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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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Chestnut?«
    »Ja - ach, das hast du aus dem Telefonbuch. Wohnung Nummer acht.« Er hielt inne. »Du glaubst, jemand anders könnte sich meine Adresse auf demselben Weg besorgen.«
    »Genau. Wenn jemand bei dir einzudringen versucht, ruf die Polizei. Unverzüglich.« Ich legte auf und fragte Hailey: »Hat Yeager gewusst, dass du daneben gestanden hast, als er mit Ethan telefoniert hat?«
    Sie schüttelte den Kopf. Inzwischen war sie ein bisschen blass geworden. So langsam begriff sie wohl den größeren Zusammenhang.
    »Versprich mir, dass du nie im Leben etwas so Bescheuertes tust, wie dich unter vier Augen mit Mitch Yeager zu treffen.«
    Sie versprach es mir. Und sie versprach mir, auf der Fahrt zurück zur Zeitung vorsichtig zu sein.
    »Lass dich von einem Wachmann zu deinem Auto begleiten, wenn du gehst«, sagte ich.

    Ich versuchte, Frank zu erreichen. Sein Handy war nicht eingeschaltet, und er war auch noch nicht wieder in seinem Büro. Ich hinterließ ihm auf beiden Voice-Mails eine Nachricht, in der ich ihm mitteilte, dass ich etwas mit Ethan besprechen müsse und erst spät nach Hause kommen würde, er mich aber notfalls auf meinem Handy erreichen könne. Außerdem nannte ich ihm Ethans Privatnummer. »Es ist eine lange Geschichte, aber es täte ihm vielleicht ganz gut, wenn er ein paar Tage bei uns wohnen würde«, erklärte ich. »Wärst du damit einverstanden? Sag mir Bescheid.«
     
    Ethan wohnte in einem alten Mietshaus in einem eher rauen Stadtviertel. Ich fand eine Straßenlampe und parkte darunter. Als ich den Jeep abschloss und die Alarmanlage einschaltete, flehte ich innerlich darum, dass ich nicht bei LoJack anrufen musste, um nachher herauszufinden, wo er geblieben war.
    Das Gebäude war lang und zwei Stockwerke hoch, ein Bau im spanischen Stil mit Flachdach, der schätzungsweise in den Dreißigerjahren erbaut worden war. Die Briefkästen am Eingang ließen darauf schließen, dass sich darin sechzehn Wohnungen befanden.
    Obwohl es auf neun Uhr an einem Werktag zuging, hörte ich Stimmen, Musik und Gelächter aus dem Haus dringen. Ein Party-Palast. Die Geräusche waren von der Art, wie man sie an Freitagabenden auf dem Flur eines Studentenwohnheims vernimmt - einem beengten Raum, bewohnt von Einzelpersonen, die in brüllender Lautstärke ein Dutzend verschiedene Fernsehsendungen anschauen und sich ebenso viele verschiedene Arten von Musik anhören, wobei jeder versucht, mit seinem eigenen Sound den der anderen zu übertönen. Offenbar hielt keiner der Mieter etwas von Kopfhörern. Die gläserne Eingangstür hatte einen dunklen Holzrahmen und hätte mit Leichtigkeit von jedem eingeschlagen werden können, der sich Zutritt verschaffen wollte, aber ich nahm den einfachen
Weg und drückte die Klingel über Ethans Briefkasten. Dann zog ich sein Namensschild ab, womit seine Klingel zu einer von fünf unbeschrifteten wurde. Durch die Sprechanlage kam kein Ton, doch die Tür begann zu summen und zu vibrieren, und so drückte ich sie auf.
    Auf meine Sinne stürmten sowohl eine lautere Version der Geräusche ein, die ich schon draußen vernommen hatte, als auch der penetrante Gestank von Urin und getrocknetem Erbrochenen im Eingangsbereich. Ich sauste wieder hinaus, wobei ich im letzten Moment daran dachte, nicht die Tür hinter mir ins Schloss fallen zu lassen. Ich holte tief Luft, ging wieder hinein, hielt den ganzen Weg die Treppe hinauf die Luft an und atmete erst aus, als ich oben angelangt war. Die Treppe endete an einem kurzen Flur an der Vorderseite des Hauses. Dort sah ich aus dem Fenster und stellte fest, dass der Jeep noch an Ort und Stelle stand.
    Wohnung acht lag auf der linken Seite und im hinteren Teil des Hauses. Die Luft war in diesem matt erleuchteten Flur besser, wenn auch nicht viel. Während ich an den Türen vorbeiging, wurde die Musik des betreffenden Mieters lauter und deutlicher. Zwei Schritte weiter versank sie wieder in einem Klangbrei.
    Kein Wunder, dass Ethan nicht gut schlief.
    Ich klopfte an seiner Tür, sah den Spion darin dunkel werden und hörte das Schloss klicken. Dann ging die Tür auf.
    »Hi«, sagte er und winkte mich herein.
    Er trug immer noch seine Berufskleidung, einen Anzug, der ihm um den Leib schlotterte. Sein dunkelblondes Haar war etwas zerzaust, aber im Grunde sah er so besser aus als mit dem Kurzhaarschnitt, den er getragen hatte, bevor er auf Entzug gegangen war.
    Der Raum, in dem wir uns befanden, war aufgeräumt und spärlich möbliert. Es gab einen

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