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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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nicht mehr aus den Zwanziger- oder Dreißigerjahren. Selbst ein großer, weißer Herd und ein rundlicher Kühlschrank aus den Vierzigern wären mir noch recht gewesen, doch hier war alles kastenförmig und nichts sagend und schien in den späten Sechzigerjahren angeschafft worden zu sein. Ein avocadogrüner Elektroherd. Ein goldgelber Kühlschrank. Ein schmiedeeiserner Tisch mit Glasplatte. Jede Menge weißer Fliesen, hier und da unterbrochen von einer Reihe in Avocadogrün.
    »Max?«, rief ich. Ich hörte meine Stimme in dieser nicht ganz wie ein Echo klingenden Weise hallen, so wie Schall durch die Leere eines großen Hauses schwingt.
    Der Wind pfiff durch die kleinen Risse und Spalten, die nur der Wind an einem Haus findet. Sonst bekam ich keine Antwort.
    Ich ging hinüber zu einer der Küchentüren und machte sie auf. Eine leere Speisekammer. Eine zweite Tür führte zu einer Waschküche. Eine goldgelbe Waschmaschine nebst goldgelbem Trockner. Ich war froh, dass Max genug Geld hatte, um alles neu zu kaufen.
    Ich durchquerte die Küche und stieß eine Schwingtür auf, die zum Essbereich führte. Hier lag ein von der Sonne ausgebleichter orangefarbener Teppich mit Druckstellen, die anzeigten,
dass früher ein schwerer Tisch den größten Teil des Raums eingenommen hatte. Da hatte Max ja noch alle Hände voll zu tun.
    »Max?«, rief ich erneut, diesmal etwas lauter.
    Ich ging durchs Esszimmer, gelangte in einen weiten, offenen Raum und verliebte mich.
    Parkettböden, Nischen und Bogen, eingebaute Schränke und Bücherregale, ein riesiger steinerner Kamin und ein alter Kronleuchter: Der Raum war großzügig und hell, hatte eine hohe Decke und breite, doppelt verglaste Fenster, die auf den Park vor der Steilküste und den dahinter liegenden Pazifik hinausgingen.
    Das Zimmer war schön, die Aussicht spektakulär, doch nach diesem ersten Moment der Bewunderung begann ich, mich unbehaglich zu fühlen. Vielleicht kam es von der Stille. Kein Verkehrsgeräusch von der Shoreline Avenue drang durch die Fenster. Auch kein Geräusch vom Meer. Die geöffneten Fenster befanden sich offenbar allesamt an der Rückseite des Hauses. Sinnvoll war das nicht, denn die frischeste Luft käme ja wohl vom Meer her. Warum hatte Max denn nicht ein paar Fenster an dieser Seite des Hauses aufgemacht?
    Und warum war Max eigentlich nicht nach unten gekommen? Da an der Rückseite des Hauses so viele Fenster offen standen, musste er meinen Karmann Ghia ja wohl die Gasse entlangkommen gehört haben - mein Vater spöttelte immer, dass er sich anhörte, als wäre eine Panzerdivision im Anrollen.
    Als ob du so was Besonderes wärst, schalt ich mich selbst, dass Max auf dein Auto horchen würde.
    Ein kurzer Flur führte zu anderen Räumen im Erdgeschoss, doch mein Blick wurde von einer Treppe mit einem verzierten Geländer angezogen, das aus Mahagoni zu sein schien und mit Einlegearbeiten aus Messing und Perlmutt versehen war. Ich blieb am Fuß der Treppe stehen und rief hinauf. »Max? Bist du da?«

    Über mir vernahm ich ein leises Knarren.
    Also oben.
    Am oberen Ende der Treppe befand sich das kürzere Ende eines L-förmigen Flurs. Als ich um die Ecke bog und in den längeren Teil trat, stand ich auf einmal beinahe im Finstern. Ein klein wenig Licht drang durch eine einen Spaltbreit offen stehende Tür am Ende des Flurs. Dort also. Neun oder zehn weitere Türen, allesamt aus dunklem Holz, flankierten den Rest des Flurs.
    Ich machte die Taschenlampe an.
    Erneut hörte ich ein Knarren. Es schien aus dem offenen Raum am anderen Ende zu kommen.
    »Max!«
    Diesmal brüllte ich seinen Namen in voller Lautstärke. Es war ein gutes Gefühl zu brüllen, da der Rest meines Körpers nicht willens schien, sich zu bewegen. Stephen Gerards Behauptung, dass mich jemand beschattete, setzte mir zu. Obwohl ich mir sagte, dass das hier nichts als ein leeres Haus war, veranlasste mich meine Fantasie zu glauben, dass hinter jeder geschlossenen Tür jemand oder etwas lauerte.
    Ich hatte gerade zu gehen beschlossen, als ich ein leises Stöhnen hörte.
    Einen Moment lang stand ich wie erstarrt da, ehe ich den Flur hinabeilte. Was, wenn Max verletzt war?
    Ich hielt mich in der Mitte des Flurs und warf im Vorbeigehen nervöse Blicke auf die geschlossenen Türen, wobei ich jeden Moment damit rechnete, dass jemand dahinter hervorsprang und mich packte. Schließlich kam ich zu der offenen Tür und warf einen Blick hinein.
    Ich stieß einen leisen Schrei aus.
    Max lag seitlich

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