Totenstadt
einfach nicht, sie abzuschütteln. Ajax ließ ein durchdringendes Jaulen ertönen, und der Stuhl zappelte auf dem Boden herum. Es war eine einzigartige Paarung, auf die Justin da gütig hinabblickte.
Er hörte von hinten, wie sich Schritte näherten, und riss die Katze wenige Augenblicke, bevor April in der Küche erschien, von Todds Gesicht. Er stand da wie ein Bild der Unschuld und hielt die erhitzte Katze in den Armen.
»Was, zum Teufel, geht hier vor sich?«
»Nichts«, erwiderte er, aber April ließ sich nicht so leicht hinters Licht führen und hatte sich rasch ein Bild der Lage gemacht.
»Das hast du nicht getan.« Ihre Augen waren geweitet, und ihre Stimme klang ehrlich erschrocken.
»Nuuun …« Er stieß den Gefangenen mit dem Fuß an. »Wie war’s, Todd? Bist du bereit für die nächste Runde?«
Wenn Blicke töten könnten …
»Gib mir meine Katze! Das ist ja krank!« April stürzte auf ihn zu wie eine Wächterin der felinen Reinheit. Justin hielt sie mit einer Hand zurück, gib mir noch eine Minute.
Er kniete sich erneut hin und zog Todds Knebel zur Seite, damit dieser etwas sagen konnte. »Hat es dir auch gefallen?« Zum Teufel noch mal, wenn er ihm nicht wehtun konnte, dann war die Erniedrigung doch die nächstbeste Wahl.
Todd war kurz davor zu weinen, sein Gesicht verzog sich angeekelt, es war ein Flickwerk aus rot, kastanienbraun und anderen Fleischfarben. Es sah ganz so aus, als stünde ein Durchbruch kurz bevor.
»Wenn du das die ganze Nacht machen willst, dann soll es mir recht sein.« Justin machte sich bereit, mit einer Hand den Knebel wieder anzubringen, während er mit der anderen langsam die Katze herabließ. Er ließ ihre Beine vor Todds Gesicht baumeln, und endlich schrie dieser, dass er aufhören solle.
April machte erneut ein angewidertes Geräusch, riss ihm Ajax aus der Hand und ging mit ihr ein Stück weit weg. Aber sie blieb noch in Hörweite, um mitzubekommen, was Todd zu sagen hatte, das entging ihm nicht.
Todd weinte fast, versuchte sich aufzusetzen und spuckte einen kleinen Haarballen aus. »Heute am frühen Nachmittag hat mich Mr Mullavey angerufen. Er sagte, dass ich für ihn eine Diskette finden müsse, die sich in Leonards Büro befinden sollte. Er sagte, er … er wollte, dass ich Stillschweigen deswegen bewahre, und das versprach ich ihm.«
Dieser Kerl war so ein Schoßhündchen. »Und das kam dir nicht im Geringsten komisch vor? Du hast doch gar nichts mehr mit diesem Auftrag zu tun.«
»Er sagte, er habe den Verdacht, dass jemand ihre Marktinformationen weitergeben würde. Dass er es bis zu einem Mitarbeiter der Agentur zurückverfolgt habe.« Todd schniefte und kräuselte die Nase. Er drehte sich, um sie an seiner Schulter abzuwischen. »Er sagte, dass sie denken … dass sie denken, dass du es bist.«
Justin wurde kurze Zeit schwummerig, langsam stand er auf, um sich einen Stuhl zu holen. Teile und siege, Mullavey war nicht dumm. Er blickte zu April hinüber und bemerkte, dass sie einige Schritte näher gekommen war.
»Und was ist mit der Diskette?«
»Er gab mir eine Liste der Dateinamen, die darauf gespeichert sein sollen, damit ich die richtige finde. Er wollte sie zurück, er wollte dafür eine andere mit gefälschten Informationen schicken, damit sie den Datenfluss zurückverfolgen könnten.«
Das ergab alles Sinn. Todd war wie immer bestrebt, zu gefallen, und er wollte Mullaveys Gunst zurückgewinnen, daher hätte er auch nie daran gedacht, in die tieferen Ordnerebenen auf der Diskette vorzudringen. Justin stützte seine Ellenbogen auf den Tisch und ließ den Kopf in die Handflächen sinken. Er musste Todd einfach glauben, in seiner Stimme war eine zu große Verzweiflung, zu viel gekränkte Ehre zu spüren; er war über den Punkt der Vortäuschung weit hinaus.
»Du bist ein gottverdammter Botenjunge, Todd, mehr bist du nicht für ihn. Er hat dich benutzt. Du denkst doch nicht, dass er ein gutes Gedächtnis hat? Er braucht jemanden, den er anlügen kann, jemanden, der angelogen werden will, und ich wette, dass er sich an jeden Moment des Meetings erinnert, als er dich geschasst hat.« Er schüttelte den Kopf. »Du hast ja keine Ahnung, was auf der Diskette ist. Die Daten darauf würden den Wichser ins Gefängnis bringen. Und wir werden ihm das heimzahlen.«
Die Augenblicke vergingen, ohne dass irgendetwas zu hören war. Todds Gesicht war gerötet und sah gehetzt aus, und er wandte sich ab, um an die Wand zu starren. Er biss sich hart auf die
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