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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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gerade. Ich sage ihm schnell, dass du da bist.«
    »Nicht nötig - ich wollte sowieso mit dir reden. Ich dachte nur … ach, ich frage ihn dann später.«
    Er folgte mir in die Küche, setzte sich und ließ sich eine Tasse Kaffee einschenken. Dann sah er mir zu, wie ich zwei Scheiben Toast in den Toaster steckte.
    »Also, was ist los?«, fragte ich.
    »Hat Barbara dir erzählt, dass wir umziehen?«
    »Ja. In ein Haus nicht weit von hier, stimmt’s?«
    »Genau. Wir haben uns vorgenommen, diesmal ganz neu anzufangen.«
    »Die Gegend gefällt euch bestimmt«, sagte ich, ohne das mit dem Neuanfang zu kommentieren. Ich bemühte mich, ihm einige der schrecklichen Gemeinheiten zu verzeihen, die er Barbara an den Kopf geworfen hatte, als er seine Midlife-Crisis hatte. Dass er sie betrogen hatte. Vermutlich sollte ich es einfach vergessen, wie sie es offenbar getan hatte.
    Zwischen »verzeihen sollen« und »verziehen haben« liegt eine Distanz, die manchmal schwer zu überbrücken ist.
    »Also«, sagte er und verstummte wieder.
    Ich wartete. Schließlich setzte er erneut an. »Ich habe noch
einige alte Sachen von meinem Dad. Vielleicht möchtest du das Zeug ja haben.«
    »Sachen von deinem Dad? Kenny, ich habe doch gesehen, was von seinem Haus übrig geblieben ist, als er … als er ums Leben kam. Es ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Ihr habt alles verloren … oder?«
    »Ja, alles.« Er verstummte erneut. Der Toast war fertig, und ich legte die Scheiben auf einen Teller. Vielleicht würde Frank sie essen. Mir war der Appetit vergangen.
    Deke, einer unserer großen Hunde, schmiegte sich an Kennys Seite. »Also«, fuhr Kenny fort und bückte sich, um Deke zu streicheln, »du erinnerst dich vielleicht nicht daran, aber nachdem Barbara und ich uns getrennt hatten, bin ich wieder zu meinem Dad gezogen. Er hatte einen Haufen alter Papiere und anderes Zeug in mein Zimmer gestellt, und als ich wieder dort eingezogen bin, hat er alles in Kisten verpackt und in ein Lagerabteil bei so einer Firma gebracht.« Er klappte seine Brieftasche auf, zog eine Visitenkarte heraus und gab sie mir.
    »U-Keep-It Self-Storage«, las ich. Ich drehte die Karte um. In einer Handschrift, die ich immer und überall erkannt hätte, hatte O’Connor »Nr. 18 B« daraufgeschrieben.
    »Vielleicht ist es ja nur Krempel«, sagte Kenny rasch.
    »Hast du denn noch nicht in die Kisten geschaut?«
    Er schwieg, fing wieder an, Deke zu streicheln und antwortete dann leise: »Ich kann nicht.«
    »Das verstehe ich«, sagte ich nach einer Weile.
    Er nickte, ohne mich anzusehen. Dunk, unser anderer Hund, bemerkte, was er sich entgehen ließ, und drängte sich auf der anderen Seite gegen Kenny.
    »Wenn sie lästig werden, bringe ich sie raus«, bot ich an.
    »Nein. Nein - ich mag Hunde. Vielleicht haben wir in unserem neuen Haus ja Platz für welche.«
    »Und du hast die ganze Zeit die Miete für dieses Lagerabteil bezahlt?«

    Er nickte erneut. Dann zog er seine Schlüssel heraus und machte einen ab. »Fast hätte ich’s vergessen. Den brauchst du für das Vorhängeschloss. Der Code für die Außentür ist viersechs-vier-fünf.«
    Ich runzelte die Stirn. »Und jeder, der dort ein Abteil gemietet hat, weiß diesen Code?«
    »Nein, den hat sich Dad selbst ausgedacht. Jeder Benutzer hat seinen eigenen. Und das ganze Gebäude ist videoüberwacht. Aber du kannst den Code ändern, wenn du willst - geh einfach bei dem Mann am Eingang vorbei, dann gibt er deinen neuen in den Computer ein. Ich glaube, er war ein Freund von Dad.«
    »Er hat überall Freunde gefunden.«
    Kenny lächelte. »Stimmt.«
    »Bist du sicher, dass du mir alles überlassen willst, was dort gelagert ist? Vielleicht sind ja Sachen dabei, die du haben willst.«
    »Wenn es nur Papiere und so was sind, dann will ich es wirklich nicht. Und sonst - du kannst mir ja Bescheid sagen, wenn etwas dabei ist, von dem du glaubst, dass ich es haben will. Ich vertraue dir.«
    Diese Äußerung machte mich sprachlos.
    Da kam Frank herein, und Kenny wurde sichtlich lockerer. »Hey, Frank - wie geht’s?« Sie schüttelten sich die Hand und begannen fast sofort, über den Sport vom Wochenende zu reden.
    Frank sah voller Belustigung in seinen graugrünen Augen zu mir herüber und griff nach dem kalten Toast.
    »Ich wärme dir den Toast auf«, sagte ich in einem Anfall von Häuslichkeit, der Frank veranlasste, die Augenbrauen hochzuziehen, während er mein Angebot dankend annahm. Ich steckte die Brotscheiben wieder

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