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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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schenkte sich nach. »Haben Sie ihn in diesem stinkenden kleinen Loch eingesperrt, während das Gebäude darüber in sich zusammenfiel?«
    »Es schien zu diesem Zeitpunkt der sicherste Ort zu sein. Und das ist er immer noch. So weit ich weiß, setzt Michael Daudet alles daran, Nathan entweder ins Gefängnis oder unter die Erde zu bringen, ihm wäre beides recht. Aber ich glaube, sein Tod wäre ihm weitaus lieber.«
    Mullavey starrte einen Moment lang die Decke an und umfing den Rand seines Glases mit den Lippen. »Nun, wissen Sie, ich wüsste nicht, wie mich das betrifft. In irgendeiner bindenden, legalen Weise, verstehen Sie? Zumindest hat mir mein Anwalt das so dargelegt.« Er schwenkte sein Glas und nahm einen weiteren Schluck. »Braucht er Geld? Bargeld, meine ich?«
    Aal hätte fast verneinend geantwortet, dann überlegte er es sich anders; er versuchte, Mullavey nicht direkt ins Gesicht zu lachen. Das wäre ein guter Schachzug. »Er kommt im Moment nicht an seine Reserven, wissen Sie, da er nirgendwo hinkann.«
    Nickend: »Verstehe, verstehe. Glauben Sie, zwanzigtausend würden reichen?«
    »Oder fünfundzwanzigtausend?«
    »Vielleicht wäre es am besten, wenn er verschwindet und sich lange Zeit nicht mehr blicken lässt.« Mullavey kam hinter seinem Schreibtisch hervor und ging an der Wand mit den vielen Porträts vorbei; sein eigenes hing am Ende, vier weitere davor, darunter das seines Vaters. Der Verlauf der Zeit war deutlich an den verschiedenen Modestilen und Frisuren erkennbar, eine kleiderhafte Archäologie, hier ein Backenbart und Koteletten, dann wieder ein Spitzbart.
    »Denn letzte Nacht«, fuhr er fort, »wurde Nathan auf drei Arten getroffen: hart, schnell und dauerhaft.«
    Mullavey zog am Haken eines Portraits und schwang es dann zur Seite; dahinter kam ein Wandsafe zutage. Er gab die Kombination ein, öffnete die dicke Stahltür und griff hinein, um dicke Geldbündel herauszuholen.
    »Ach verdammt«, sagte er, »nehmen Sie gleich dreißig mit.« Dann warf er die Bündel auf den Schreibtisch, wo sie angenehm schwer aufprallten. Aal steckte sie sich in verschiedene Taschen und beobachtete Mullavey, der den Safe wieder schloss und einige Schritte zurückging, um die Patriarchengalerie zu bewundern.
    »Wissen Sie«, begann er und wirkte fast spitzbübisch, das Geständnis eines Jungen, den man nicht mehr für seine Tat tadeln konnte, »der einzige Vorvater, von dem ich wusste, wie er aussah, war mein Vater.« Und dann lachte er. »Diese verdammten Bilder, sie hingen in der Stadt in meinem Büro, und keiner dieser Narren wusste es besser. Sie denken alle, es sei meine Familie.« Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch, seine Festung, und goss sich noch mehr Brandy ein. »Manchmal sehen die Dinge … sehr viel wichtiger aus, als sie eigentlich sind.«
    Gut gemacht, dachte Aal. Du Schweinehund hast sogar mich damit reingelegt.
    »Wer sind sie?«, fragte er.
    Mullavey zuckte mit den Achseln. »Was weiß ich. Ich sah die Bilder in einem Buch und heuerte einen Jungen an, um sie zu malen.« Er kicherte. »Ich habe mir für jeden von ihnen Geschichten ausgedacht. Großer Gott, was die Leute so alles glauben. Das überzeugt einen davon, dass P.T. Barnum recht hatte …«
    »Wie dem auch sei. Zurück zu meinem Bruder.« Mullavey schenkte sich erneut nach, dachte dann aber darüber nach, schwankte kurz auf seinem Stuhl und schob dann das Glas beiseite. »Er hatte das Sagen über die verschiedenen Gruppierungen in dieser Stadt, weil er den Anschein machte. Heute Morgen sieht es ganz und gar nicht mehr danach aus. Also sagen Sie mir eins: Was hat er vor? Nathan plant doch nicht, so spät noch ins Spiel einzusteigen und von seiner Seite aus Krieg zu führen, oder?«
    »Er weiß noch nicht, wie schlimm es aussieht.«
    »Nun, dann erwartet ihn ein ziemlicher Schock, würde ich sagen.« Mullavey lächelte, als stünde er über allem. »Ich hoffe sehr, dass er sich entscheidet, seine Verluste möglichst gering zu halten, und verschwindet. Er hatte eine gute Zeit, solange sie andauerte, das muss ich ihm lassen.« Dann zog er scharf die Luft ein und hob einen Finger in die Luft. »Nicht dass ich mir um meine Person Sorgen mache, verstehen Sie das nicht falsch. Ich habe keine Angst, dass Daudet hier oder in der Stadt auf mich losgeht. Das wäre nicht richtig. Ich bin ein beliebter Mann, das würde viel zu viele Schwierigkeiten nach sich ziehen. Denn ich bin nicht derjenige, der ständig wegen irgendwelcher

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