinauf, wo sie den altersschwachen Kassettenrekorder aus dem Schrank holte. Wieder unten im Flur, stellte sie das Gerät so ein, dass es Cornelius’ Nachricht auf Kassette aufnahm. Anschließend löschte sie sofort das Band des Anrufbeantworters. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, die Kassette aus dem Abspielgerät herauszunehmen und in ihre Hosentasche zu stecken, als ihre Tochter auch schon die Haustür aufschloss.
»Hi, Mum, was ist denn los? Du siehst ja richtig scheiße aus.«
»Bin eben ausgerutscht, aber es geht schon wieder. Du kannst gleich den Tisch decken, ich habe uns Brathähnchen
Weitere Kostenlose Bücher